Die Rache. Thriller.
alles tun, was sie verlangt.
Einen Augenblick lang war er zufrieden. Er hatte die Lage scharfsinnig analysiert. Ich kenne Olivia, dachte er.
Besser, als sie glaubt. Dieses Wissen muß ich nutzen. Ich muß sie aus dem Gleichgewicht bringen, ein bißchen nur.
Nicht gleich soviel, daß sie in Panik gerät, aber doch so, daß ihr klar wird, daß es um einen Handel geht, einen Handel unter zwei Partnern, die zusammenarbeiten müssen, damit der Abschluß zustande kommt. Ich muß ihr klarmachen, daß sie bis zu einem Punkt die Zügel in der Hand hält, aber daß sie letztlich auf mich angewiesen ist.
Ich muß sie eine Spur von ihrem Plan abbringen, nur so weit, daß sie begreift, hier geht es um ein klares Geschäft.
Und dann bin ich im Vorteil, denn ich kenne mich bei geschäftlichen Verhandlungen aus. Olivia hat keine Ahnung davon. Ich werde sie in Bedrängnis bringen, sie aus der Bahn werfen und schließlich ausbooten.
Ich versteh’ was von Geld. Ich weiß, wie man Geld verdient. Und ich weiß, wie man es stiehlt.
Ein paar Sekunden lang hatte er ein Gefühl großen Selbstvertrauens, aber es verschwand so schnell, wie es gekommen war. Sicher, ich weiß alles über Banken, Aktien und Anleihen, Wechselkurse und Zuwachsraten.
Aber sie versteht sich auf das Geschäft mit der Rache.
Er versuchte, seine Angst zu vergessen und zu überlegen, wie er seine eigene Bank berauben könnte. Es war grotesk. Wenn er Geld beiseite schaffen wollte, brauchte er nur den Bankrechner zu benutzen, falsche Konten einzurichten und über sie Geld abzuziehen. Dazu bedurfte es nur ein bißchen mathematischer Kenntnisse und ein paar Zinsschulden von großen Konten. Er brauchte das Geld nur auf ein falsches Konto zu überweisen und dann auf irgendeine Bank auf den Bahamas zu transferieren. Er hatte einen Kollegen gehabt, der bei einer ähnlichen Aktion erwischt worden war. Wäre er nicht so geldgierig gewesen, wäre man ihm nie auf die Schliche gekommen.
Aber sein Erfolg hatte ihn blind gemacht. Erfolg in Gelddingen war der Vater der Gier. Anstatt sich zu bescheiden, wollte der Mann immer reicher werden. Und dabei wurden seine Machenschaften aufgedeckt.
Plötzlich mußte Duncan an seine Kindheit denken. Er war mit einem Freund aus der Nachbarschaft in einen Kolonialwarenladen gegangen. Der Junge war die große Attraktion für alle Kinder: ein bißchen älter, ein bißchen klüger, und er kannte alle Tricks. Er war ein echter Draufgänger, hatte drahtiges rotes Haar und Sommer-sprossen. Sein Vater war der Ortspolizist, und das zeichnete ihn unter den anderen Kindern besonders aus. Er fuhr als erster den Dead Man’s Hill hinunter, probierte als erster, Zigaretten zu rauchen. Er war auch der erste, der aufs Eis bei Fishers Weiher lief, und wenn das Eis unter seinen Füßen noch so krachte. Im Sommer sprang er als erster in den Baggersee, planschte und wirbelte im kalten schwarzen Wasser und spottete über die anderen Kinder, die das von den Stadtvätern aufgestellte Schild ›Schwimmen verboten, Lebensgefahr!‹ ernst nahmen. Ich war immer nur der zweite, dachte Duncan. Den einen Moment, in dem ich hätte der erste sein können, habe ich immer gezögert, aber dann sprang ich auch ins Wasser. Es war wie eine Herausforderung, die immer erfüllt werden mußte. Immer kam ich gleich hinterher, so als ob mein ursprüngliches Widerstreben sich in ein Schuldgefühl verwandelt hätte, das mich geradezu zwang, mich selbst zu beweisen.
Er sah den Jungen vor sich, wie er in einem Laden durch die einzelnen Gänge gelaufen war und so getan hatte, als suche er etwas. Schließlich ging er zu dem Regal mit den Schokoladenriegeln. In einem unbeobachteten Moment stopfte er sich die Taschen voll. Dann ging er, tollkühn, wie nur so ein Junge sein kann, zu der Frau an der Kasse und fragte, ob sie Genesungskarten hätte, seine Schwester läge im Krankenhaus. Die Frau zeigte ihm das entsprechende Regal. Er zögerte einen Augenblick und sagte dann: »Vielen Dank, das waren nicht die richtigen.«
Draußen auf der Straße prahlte er vor den anderen mit seinem Diebesgut. Dann sagte er zu Duncan: »So, und jetzt bist du dran!«
Und so versuchte Duncan es auch.
Er bemerkte, daß die Frau an der Kasse ihn genau beobachtete, während er die Gänge auf- und ablief. Dann nahm er, als sie einen Moment wegschaute, einen Schokoriegel aus dem Regal und ließ ihn in seiner Tasche verschwinden. Danach ging er, genau wie sein Freund, zu der Frau an der Kasse.
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