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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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verlassen. Ihn fröstelte, und er schmiegte sich eng an ihn.
    »Was hast du denn, Tommy?«
    »Ich hatte gerade Angst, Angst davor, allein zu sein.«
    »Aber ich bin doch da!«
    »Ja, ich weiß, aber ich hatte Angst, daß du vielleicht bald nicht mehr da bist.«
    Richter Pearson schloß den Jungen in die Arme. Er lachte kurz und sagte: »Aber Tommy, ich verschwinde doch nicht einfach so. Ich hab’ dir doch von Anfang an gesagt, daß wir hier zusammen reingeraten sind und es auch bis zum Schluß gemeinsam durchstehen. Hab keine Angst! Ich wette, bald sitzen wir bei deinen Eltern zu Hause am Tisch, essen Pizza und erzählen von unseren Abenteuern.«
    »Meinst du?«
    »Aber sicher. Stell dir vor, wie schön es wird, Lauren und Karen wiederzusehen. Bestimmt wollen die ganz genau wissen, was uns passiert ist.«
    »Das wollen sie bestimmt.«
    »Deshalb mußt du jetzt schön tapfer sein und noch eine Weile durchhalten. Es ist furchtbar schwer, hier herumzusitzen, ich weiß. Aber bald ist das vorbei, und wir haben ein paar tolle Geschichten auf Lager.«
    Tommy seufzte tief, dann setzte er sich ruhig und entspannt neben seinen Großvater.
    »Erzähl mir eine Geschichte, ja?«
    »Gerne, Tommy, was für eine möchtest du hören?«
    »Irgendwas von dir, als du noch jung warst, als du so tapfer warst bei den Marines.«
    Der alte Herr lächelte. »Einmal ein Marine, immer ein Marine«, sagte er. »Das Motto unseres Corps war: Semper fidelis. Wußtest du das?«
    »Klar«, sagte Tommy und kicherte. »Das hast du mir doch schon so oft erzählt. Stets getreu!«
    »Was, das hab’ ich dir schon erzählt?« Der Großvater lachte und versetzte Tommy einen freundschaftlichen Stoß in die Rippen. »Da wiederhole ich mich ja!« Er kitzelte Tommy, der sich hin und her wand und schließlich laut lachte. »Ja, das hast du, nein, hast du nicht. Großvater! Wir dürfen nicht lachen, sonst werden sie noch böse.«
    »Das ist ihr Pech. Warum sollen wir uns von denen dauernd angst machen lassen? Lachen tut dir gut. Hab’ ich dir schon mal erzählt, wie mir Lachen das Leben gerettet hat?«
    »Nein, wie geht das denn?«
    »Also, es war auf Guadalcanal. Weißt du, wo das ist?«
    Tommy nickte. »Klar.«
    »Meine Abteilung war ganz vorne, das heißt, wir gingen dem ganzen Bataillon durch den Dschungel voran. Wir wußten nicht, wo der Feind lag und ob er uns angreifen wollte. Als wir für die Nacht haltmachten, war es dunkel, heiß und ziemlich unheimlich. Wir gruben uns ein und blickten in die Nacht hinaus. Wir warteten auf neue Befehle, versuchten, ein bißchen zu schlafen, überlegten, was wohl als nächstes geschehen würde. Hab’ ich dir schon mal davon erzählt?«
    »Nein, wie ging es weiter?«
    »Also, wir lagen alle da und rechneten mit dem Schlimmsten. Der Feind war ganz in der Nähe und wartete auf den richtigen Moment, um uns anzugreifen. Wir waren ganz schön nervös. Ein bißchen so wie du und ich jetzt, wir sind ja auch unruhig, weil wir nicht genau wissen, wie’s weitergeht.«
    »Und was war mit dem Lachen?«
    »Das kommt noch. Da war ein Mann, der zu meiner Abteilung gehörte. Er stammte aus New Jersey und hieß Jerry Larsen. Wir nannten ihn Jersey Jerry, und immer wenn Jerry Angst hatte, erzählte er einen bestimmten Witz. Immer denselben.«
    »Wie ging der Witz?«
    Richter Pearson sah sich plötzlich wieder als jungen Mann, hinter Sandsäcken liegend, schweißüberströmt, bedeckt mit dem Staub irgendeines Schlachtfelds auf einer Insel. »Weißt du, Tommy, das war ein Witz für Erwachsene.«
    »Ein dreckiger Witz?«
    »Woher kennst du denn den Ausdruck?«
    »Von Karen und Lauren.«
    »Haben sie dir sonst noch was erzählt?«
    »Nee, eigentlich nicht, sie sagen immer, ich bin noch zu klein.«
    »Das stimmt auch.«
    »Och, Großvater!«
    »Du bist noch ein bißchen klein.«
    »Du erzählst ihn mir doch, nicht?«
    »Wenn du ein bißchen größer bist.«
    »Bitte, bitte.«
    »Wenn du so alt bist wie Karen und Lauren.«
    »Na gut«, sagte Tommy widerstrebend. »Also, was passierte dann?«
    »Den Witz hatten wir schon tausendmal gehört, sooft wie wir Angst gehabt hatten. Trotzdem mußten wir jedesmal wieder darüber lachen. Obwohl wir wußten, wie er ausging, obwohl wir ihn Wort für Wort auswendig kannten, er war einfach immer wieder komisch. Dabei war es gar kein besonders guter Witz. Aber wir lachten wohl auch wegen unserer Nervosität in der angespannten Situation. Immer wieder brachen alle Männer in Lachen und Gekichere aus.

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