Die Rache. Thriller.
auch.
Welches andere?
Kinder, die wir geboren haben, bleiben für immer ein Teil von uns. Deshalb kämpfen wir so für sie. Erst kämpfen wir, um sie zur Welt zu bringen, dann darum, daß sie größer werden. Wir geben niemals auf, egal, um wieviel andere Dinge wir uns sonst noch kümmern. Niemals.
Du hast recht, Mutter.
Natürlich habe ich recht. Aber ich will dir noch etwas sagen.
Was?
Wir werden dadurch stärker, als irgendwer wahrhaben will, nicht einmal wir selbst. Deshalb werden wir immer unterschätzt, meistens von den Männern. Schau in dich hinein. Dann findest du Stahl und Eisen, Sehnen und Muskeln. Schau ganz tief hinein, und wenn du Kraft brauchst, findest du sie.
Ich habe Angst, Angst um die beiden Tommys.
Du kannst ruhig Angst haben. Aber sie darf dich nicht abhalten von dem, was du tun mußt.
Was ich tun muß. Wie soll ich wissen, was das ist?
Du wirst es ganz allein herausfinden.
Bist du sicher?
Ganz und gar.
»Ja, ich weiß es«, hörte sie sich plötzlich laut sagen. Sie holte tief Luft und seufzte.
Karen und Lauren riefen aus der Küche: »Mom, was ist mit dir, sind da Leute?«
»Nein«, rief sie zurück. »Ich hab’ nur Selbstgespräche geführt.«
Sie nahm all ihre Kraft zusammen und ging in die Küche zu den Mädchen.
Duncan saß an seinem Schreibtisch und überlegte, wie er das von Olivia geforderte Geld aufbringen könnte. Den ganzen Tag hatte er telefoniert: mit seinem New Yorker Börsenmakler, einer Vermonter Maklerfirma und verschiedenen anderen Leuten, die mit seinen Geldanlagen befaßt waren. Sie alle waren entsetzt, als er das Wort verkaufen aussprach. Sie hatten versucht, ihn davon abzubringen, er aber war, wenn auch in leicht scherzhaftem Ton, bei seiner Absicht geblieben. Niemand sollte etwas von seiner Angst spüren oder ahnen, wie dringend er Geld brauchte. So machte er Witze, erzählte Anekdoten, gab sich sorglos, nur um den Eindruck zu vermitteln, daß er etwas Normales tat, das keinesfalls dringend war, nämlich daß er all seine Ersparnisse verkaufte, um sich anderswo zu engagieren.
Gegen Mittag begann er auszurechnen, wieviel Geld er wohl zusammenbekäme. Sein Haus würde er nicht günstig verkaufen, da er auf ein schnelles Angebot eingehen mußte. Ein reines Verlustgeschäft. Wenn er die Aktien und anderen Geldanlagen verkaufte, kam er auf über 86000 Dollar. Es würde aber mehrere Tage dauern, bis er den Scheck in der Hand hätte, und erst nach Wochen käme er an den Erlös der diversen Landverkäufe ran. Auf dem Haus lag eine Hypothek, aber sie war älter als sechs Jahre, und er hatte einen Dispokredit in Höhe des Wertes. Er wollte dieses Geld jedoch nicht sofort arbeiten lassen, denn bald brauchte er es ja, um die gestohlene Summe zu ersetzen.
Das war heute überhaupt das Problem mit dem Bargeld: Cash gab es so gut wie nicht. Bargeld erhielt man höchstens auf die im Schwarzenghetto übliche Weise, nämlich indem man beispielsweise die Kasse in einem Schnapsladen ausraubte. Geld gab es sonst nur noch in Papieren, auf Plastikkarten oder in computergesteuerten Banken.
Brauchte man Bargeld, mußte man erst mal Dreifach-Formulare ausfüllen, Nachforschungen und Überprüfungen über sich ergehen lassen und warten.
Welche Ironie des Schicksals. Wie oft hatte er andere Leute überprüft und warten lassen. Jetzt war es an ihm zu warten.
In der kommenden Woche würde er einen Scheck von seinem Makler bekommen. Diese Summe würde reichen, um eine erste kleine Rückzahlung auf seine Bankschulden zu leisten.
Ich sollte das Geld lieber nehmen und damit nach Las Vegas oder Atlantic City fahren. Da könnte ich Blackjack spielen oder am Automaten und als Gewinner heimkom-men. Das käme fast aufs gleiche raus. Ich mache doch nichts anderes, ich spiele ein verdammt riskantes Spiel.
Er zuckte die Achseln. Er mußte tun, was sie verlangte.
Danach mußte er sich eben durchkämpfen, um mit den Folgen klarzukommen.
Das wichtigste ist, Tommy zurückzubekommen.
Er überlegte, wie er das Geld stehlen könnte und wie Olivia sich die Geldübergabe vorstellte. Das beste war nach seiner Meinung, es ihr direkt zu übergeben und dafür Tommy in Empfang zu nehmen. Er traute ihr nicht.
Was wird wohl ihr nächster Schritt sein, fragte sich Duncan. Heute wird sie sicher nichts von sich hören lassen. Sie will, daß ich schmore. Nach all dem Druck, den sie schon ausgeübt hat, weiß sie, wie wirksam ihr Schweigen ist. Sie glaubt, wenn sie die Spannung erhöht, werde ich
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