Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück: Roman (German Edition)
Vater nicht in das Buch mit aufgenommen hatte, weil es ihm zu persönlich erschien. Er befürchtete, es würde seinem Sohn womöglich eines Tages peinlich sein, da es sehr viel aus dem Privatleben der Familie preisgab. Beginnend mit Max’ Geburt beschrieb er, wie er sich in den folgenden dreißig Jahren zu einem vielversprechenden jungen Mann herausgemacht hatte, auf den er als Vater unendlich stolz war. Max traten zwar nicht die Tränen in die Augen, als er ihr den Brief zu lesen gab, aber er biss die Zähne zusammen, und seine Stimme wurde rau.
Max fühlte sich persönlich verpflichtet, den guten Namen seines Vaters wiederherzustellen und dafür zu sorgen, dass es seiner Mutter und Schwester nie an irgendetwas fehlen würde. Sein ausgeprägter Familiensinn war eine der Seiten, die Andy am meisten an ihm liebte. Sie war fest davon überzeugt, dass der Tod des Vaters einen Wendepunkt in Max’ Leben markierte. Bald danach hatten sie sich kennengelernt, und sie war heute noch froh darüber, dass sie nach dieser Krise die erste Frau gewesen war, in die er sich verliebt hatte. »Du bist meine letzte Freundin«, sagte er immer.
Sie nahm die Zeitung wieder auf und las weiter.
Das Paar lernte sich 2009 über gemeinsame Bekannte kennen. »Es begann als ganz gewöhnliches Geschäftsessen«, erzählt Mr Harrison. »Aber spätestens beim Dessert konnte ich nur noch daran denken, wann ich sie wiedersehen würde.«
»Ich weiß noch genau, dass Max und ich uns davongestohlen haben, um ungestört miteinander zu reden. Es könnte aber auch sein, dass ich ihm nachgelaufen bin. Ein bisschen wie eine Stalkerin«, erinnert sich Ms Sachs mit einem Lachen.
An jenem Abend begann nicht nur ihre private, sondern auch ihre geschäftliche Beziehung: Mr Harrison ist der wichtigste Geldgeber des von Ms Sachs herausgegebenen Magazins. 2012 gaben sie ihre Verlobung bekannt und zogen zusammen. Wohnen werden die Eheleute abwechselnd in Manhattan und auf dem Landsitz der Harrisons in Connecticut.
Abwechselnd? , dachte Andy. Nicht ganz. Nach Robert Harrisons Tod hatte die Familie vor einem finanziellen Scherbenhaufen gestanden, mit dem Barbara als trauernde Witwe heillos überfordert war. Deshalb waren die unvermeidbaren drastischen Entscheidungen an Max hängen geblieben. Andy wusste noch allzu gut, wie unendlich schwer es ihm gefallen war, das Haus in den Hamptons zu verkaufen – gerade einmal sechzig Tage nach dem perfekten Sommertag, den sie dort verlebt hatten. Sie er-innerte sich auch an die schlaflosen Nächte, die es Max gekostet hatte, sich zum Verkauf der weitläufigen Stadtvilla in der Madison Avenue durchzuringen, in der er aufgewachsen war. Barbara wohnte seit inzwischen zwei Jahren in einer herrlichen Drei-Zimmer-Eigentumswohnung an der Ecke Zweiundachtzigste Straße und West End Avenue, doch obwohl sie noch immer von kostbaren Gemälden, prächtigen Teppichen und edelster Tischwäsche umgeben war, nagte der Verlust der beiden herrschaftlichen Immobilien schwer an ihr, und sie klagte bis heute bitterlich über ihre »Vertreibung« auf die West Side.
Das Penthouse mit Meerblick in Florida hatten die DuPonts erworben, Freunde der Harrisons, die die Scharade aufrechterhielten, Barbara hätte nicht mehr die Zeit und Energie für Reisen nach Palm Beach. Die Skihütte in Jackson Hole hatte sich ein dreiundzwanzigjähriger Internetmillionär zum Schnäppchenpreis unter den Nagel gerissen. Ansonsten war der Familie nur noch der Landsitz in Connecticut geblieben – fünfeinhalb Hektar Grund, Stallungen für vier Pferde und ein Teich, der so groß war, dass man mit dem Ruderboot darauf herumfahren konnte. Aber das Wohnhaus war zuletzt in den Siebzigerjahren renoviert worden, und die Tierhaltung hatte wegen der Kosten längst aufgegeben werden müssen. Da eine umfangreiche Modernisierung unerschwinglich gewesen wäre, wurde das Anwesen so oft wie möglich vermietet, wochen- oder monatsweise, hin und wieder sogar nur für ein Wochenende. Und damit niemand erfuhr, dass die Harrisons vermieten mussten, lief alles äußerst diskret über einen Makler ihres Vertrauens ab.
Andy blickte versonnen auf den Artikel hinunter. Wie lange las sie die Society-Beilage der New York Times nun schon? Seit wie vielen Jahren beschäftigte sie sich mit den glücklichen Brautpaaren und spekulierte über ihre berufliche wie private Zukunft? Wie oft hatte sie sich gefragt, ob sie es eines Tages wohl selbst in diesen illustren Kreis schaffen würde, ob mit Foto
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