Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
mit einem gelassenen, beruhigenden Lächeln. Trotzdem wünschte sich Andy, sie hätte Überwachungskameras installiert.
Mit einem Mal stutzte sie: Wie war es bloß so weit mit ihr gekommen? Da hatte sie Stein und Bein geschworen, als Mutter ganz cool und entspannt zu sein und keinen Mordsaufstand um Keime oder Babysitter oder Biokost zu machen. Eine Mutter, die locker war und sich nicht irremachen ließ. Doch ein Blick auf das winzige, schutzlose Wesen – und schon war es damit vorbei. Bisher hatte Andy Clementine nur ihrer Mutter überlassen und einmal Max’ Schwester, aber das auch bloß, weil sie einen Arzttermin hatte und Clementine nicht dem schmuddeligen Wartezimmer aussetzen wollte. Sie hatte sämtliche Schlafanzüge und Strampelanzüge, die sie zur Geburt geschenkt bekommen hatten, zurückgehen lassen, die nicht aus reiner Baumwolle waren. In den Laden zurückgewandert waren auch alle Babyspielzeuge aus Plastik, auf denen »Made in China« stand oder die nicht mit Sicherheit frei von Weichmachern, PVC und Bisphenol waren. Entgegen allem, was sie sich selbst, ihrem Mann und jedem, der es hören wollte, versprochen hatte, setzte Andy Himmel und Hölle in Bewegung, um an Clems Tageseinteilung festzuhalten: ein sorgsam choreographierter Ablauf aus Fütterzeiten, Schlafzeiten, Spielzeiten und Spazierfahrten, gegen die nichts und niemand ankam. Sie wollte keine kontrollsüchtige Übermutter sein, aber irgendwie konnte sie nicht anders.
Sie holte tief Luft, atmete still durch den Mund aus und rang sich ebenfalls ein Lächeln ab. »Das weiß ich. Danke.« Sie sah Isla nach, die Clem ins Kinderzimmer trug.
Barbaras Stimme holte sie in die Realität zurück. »Andrea, Liebes? Was ist denn das hier?« Ihre Schwiegermutter hielt ein Bündel Papier hoch.
Andy setzte sich auf die Couch und griff nach ihrem Champagnerglas, um sich Mut einzuflößen. Offenbar vertraute Barbara darauf, dass die Couch weitgehend ungezieferfrei war, denn sie ließ sich neben Andy nieder und schlug die Beine übereinander. »Schau, hier. Da steht ›Mirandas ultimative Babyliste‹. Das ist doch nicht etwa von Miranda Priestly ?«
Eigentlich hatte das Ding an der Pinnwand über Andys Schreibtisch gehangen – was hatte Barbara Schnüffelnase da zu suchen? Aber Andy fehlte es an Kampfeslust.
»Ach ja, Mirandas Liste. Die hat sie mir geschickt, als Clementine auf die Welt kam. Für Menschen an sich kann sie sich ja nicht sonderlich erwärmen, aber offenbar hat sie eine Schwäche für Babys.«
»Tatsächlich?«, murmelte Barbara und überflog mit leuchtenden Augen weiter die Blätter. »Meine Güte, das ist ja wirklich sehr umfassend.«
»Allerdings«, sagte Andy und sah Barbara über die Schulter. Es hatte sie beinahe umgehauen, als die Liste ein paar Wochen nach Clems Geburt ins Haus geschneit kam in Begleitung ei-ner rosa verpackten, mit weißen Schleifen und einer silbernen Babyrassel von Tiffany geschmückten Schachtel. Darin fand sich, unter einem Briefbogen von Miranda mit den Worten »Glückwunsch zum Nachwuchs!« und unter mindestens sechs Lagen Seidenpapier, die zarteste, erlesenste Nerzdecke, die Andy je gesehen hatte. Oder vielmehr: die einzige Nerzdecke, die sie je gesehen hatte. Sie war seidenweich und riesengroß. Andy legte sie sofort wieder zusammen, drapierte sie über das Fußende ihres Betts und kuschelte sich fast jede Nacht darunter. Bisher hatte Clem weder darauf gespuckt noch gesabbert, und wenn es nach Andy ging, sollte es auch so bleiben. Nerz! Für ein Baby! Andy lächelte vor sich hin in Erinnerung an Emilys damalige Worte: Dieses Präsent hatte Miranda eindeutig selbst ausgesucht, denn keine Assistentin wäre jemals auf den Gedanken verfallen, einem Baby – von wem auch immer – einen riesengroßen Überwurf aus Nerz zu schicken. Und damit nicht genug, lag der Pracht auch noch »Mirandas ultimative Babyliste« bei.
Zweiundzwanzig Seiten, einzeilig beschrieben. Ein Inhaltsverzeichnis mit Stichpunkten wie »Packliste fürs Krankenhaus«, »Nötige Anschaffungen für die ersten Wochen zu Hause«, »Baby-Pflegeartikel«, »Baby-Medikamente« und »Sicherheitscheckliste«. Und dazu natürlich Mirandas Empfehlungen für die perfekte Erstausstattung (vorzugsweise von Jacadi, Bonpoint und Ralph Lauren): Strampelanzüge mit kurzen und langen Ärmeln, Pyjamas mit Fußteil, Socken, Schühchen, Strickmützen, Handschuhe, Zweiteiler für Jungen, Kleidchen oder Spielanzüge mit Leggings für Mädchen. Waschlappen,
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