Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
hatte, fiel es entweder elegant in Form oder betonte sehr aufregend ihre Kurven, und je nach den Accessoires konnte man damit sowohl auf einen schnellen Drink als auch zu einer eleganten Hochzeit gehen. Heute Abend jedoch schien es eher für ein Püppchen geeignet oder für ein Gör unter dreizehn.
»Da pass ich nicht mehr rein, hm?«, fragte sie sehr, sehr leise.
»Wohl kaum. Aber wen juckt das? In ein paar Monaten kannst du es wieder tragen. Wo ist das Problem?«
»Das Problem ist, dass ich nichts zum Anziehen habe!« Andy wollte nicht hysterisch klingen, aber sie schwitzte immer schlimmer, und die Zeit lief. Für die Kleiderfrage gab es keinen Plan B.
»Aber ja doch, das hast du sehr wohl«, sagte Jill in strengem Ton. »Das schwarze Kleid mit den Dreiviertelärmeln? Das du im März bei Grannys Brunch angehabt hast?«
»Das ist ein Umstandskleid!«, jaulte Andy. »Und es passte vielleicht für die Geburtstagsfeier einer Neunundachtzigjährigen, aber …«
»Überleg doch mal, wie viel schlanker du jetzt darin aussehen wirst.«
Andy seufzte. »Ich muss Schluss machen. Entschuldige, wenn ich mich heute nicht weiter nach deinem Leben erkundige. Außerdem ist Barbara da, sie wollte Clementine sehen. Ich schwör’s dir, das war volle Absicht, an dem einen Abend, wo ich mich auf keinen Fall aufregen darf, weil ich ohnehin schon ein Wrack bin …« Sie brach ab. »Ist bei dir alles okay?«
»Alles bestens. Schaff dir Barbara vom Hals, und dann lass es dir gut gehen. Du bist seit Ewigkeiten nicht mehr weg gewesen, schon gar nicht aus so einem mordsaufregenden beruflichen Anlass, und du hast es mehr als verdient.«
»Danke.«
»Aber nicht vergessen – immer schön trinken.«
»Alles klar. Ganz in Schwarz, Handy, Alk. Tschüss.« Sie legte auf und lächelte. Manchmal vermisste sie ihre Schwester schmerzlich und besonders an solchen Abenden.
Max stand in der Tür. »Du bist immer noch nicht angezogen? Andy, was ist denn?«
Sie schnappte sich ein feuchtes Handtuch vom Boden und hielt es sich vor die Brust. »Nicht gucken!«
Max ging zu ihr und strich über ihr schweißnasses Haar. »Was hast du denn? Ich sehe dich doch jeden Tag nackt.«
Als keine Antwort kam, deutete Max auf das Kleid neben ihr. »Das sieht zu streng aus«, sagte er liebevoll, wobei Andy klar war, dass er zumindest einen Teil des Gesprächs mitbekommen haben musste und mit zu streng eigentlich zu klein meinte. Er machte ihren Schrank auf, hielt Umschau und zog exakt das Kleid heraus, das Jill vorgeschlagen hatte. »Da«, sagte er. »In dem finde ich dich immer ganz toll.«
Andy schniefte, den Tränen nahe, und hielt das Handtuch noch fester gepackt.
Max nahm das Kleid vom Bügel und legte es aufs Bett. »Also, ich schlage vor, du ziehst das hier an und frischst dein Make-up noch ein bisschen auf, hm? Der Wagen wartet schon unten, aber wir haben noch Zeit. Sag noch kurz meiner Mutter Hallo, und dann düsen wir ab.«
»Klingt super«, murmelte Andy, während Max sich ein Fingerspitzchen Gel ins Haar tupfte und eine mit bloßem Auge nicht erkennbare ungebärdige Strähne glattstrich. Sie schlüpfte in das Umstandskleid. Jill und Max hatten vollkommen recht, es war das einzige, das in Frage kam, und so schlimm sah es nun auch wieder nicht aus. Elegant? Nein. Sexy? Nein. Aber es verhüllte gnädig das Monstrum von Still- BH , den alles andere als straffen Bauch und den immer noch ziemlich gerundeten Hintern, und mehr konnte man wahrhaftig nicht verlangen. Sie entschied sich für hauchfeine Strümpfe mit rückwärtiger Naht und Plateaupumps von Chloé mit knapp zehn Zentimeter Absätzen, die schon in babylosen Zeiten eine ziemliche Herausforderung gewesen waren und sich jetzt anfühlten, als steckten ihre Füße in chinesischen Abbindevorrichtungen. Sie ignorierte das dumpfe Pochen in den Waden, das sich im Lauf des Abends garantiert zu stechenden Schmerzen auswachsen würde, trug einen Lippenstift in einem satten Rotton auf, den sie eigens für diesen Anlass erworben hatte, puffte ihre Föhnfrisur wieder zurecht, so gut es ging, und straffte die Schultern. War sie wieder die Andy von früher? Nicht so ganz. Aber für eine Frau, die erst vor Kurzem ein Kind bekommen hatte, sah sie gar nicht mal so übel aus.
Max pfiff beifällig, als er sie im Spiegel sah. »Das ist mal eine scharfe Mama«, sagte er und schlang von hinten die Arme um sie.
Sie schob sanft seine Hände von ihrem Wabbelbäuchlein weg und sagte: »Die kleinen Röllchen hier
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