Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
durch die Miederhose gewehrt hatten. Als sein Griff nachdrücklicher wurde, sah sie ihn entgeistert an.
Er hob die Hände. »Was denn? Bist du mit der Heirat auch noch zu den Mormonen übergetreten? Steht in der nächsten Sekunde dein Mann da und gibt mir eine aufs Maul, weil ich Hand an seinen Besitz gelegt habe?« Wieder dieses Lächeln. »Na komm, holen wir dir was zu trinken, und du erzählst mir, was sich in der Zwischenzeit sonst noch so getan hat.«
Ganz entfernt war Andy klar, dass sie alle irgend vorhandenen Vorwände nutzen sollte – Emily behilflich sein, bei der Babysitterin nachfragen, eine Toilette ausfindig machen –, um nur ja nicht Christian Collinsworth zur Bar zu folgen, aber irgendwie kam sie nicht von ihm los. Sie nahm den Tequiladrink von ihm entgegen und lehnte sich an die Bar, so selbstbewusst, unnahbar und zugleich sexy wie nur möglich. Sie konnte nur hoffen, dass sie nicht unverhofft umkippen oder ihre mittlerweile schwer angeschwollenen Brüste sich in einen unkontrollierbaren Springbrunnen verwandeln würden.
»Wie heißt denn deine Tochter?«, fragte Christian mit einem tiefen Blick in Andys Augen. Trotzdem hatte sie das Gefühl, als ginge ihm das Ganze letztlich am Arsch vorbei.
»Clementine Rose Harrison. Diesen Juni geboren.«
»Schön. Und wie geht’s dir so mit der Umstellung auf die Mutterschaft?«
Das ging zu weit, und zu ihrer Freude stellte Andy fest, dass sie ihre Stimme vollständig wiedergewonnen hatte. »Ach, komm schon, Christian, was soll das? Du willst doch nicht im Ernst über Schlafzeiten und Wickeldecken reden? Wenden wir uns doch lieber deinem wahren Lieblingsthema zu: Wie ist es dir denn ergangen, seit wir uns zuletzt gesehen haben?«
Er nahm ein weiteres Schlückchen von seinem Drink und sah nachdenklich vor sich hin. »Ganz ehrlich: richtig gut. Weißt du, dass ich jetzt in London wohne?« Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort: »Und damit geht es mir echt super. Jede Menge Zeit zum Schreiben, jede Menge Reisen in Europa, jede Menge neue Gesichter. New York war mit der Zeit so … ausgelutscht.«
»Mhm.«
»Oder? Ich meine, bist du nicht auch an dem Punkt, wo du lieber sonst wo wärst als hier?«
»Eigentlich bin ich …«
»Andy, Andy, Andy.« Er beugte sich näher zu ihr hin, senkte den Kopf und klimperte mit seinen verboten langen Wimpern. »Hatten wir es nicht superschön miteinander? Was ist bloß mit uns passiert?«
Wider Willen musste Andy erneut lachen. »Was passiert ist? Meinst du den Morgen, an dem du mich beim Aufwachen in der Villa d’Este gefragt hast, ob ich Lust hätte, deine neue Freundin kennenzulernen? Die rein zufällig am nächsten Tag angereist kam? Wobei wir zu diesem Zeitpunkt schon fast ein halbes Jahr zusammen waren?«
»Ich würde nicht sagen …«
»’tschuldigung. Schon fast ein halbes Jahr miteinander geschlafen haben.«
»So einfach liegen die Dinge nie. Sie war im Grunde nicht meine Freundin. Es war eine komplizierte Situation.«
Andy stach etwas Froschgrünes ins Auge.
»Andy?« Christian rückte ihr noch dichter auf die Pelle, doch sie nahm kaum Notiz von ihm.
Das Froschgrüne entpuppte sich als ein Poncho – aus Fell – und tänzelte zielstrebig auf Andy zu. Ehe sie sich wappnen konnte, hatte Nigel schon die Arme um sie geschlungen und presste sie an seine pelzige Schulter.
»Schätzchen! Ich hatte ja so gehofft, dass ich dich hier treffe. Hübsche kleine Party, die ihr Mädels da auf die Beine gestellt habt. Ich bin sehr beeindruckt.«
Christian neigte den Kopf und flüsterte Andy ins Ohr: »Vielleicht solltest du ein Wort zur Begrüßung sagen.« Beim Anblick seiner Grübchen verspürte Andy für einen winzigen Moment den Wunsch, sein breites Lächeln mit einem Zungenkuss zu erwidern.
Nigel schien von Andys Schocklähmung nichts mitzubekommen. Er hielt sie an den Schultern von sich weg, küsste sie links und rechts auf die Wange und sagte: »Wir sind mit der ganzen Mannschaft da. So was Schönes wollte sich doch keiner entgehen lassen.«
Andy wurde es schwummrig. War das der Preis für den Erfolg? Dass Miranda wieder ständig und bis zum Erbrechen in ihrem Leben auftauchte? Musste sie sich bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt seit der Geburt wirklich mit Miranda Priestly herumschlagen? Waren nicht eine enttäuschte Freundin, ein treuloser Exfreund und demnächst überlaufende Brüste genug?
Zum Glück nahm Christian das Heft in die Hand und begrüßte Nigel. Im nächsten Moment diskutierten
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