Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
sie höchstens eine Baseballkappe oder eine überdimensionale Sonnenbrille schützen können. Sollte sie gleich wieder gehen? Sich abmelden? Einen anderen Kurs aussuchen? Während sie noch hin und her überlegte, verlas der Kursleiter die Teilnehmerliste. Als Andys Name fiel, zuckte Emily kurz zusammen, fing sich aber gleich wieder. Sie vermieden jeden Blickkontakt und kamen zu der unausgesprochenen Übereinkunft, so zu tun, als ob sie sich nicht kannten. Am zweiten Abend fehlte Emily, und Andy hoffte schon, sie hätte das Handtuch geworfen. Am dritten Abend war sie selbst wegen eines beruflichen Termins verhindert. Obwohl weder die eine noch die andere über das Wiedersehen am vierten Abend besonders entzückt war, begrüßten sie sich mit einem kühlen Kopfnicken. Aus irgendeinem Grund konnten sie sich nicht mehr wie Luft behandeln. Am fünften Abend knurrte Andy Emily ein kaum hörbares »Hey« entgegen, das Emily mit einem auch nicht wesentlich erfreuteren Raunzen beantwortete. Dann hatten sie plötzlich nur noch eine Sitzung vor sich, und Andy hoffte schon, mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Mit ein bisschen Glück würde es bis zum Kursende beim Austausch gutturaler Begrüßungsfloskeln bleiben. Doch dann geschah das Undenkbare. Eben noch las der Kursleiter die Zutatenliste für den Abend vor, als er die beiden Busenfeindinnen auch schon als »Küchenpartner« zusammenspannte. Emily war für die Vorbereitung zuständig, Andy fürs Kochen. Für einen Sekundenbruchteil trafen sich ihre Blicke zum allerersten Mal, und Andy sah, dass es Emily vor der Zusammenarbeit genauso sehr graute wie ihr selbst.
Stumm bauten sie sich nebeneinander auf. Nachdem Emily beim Zucchinischneiden den richtigen Rhythmus raushatte, gab Andy sich einen Ruck und sagte: »Und, wie geht’s so?«
»Wie soll es wohl gehen? Es könnte nicht besser sein.« Die leicht angewiderte Miene, die Emily bei jeder Äußerung von Andy automatisch aufsetzte, beherrschte sie bis heute. Andy war fast froh, dass wenigstens in dieser Hinsicht noch alles beim Alten war. Obwohl sie Emily anmerkte, dass es sie nicht im Geringsten interessierte, rang die sich ebenfalls eine Frage ab: »Und bei dir?«
»Bei mir? Könnte gar nicht besser sein. Kaum zu glauben, dass wir uns seit einem Jahr nicht mehr gesehen haben, was?«
Schweigen im Walde.
»Erinnerst du dich noch an Alex? Er wohnt jetzt in Mississippi und arbeitet da als Lehrer.« Dass er mit ihr Schluss gemacht hatte, konnte sie noch immer nicht zugeben. Obwohl sie es gar nicht wollte, plapperte sie weiter. »Und meine Freundin Lily, die öfter mal abends im Büro vorbeikam, wenn Miranda nicht mehr da war? Die den Unfall hatte, als ich in Paris war? Sie ist auch weggezogen. Nach Boulder. Ich hätte es ihr niemals zugetraut, aber in nicht mal sechs Monaten ist sie zum richtigen Yoga- und Kletterfreak mutiert. Ich schreibe jetzt für einen Hochzeitsblog, Happily Ever After . Hast du schon mal was davon gehört?«
Emily lächelte, nicht fies, aber auch nicht nett. »Gehört Happily Ever After zum New Yorker ? Da wolltest du doch unbedingt hin, wenn ich mich nicht irre …«
Andy wurde rot. Wie naiv sie doch gewesen war. Wie jung und dumm. Nach unzähligen durchgelaufenen Schuhsohlen, zig Interviews und Dutzenden von Artikeln, die niemals veröffentlicht werden würden, nach Dutzenden von Blindbewerbungen und Themenvorschlägen für Artikelreihen hatte sie eines gelernt: Es war eine gewaltige Leistung, in dieser Stadt überhaupt etwas zu publizieren, ganz gleich, wo und worüber.
»Ja, das war ziemlich unbedarft von mir«, sagte sie leise. Mit einem Blick auf Emilys Overknee-Stiefel und die Bikerjacke aus butterweichem Leder fragte sie: »Und du? Bist du noch bei Runway ?«
Im Grunde war es nur eine Höflichkeitsfrage, denn sie war sich natürlich absolut sicher, dass Emily auf einen glamourösen Posten befördert worden war, wo sie so lange ausharren würde, bis sie einen Milliardär heiratete oder starb, je nachdem, was zuerst passierte.
Emily schlug beim Schnippeln ein solches Höllentempo an, dass Andy sich nicht gewundert hätte, wenn sie sich eine Fingerkuppe abgesäbelt hätte. »Nein.« Ihre Anspannung war mit Händen zu greifen.
Andy würzte die Zucchinijulienne mit Knoblauch, Salz und Pfeffer und beförderte sie in den heißen Topf. Sofort spritzte das Olivenöl nach allen Seiten.
»Gas runter!«, rief der Kursleiter von seiner Kommandostation. »Wir wollen hier Zucchini anbräunen
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