Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
Max hatte sich so viel Mühe gegeben, einen perfekten Abend zu organisieren, und er freute sich offensichtlich ganz einfach für sie. Mit letzter Kraft konzentrierte sie sich auf das Positive. »Danke für diesen Abend. Es war wirklich wunderbar, dass wir es allen zusammen sagen konnten.«
»Du fandest es also schön? Ganz ehrlich?«, fragte Max so hoffnungsvoll, dass ihr seltsam traurig zumute wurde.
»Ganz ehrlich.«
»Ich auch. Und sie waren auch wegen deinem Job ganz aus dem Häuschen. Es ist aber auch unglaublich. Keine drei Jahre auf dem Markt und schon ein Angebot von …«
Andy hob die Hand. »Lass uns darüber ein anderes Mal reden, okay? Heute Abend will ich es mir einfach nur gut gehen lassen.«
Max kam zu ihr, küsste sie und drängte sie an die Kücheninsel. Andy durchfuhr eine vertraute Erregung. Mit etwas Verzögerung ging ihr auf, dass sie zum ersten Mal seit der Hochzeit weder ratschkaputt noch dem Spucken nahe war. Max knabberte an ihrer Unterlippe, erst spielerisch, dann mit mehr Nachdruck. Sie sah zu dem Koch und seiner Angetrauten hin, die sich ans Aufräumen gemacht hatten. Max folgte ihrem Blick.
»Mir nach«, kommandierte er mit rauer Stimme und packte sie beim Handgelenk.
»Musst du sie nicht noch bezahlen?«, giggelte sie und verfiel in Laufschritt, um mit Max mitzuhalten. »Sollten wir uns nicht wenigstens von ihnen verabschieden?«
Max schob sie ins Schlafzimmer und machte leise die Tür hinter ihnen zu. Ohne ein weiteres Wort zog er Andy aus. Eng umschlungen, die Münder aufeinandergepresst, fielen sie aufs Bett, Max unten, Andy oben. Sie drückte seine Hände auf das Kissen, küsste ihn auf den Hals und sagte: »Das kommt mir irgendwie bekannt vor.«
Max wälzte sich mit Andy herum und legte sich auf sie. Es fühlte sich alles himmlisch an – die Last seines Körpers auf ihrem, der Geruch seiner Haut, seine Hände. Sie ließen sich Zeit. Danach legte Andy den Kopf auf Max’ Brust und lauschte auf seine Atemzüge, die immer gleichmäßiger wurden. Sie hörte Stanley bellen, als das Kochpärchen die Wohnung verließ, und dann war sie wohl kurz weggedöst, denn als sie die Augen wieder aufschlug, lag sie schlotternd auf der Tagesdecke.
Andy kuschelte sich rasch unter die Decke und lag ein Weilchen so da. Der Schlaf wollte nicht wiederkommen, dabei war sie hundemüde. Das gehörte ebenfalls zu den neuen Schwangerschaftsübeln: bis auf die Knochen erschöpft zu sein und trotzdem nicht einschlafen zu können. Neben ihr atmete Max ruhig und flach, seine Brust hob und senkte sich mit schöner vorhersehbarer Regelmäßigkeit. So energiegeladen er tagsüber war, nachts schlief er wie ein Toter auf dem Rücken, die Hände über der Brust gefaltet, und rührte sich praktisch nicht. In ihrem Schlafzimmer hätte eine Boeing 747 landen können, und er würde höchstens einmal aufseufzen, den Kopf ein Ideechen zur Seite wenden und dann seelenruhig weiterschlafen. Es konnte einen schlicht rasend machen.
Andy stahl sich aus dem Bett, zog ihren »Mrs-Harrison«-Morgenmantel über und schlüpfte in die flauschigen Reisesocken, die sie im JFK am Zeitungsstand gekauft hatte. Mit dem grummelnden Stanley auf den Armen tapste sie durch den Flur und ließ sich reichlich ungraziös auf die Couch plumpsen. Der Festplattenrekorder war eine einzige Enttäuschung: überwiegend Footballspiele, die Max aufgezeichnet, letztlich dann aber doch online gesehen hatte, ein paar Spielberichte zur NFL , eine uralte Folge von Private Practice , eine von 60 Minutes , die Andy schon kannte, eine von Modern Family , die sie auf Wunsch von Max mit ihm zusammen ansehen sollte, und die letzte Stunde der Hochzeitssondersendung von Today . Im Fernsehen lief auch nichts Besseres: die üblichen Late-Night-Shows, dazu Dauerwerbesendungen und eine Wiederholung von Design Star auf HGTV . Andy wollte es schon aufgeben, als ihr auf einem der Kanäle um Mitternacht folgender Beitrag auffiel: Die Hohepriesterin der Mode: Miranda Priestly im Porträt.
Ach du Scheiße , dachte sie. Soll ich mir das wirklich antun? Das war vor einem Jahr im Kino rausgekommen, und im Gegensatz zu aller Welt hatte Andy sich geweigert reinzugehen. Wer brauchte das Ganze schon noch mal als Rückblende? Die Stimme, das Gesicht, den dauervorwurfsvollen Ton, die ständigen Rüffel. Das hatte Andy alles im Gedächtnis, als wäre es gestern gewesen – wozu sich dann jetzt noch mal alles in leuchtenden Farben zu Gemüte führen? Und doch, hier in der
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