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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Police Departments.
    Irgendwie – schon wieder dieses Wort – hatte Glitsky beschlossen, eine wichtige psychologische Überlegung im Hinblick auf Medina außer acht zu lassen. Als einzige Beziehungsperson einer leicht zurückgebliebenen Tochter würde er sich niemals umbringen. Er hätte es durchgestanden, ganz egal, was. Abe hatte Medina nicht gemocht. Er war ein schlechter Polizist gewesen, aber niemand, der einfach aufsteckte. Er wäre vor einer neuen Untersuchung nicht geflüchtet. Er hätte sie mit der gleichen Kampfbereitschaft durchgefochten, mit der er sich für Raines und Valenti eingesetzt hatte. Vielleicht spielte er mit miesen Tricks, vielleicht log er, betrog, stahl, war gewalttätig – aber aufstecken würde Medina nicht. Er würde sich nicht das Leben nehmen.
    Doch genau das hatte Abe am Ende geglaubt. Es hatte so überzeugend geklungen und seinen Fall abgeschlossen. Ein süßer, süßer Schokoriegel.
    Wieder San Francisco und seine Fälle.
    Seine Stadt. Seine Heimat.
    Er wußte, warum er hier war. Weil er ein Polizist aus San Francisco und Rusty Ingraham, wie er zu Flo gesagt hatte, sein Fall war. Sein persönlicher Fall.
     
    »Wieviel Geld?« fragte Hardy.
    Rusty Ingrahams Füße waren an den Pfosten von Hardys Bett im El Sol gebunden. Hardy saß in einem Sessel, hatte die Rollos heruntergezogen, hielt die Waffe in der Hand und versuchte wachzubleiben.
    Sein Fuß schmerzte, und er wußte, daß er Fieber bekam.
    Auch wenn er es eigentlich hatte vermeiden wollen – falls Abe nicht in der nächsten Stunde auftauchte, mußte er die mexikanische Polizei einschalten. Und einen Weg finden, dennoch nicht wegen Waffenbesitzes verhaftet zu werden. Wenn er die Waffe auch nur für eine Minute von Rusty abwandte, würde sich der aus dem Staub machen.
    Noch schlimmer war, daß Rusty mehr als zwei Stunden geschlafen hatte, nachdem sie hierher gekommen waren. Mit den Füßen an den Pfosten gefesselt, hatte er sich rücklings aufs Bett gelegt und nach fünf Minuten angefangen zu schnarchen.
    Hardy hatte aus der Küche eine Kanne Kaffee bestellt und die Tür einen Spaltbreit geöffnet, um sie entgegenzunehmen. Rusty hatte sich nicht gerührt.
    Jetzt lag Rusty auf seinen gesunden Ellbogen gestützt, mit wachen und scharfen Augen. »Fast fünfzigtausend …«
    Hardy staunte. Der Kerl würde seine verstorbene Mutter belügen. »Was ist mit den restlichen fünfunddreißigtausend passiert?« fragte er.
    Rusty brauchte eine Minute. »Himmel, du weißt ja alles.«
    Hardy nickte. »Ich weiß, daß Maxines Scheck auf fünfundachtzigtausend ausgestellt war und daß ihr Mann davon keinen Cent gesehen hat.« Er benötigte ein paar Minuten, um Rusty von den anderen Dingen zu erzählen, die er wußte, und von dem, was er unternommen hatte, seit Rusty verschwunden war.
    »Ich bin beeindruckt. Du hast dich tatsächlich durch den Kanal treiben lassen, um die Strömung zu prüfen?«
    »Ich habe eine Menge Zeit verschwendet. Und nicht nur das.«
    Rusty schien keine Angst mehr zu haben, sondern wurde zusehends vergnügter, während sie über die Sache sprachen. »Wäre vielleicht besser gewesen, dich aus dem Plan rauszuhalten. Aber ich brauchte eben jemanden, der – nur am Rande – von der Angelegenheit betroffen war. Ich meine, wir beide, du und ich, waren nicht unbedingt die besten Freunde. Man hätte dir geglaubt.«
    »Sie wären irgendwann drauf gekommen.«
    »Warum hast du es dann nicht dabei belassen?«
    Hardy fiel keine Antwort ein. Wie konnte man einem farbenblinden Menschen erklären, was Rot war? Er hörte sich sagen: »Weil es nicht die Wahrheit war. Weil ich fast meinen besten Freund erschossen hätte. Weil ich mich eine Woche lang zu Tode geängstigt habe. Wegen Frannie und Jane …« Er trank den Rest des Kaffees, der bitter und lauwarm war.
    »Was soll’s?« fragte Rusty trocken.
    »Ich begreife nicht«, sagte Hardy statt einer Antwort, »warum du nicht einfach bezahlt hast. Du hattest das Geld, ich meine, auch bevor Maxine kam. Wieviel war’s? Fünfundzwanzigtausend? Warum hast du Johnny La-Guardia nicht seine fünf oder sechs Tausender gegeben? Du wärest raus gewesen und hättest die Angelegenheit vergessen können.«
    Rusty antwortete sofort. »Du kannst nicht vergessen, Diz. Du kommst nicht raus, nie mehr. Weißt du, wieviel ich dem verdammten Angelo Tortoni während der letzten fünf, sechs Jahre gezahlt habe? Zwischen fünfhundert und tausend pro Woche, etwa zweihundertfünfzig Wochen lang, und das ist

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