Die Rache
wie Wyatt Earp zu so hohem Ansehen hatte gelangen können. Alle zehn Minuten hatte er hinter den Doppeltüren nach dem rechten gesehen.
Kurz nach drei war er am Ende des Buches angelangt und hatte Hardy geweckt. Der hatte Fieber, war aber sonst okay. Er hatte noch ein paar Tabletten genommen, dann setzten sie sich einander gegenüber auf die Terrasse.
»Okay«, sagte Abe, »und jetzt?«
»Ich hatte gehofft, das würdest du mir sagen.«
Abe lehnte sich zurück und sog durch die Vorderzähne Luft ein. »Du willst mit ihm zurückfahren, wir alle zusammen?«
»Drei Tage in einem kleinen Auto, und ich weiß nicht, wie ich mich fühlen werde«, antwortete Hardy. »Es ist mir schon mal besser gegangen.« Er dachte einen Moment nach. »Besteht keine Möglichkeit, daß sie ihn hier behalten?«
Abe schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Ich bin nicht offiziell hier. Festnehmen kann ich ihn nicht.«
»Aber sie können ihn festnehmen, oder?« Abes Narbe straffte sich. »Hier geht das Gerücht um, jeder könne für alles mögliche verhaftet werden. Ein unterwürfiger, kooperativer Polizeibeamter aus Kalifornien wie ich, zum Beispiel, könnte wahrscheinlich mit den örtlichen Behörden sprechen und etwas arrangieren.« Abe stand auf, gähnte und sah in das Zimmer. »Er ist gut festgebunden, Diz. Laß uns hinunter zum Pool gehen.«
Sie hatten ihn bis jetzt nicht erwischt, weil sie nicht allzu schlau waren.
Gut, sie hatten die Waffe. Aber eine Waffe hat keinen Sinn, wenn man sie nicht benutzen kann. Hardys Schuß heute morgen hatte ihn ein wenig erschreckt und für einen Moment vergessen lassen, wo sie sich befanden. Es war möglich, daß Hardy verrückt genug war, auf ihn zu schießen, und die Konsequenzen wären fatal.
Jetzt aber, wo Glitsky hier war, würde es nicht dazu kommen. Glitsky war ein guter Polizist und würde versuchen, ihn offiziell verhaften zu lassen und eine Auslieferung zu erreichen. Wenigstens hatten sie das draußen bei offener Tür gesagt, in der Annahme, daß er noch schliefe. Nicht allzu schlau.
Es war überraschend bequem mit den Kissen und der Decke. Rusty überdachte seine Möglichkeiten.
Wenn sie ihn losbanden, würden sie ihn vermutlich zu Hardys Wagen bringen und dort wieder verschnüren. Selbst wenn die Fahrt lang war, war es ihre einzige Chance. Aber er hatte keine Lust, drei oder vier Tage in Fesseln zu verbringen und in Richtung Grenze zurückzufahren.
Auf der anderen Seite könnte er vorgeben mitzuspielen, sich zahm verhalten, ihnen erlauben, ihn zur mexikanischen Polizei zu bringen, und dann freundlich darauf hinweisen, daß die Herren Glitsky und Hardy ihn gekidnappt hatten. Schauen Sie sich das an: Unerlaubter Waffenbesitz! Bereitet es Ihnen, den mexikanischen Behörden, nicht das größte Unbehagen, bewaffnete Zivilisten zu begegnen, besonders ausländischen? Und ganz besonders großschnäuzigen nordamerikanischen Polizisten, die sich einen Teufel um die Auslieferungsformalitäten kümmern und die Mexikaner für stinkende Hunde halten? Die sich hier – ohne Absegnung von oben – illegal bewegen? Jeder normale, anständige Chico, der etwas auf sich hielt, würde bei einer solchen imperialistischen Arroganz in Weißglut geraten.
Keine Frage. Sie würden sich Glitsky und Hardy zuerst vornehmen.
Seine Chancen standen in diesem Fall weitaus besser als bei einer Autofahrt in Richtung Grenze.
Sie würden ihn nicht auf Glitskys Aussage hin festhalten. In den Vereinigten Staaten lag nicht einmal ein Haftbefehl gegen ihn vor. Hatten sie vergessen, daß er sich mit dem Kram auskannte? Ich bin Jurist, Jungs, das ist mein Beruf.
Er lächelte unter seiner Decke.
Hardy und Glitsky kamen ins Zimmer zurück.
Hardy sagte: »Riskant ist es trotz allem.«
Glitsky trat ihn mit dem Fuß und zog die Decke weg.
Er rührte sich, stöhnte, zog eine prächtige Show ab. »Das war eine gute Erholung«, sagte er. »Wie spät ist es?«
Am späten Nachmittag saßen sie unter freiem Himmel an einem Tisch an der Esplanade, drei amerikanische Touristen, die hinaus auf die Bucht schauten, auf die Gestalten in den Badeanzügen, die Bettler. Hardy trug seine geladene Waffe im Gürtel unter der Windjacke. Sie aßen Krabbencocktails und tranken Heineken vom Faß. Rusty sagte, er werde mit seinen Gewinnen vom Vortag bezahlen. Er war erholt und schien in Hochstimmung zu sein.
Hardy entschuldigte sich und ging zur Toilette.
»Ich weiß das letzte Mahl zu schätzen«, sagte Rusty.
Abe nickte
Weitere Kostenlose Bücher