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Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition)

Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition)

Titel: Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tyler Hamilton
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Sportjournalisten sich gerade auf den Super Bowl konzentrierten.
    Staatsanwalt André Birotte Jr. gab heute bekannt, dass
sein Büro die strafrechtliche Untersuchung zum Vorwurf der kriminellen
Handlungsweise gegen Mitglieder und Verantwortliche eines Radteams im
teilweisen Besitz von Lance Armstrong geschlossen hat.
    Der Staatsanwalt hat entschieden, dass eine öffentliche
Bekanntgabe bezüglich der Einstellung des Verfahrens aufgrund zahlreicher
Berichte über die Untersuchung in den Medien auf der ganzen Welt gerechtfertigt
ist.
    Ich las den Text dreimal. Dann marschierte ich in die
Küche und schlug mit der Faust gegen den Kühlschrank.
    Lance hatte einen Weg gefunden. Lance’ Freunde hatten einen Weg
gefunden, Novitzky zu schlagen.
    Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich hatte das Gefühl, als
hätte es in meinem Kopf einen Kurzschluss gegeben, und nun sprühten die Funken
hervor. Es war wie der allerfürchterlichste Sturz, nur ohne die Genugtuung der
physischen Schmerzen. Ich tigerte in unserem kleinen Haus herum und versuchte
zu begreifen, was das nun zu bedeuten hatte – für mich, für Lindsay, für meine
Eltern. Lindsay wollte mich in den Arm nehmen und trösten, aber ich schob sie
von mir. Tanker fing aufgeregt zu bellen an. Ich ging im Zimmer auf und ab wie
ein gefangenes Tier; nach ein paar Stunden sank ich auf die Couch und fiel in
einen traumlosen Schlaf.
    Am Montag telefonierte ich mit Novitzky. Seine Stimme klang
angespannt, und er sprach abgehackt. Er bemühte sich, sachlich zu bleiben, aber
ich konnte die Wut und den Frust aus seinen Worten heraushören.
    »Am Wochenende hab ich mir überlegt, meinen Job an den Nagel zu
hängen«, sagte Novitzky.
    »Und ich habe daran gedacht, das Land zu verlassen«, erklärte ich.
    »Ich auch.« Novitzky lachte gezwungen.
    In den Nachrichten war man sich einig: Es war ein überraschender
Schritt gewesen. Birotte, der vom Präsidenten ernannt worden war, hatte die
Ermittlungen eingestellt, ohne jemanden zu Rate zu ziehen. Gerade mal fünfzehn
Minuten vor Herausgabe der Pressemitteilung informierte er alle per E-Mail.
Weder Doug Miller noch Novitzky wurden nach ihrer Meinung hinsichtlich der
Beweislage und der Stichhaltigkeit des Beweismaterials, das sie
zusammengetragen hatten, gefragt. Zwanzig Monate Ermittlungsarbeit. Tausende
von Stunden. Hunderte von Seiten mit Zeugenaussagen vor der Grand Jury und
andere Beweismittel, in einem Karton verstaut und zu den Akten gelegt, als
hätten sie niemals existiert. [1]
    Die nächsten Wochen waren hart. An manchen Tagen fiel es mir schwer,
morgens aufzustehen; an anderen Tagen konnte ich meiner Wut und meiner Ungeduld
kaum Herr werden. Ich war sicher nicht leicht zu ertragen, aber Lindsay war
unglaublich geduldig mit mir. Einen Lichtblick gab es allerdings: Von einem Tag
zum anderen hatten Lindsay und ich nicht mehr das Gefühl, beobachtet zu werden.
Unsere Telefone und Computer spielten nicht mehr verrückt. Und es parkten auch
keine seltsamen Leute mehr vor unserem Haus oder spähten uns im Supermarkt aus.
    Ich schlief viel und blieb die meiste Zeit im Haus; ich mied die
Coffeeshops und Restaurants in der Pearl Street, wo die Radsportler
herumhingen. Ich rasierte mich nicht. Ich ging kaum online; ich wusste, die
Lance-Fans würden die Einstellung des Falls wie einen Triumph feiern und eine
virtuelle Ehrenrunde drehen wollen. Meine Mailbox füllte sich mit Mitteilungen
von Freunden und von Journalisten, die eine Stellungnahme erwarteten. Doch was
sollte ich schon sagen?
    Lance hingegen wusste sehr genau, was er zu sagen hatte. In einem
Interview mit Men’s Journal sprach er davon, wie
erleichtert er über die Einstellung des Verfahrens sei, und dass er nun keine
Lust mehr habe zu kämpfen. »Ich denke, ich habe wirklich genug«, sagte Lance.
Er werde sich nicht widersetzen, falls die USADA versuchen sollte, ihm einen oder mehrere Tour-Titel abzuerkennen. »Das spielt
keine Rolle mehr. Ich laufe nicht herum und prahle damit, dass ich siebenfacher
Tour-de-France-Gewinner bin. Ich habe dafür hart trainiert, ich habe siebenmal
gewonnen, und das ist phantastisch. Aber es ist Vergangenheit.«
    In einem Interview mit Gavin Newsom, dem ehemaligen Bürgermeister
von San Francisco, machte Lance seinen Standpunkt noch deutlicher. »Falls
jemand zu mir käme und sagen würde, ›Weißt du, ich glaube, du hast betrogen, um
die Tour de France siebenmal zu gewinnen‹, dann würde ich buchstäblich hergehen
und antworten:

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