Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition)
forderte, dass die Angelegenheit »nicht weiter verfolgt« werde. Er
arrangierte für Armstrong und Bruyneel ein privates Treffen mit Dr. Martial
Saugy, dem Direktor des Labors. Armstrong spendete später in zwei Chargen
insgesamt 125 000 Dollar an den Anti-Doping-Fonds des UCI im Einvernehmen,
dass das Geld an Saugys Labor in Lausanne ausgezahlt werde und zur Anschaffung
eines neuen Bluttestgerätes dienen solle.
Nach der Ausstrahlung des 60-Minutes -Berichtes
gab die UCI
eine Erklärung heraus, dass der Verband diese Berichterstattung »kategorisch
zurückweist« und dass man niemals einen positiven Test beeinflusst oder
versteckt habe. »Es wurde niemals etwas vertuscht«, erklärte der ehemalige UCI-Präsident
Hein Verbruggen. »Bei der Tour de Suisse nicht, und auch nicht bei der Tour de
France.«
6 Eine
Ausnahme war der dreimalige Tour-de-France-Gewinner Greg LeMond, der sagte:
»Als Lance 1999 den Prolog der Tour gewann, war ich zu Tränen gerührt, aber als
ich hörte, dass er mit Michele Ferrari zusammenarbeitete, war ich am Boden
zerstört. Angesichts von Lance’ Beziehung zu Ferrari möchte ich die diesjährige
Tour nicht kommentieren. Ich gönne es ihm. Aber ich bin enttäuscht von Lance,
das ist alles.«
Kurze Zeit später erhielt LeMond einen Anruf von Lance.
LeMond sagt, Armstrong habe ihm gedroht und sei aggressiv gewesen und habe
darauf hingewiesen, dass LeMonds Geschäfte mit Trek darunter leiden könnten,
einem Sponsor von Postal, mit dem LeMond seine Fahrradmarke vermarktete. Wenige
Wochen später veröffentlichte LeMond eine umständlich formulierte Gegendarstellung.
»Sie haben mir die Pistole auf die Brust gesetzt«, erzählte LeMond später dem
britischen Journalisten Jeremy Whittle. »Das Armstrong-Lager übte unglaublichen
Druck auf mich aus, und meine ganze Firma stand auf dem Spiel.«
NEUSTART
1 Als
Student hatte Cecchini mit Ferrari unter dem Begründer der Trainingslehre
Francesco Conconi trainiert. Cecchini und Ferrari arbeiteten damals gemeinsam
an einer italienischen Mannschaft, bevor jeder seinen eigenen Weg ging. Wie im
Falle von Ferrari hatte die italienische Polizei auch mehrmals gegen Cecchini
ermittelt: Seine Telefone wurden abgehört, sein Haus durchsucht, und einmal
wurde er sogar unter Anklage gestellt (die Anklage wurde später
fallengelassen). All das führte vermutlich zu Cecchinis Wunsch, ein ideeller
Ratgeber zu bleiben.
2 Hamilton
war natürlich nicht der einzige Fahrer, der sich deswegen Sorgen machte. Nach
Aussage von Floyd Landis bewahrte Armstrong Blutbeutel in einem kleinen
Kühlschrank auf, der in einem Wandschrank seiner Wohnung in Girona untergebracht
war. Im Jahr 2003 hatte Armstrong Landis gebeten, während seiner Abwesenheit in
der Wohnung zu bleiben, um sicherzugehen, dass der Strom nicht ausfiel und dass
im Kühlschrank eine konstante Temperatur herrschte.
DIE ATTACKE
1 Nach
Manzanos Darstellung hatten ihm die Teamärzte eine 50-Milliliter-Injektion
Oxyglobin verabreicht, einen Blutersatzstoff. (Kelme-Vertreter bestritten diese
Behauptung und erklärten, Manzano habe einen Hitzschlag erlitten.) Manzano
erkrankte im weiteren Verlauf der Saison abermals schwer, nachdem er bei der
Portugal-Rundfahrt eine Eigenblut-Infusion erhalten hatte, und legte im
Gespräch mit der spanischen Sport-Tageszeitung AS ein
Geständnis ab. Diese Äußerungen lösten in Spanien dann die unter der
Bezeichnung Operación Puerto bekannt gewordenen Ermittlungen aus, die zur
Verhaftung von Eufemiano Fuentes führten und letztlich auch den Skandal
auslösten, der die Karrieren von Jan Ullrich und anderen Spitzenfahrern
beendete.
ALLES ODER NICHTS
1 Jonathan
Vaughters, der am Rennen teilnahm, sagt: »Nach dem Anstieg war Floyd [Landis]
buchstäblich weiß im Gesicht; er sah aus wie eine aufgewärmte Leiche. Ich
fragte, was mit ihm los sei, und er erzählte mir, er habe kurz vor dem Rennen
einen Beutel Blut abgenommen bekommen.« Laut Landis hatte das ganze Tour-de-France-Team
von Postal einige Tage vor der Dauphiné eine Transfusion gehabt.
2 Das
war nicht das einzige Mal, dass Lance die Dopingbekämpfer auf seine Rivalen
ansetzen wollte. Einige Tage vor Tourbeginn 2003 hatte er E-Mails
an die UCI,
die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA und die Veranstalter der Tour de France
gesandt, in denen er den Verdacht äußerte, spanische Fahrer setzten künstliches
Hämoglobin ein.
3 Laut
Landis führte Postal während der Tour de France 2004 beim
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