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Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition)

Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition)

Titel: Die Radsport-Mafia und ihre schmutzigen Geschäfte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tyler Hamilton
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stammt das Zeug? Was bewirkt es genau? Er
zeigte sich denn auch spürbar beunruhigter in Sachen Doping als wir anderen,
war aber beileibe kein Abstinenzler: Nein, er stellte sogar einen
Streckenrekord für den Mont Ventoux auf, eine der berüchtigtsten und schwersten
Bergpassagen im Radsport.
    Wir hatten Christian Vande Velde, einen lässigen, ungemein
talentierten Fahrer aus Chicago, dessen Ruhm nicht nur auf seiner eigenen
Stärke beruhte, sondern auch darauf, dass sein Vater John Vande Velde in der
klassischen Filmkomödie Breaking Away (dt.: Vier irre Typen – Wir schaffen alle, uns schafft keiner )
einen bösen italienischen Radrennfahrer gespielt hatte. Christian war 23   Jahre
alt, fuhr das zweite Jahr in Europa und war von allem noch sehr beeindruckt; er
erinnerte mich ein bisschen an mich selbst.
    Wir hatten Peter Meinert Nielsen aus Dänemark und den Franzosen
Pascal Deramé, zwei gute Tempomacher auf der Ebene – und zwei überaus nette
Kerle. Wir hatten ein tolles Betreuerteam, darunter Emma O’Reilly aus Irland
und Freddy Viane aus Belgien, die voll auf Zack und noch dazu immer lustig
waren.
    Dann gab es noch eine andere Art Teamkameraden: die unsichtbaren,
über die man nie spricht, die aber auf lange Sicht vielleicht sogar wichtiger
sind. Auftritt Motoman und Dr.   Michele Ferrari. Ich begegnete ihnen ungefähr
zur gleichen Zeit, im Frühling 1999, während der Vorbereitung auf die Tour.
    Motoman traf ich am 15.   Mai in Lance’ und Kristins Villa
in Nizza, kurz nach meiner Ankunft aus Boston. Sein Vorname war Philippe, den
Nachnamen habe ich nie erfahren. Er schnitt gerade die Rosen. Ich weiß noch,
wie sorgfältig er die Rosenschere handhabte, als sei seine Aufgabe von
entscheidender Wichtigkeit. Philippe war schlank und muskulös, hatte kurz
geschorenes braunes Haar und eine breite Stirn. Er trug einen goldenen Ohrring
und strahlte diese typisch französische Coolness aus, die signalisiert: Nichts, was du sagst oder tust, kann mich überraschen.
    Lance gab mir einen kurzen Überblick über Philippes Lebenslauf: Er
war früher als Amateur für ein französisches Team gefahren und darüber hinaus
Kumpel von Sean Yates, einem britischen Profi, der wiederum mit Lance
befreundet war. Er arbeitete als Mechaniker in einer Fahrradwerkstatt in der
Nähe, kannte alle Straßen der Gegend aus dem Effeff und konnte uns die besten
Kletterstrecken zum Trainieren zeigen. Lance hatte ihn als eine Art Hausmeister
und Mädchen für alles eingestellt. Philippe schien sehr stolz auf diesen
Status, aber genauso stolz war Lance, dass er diesen coolen französischen Typen
kannte. Am allercoolsten war Philippes Motorrad. Ich sah es, als er abfuhr; es
war eine mörderische, chromblitzende Maschine mit dem Appeal eines
Gangsterbikes.
    Kristin kam heraus und begrüßte uns; sie war im vierten Monat
schwanger. Lance und sie hatten die Villa erst kürzlich gekauft, und zwar, so
wie sie aussah, für ein Vermögen. Es überraschte mich nicht, dass Lance auf
großem Fuß lebte; er hatte schon vor seiner Krebserkrankung gut verdient und
wusste, wie man das Geld stilvoll wieder ausgab. Um uns herum waren Handwerker
mit den Renovierungsarbeiten beschäftigt und ließen einen Termin nach dem
anderen platzen, wie es am Mittelmeer üblich ist.
    »Scheißfranzosen«,knurrte Lance.
    Auf mich wirkte die Villa wie eine Filmkulisse. Rosenbeete,
Swimmingpool, Marmorbalkone mit Blick über die roten Ziegeldächer von Nizza auf
das blaue Meer. Unwillkürlich wurde ich ein bisschen neidisch; Lance und
Kristin bauten sich ein Leben auf, wie Haven und ich es uns manchmal
erträumten. Wir waren uns einig, dass es noch zu früh für Kinder war, bevor wir
uns ein bisschen eingerichtet hatten, auch schwebte uns eher ein Landhaus vor als
eine mondäne Villa. Aber eines Tages – unbedingt.
    Im Moment dachte ich aber eher an die unmittelbare Zukunft. Ich
hatte zwei Wochen in Boston verbracht und dabei ohne unseren Freund Edgar
auskommen müssen (damals war ich noch nicht so weit, EPO durch den Zoll zu schmuggeln, und im Land selbst hatte ich keine Quelle dafür).
Folglich war mein Hämatokritwert ganz unten, und ich brauchte einen
ordentlichen Kick, gerade jetzt vor einer harten Trainingsperiode. Als Kristin
uns allein ließ, fragte ich Lance:
    »He, Mann, hast du ein bisschen Poe, das ich mir ausborgen könnte?«
    Lance wies lässig auf den Kühlschrank. Als ich ihn öffnete, sah ich
in der Tür, neben einer Tüte Milch, einen Karton EPO  –

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