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Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring

Titel: Die Räder der Welt - Lake, J: Räder der Welt - Mainspring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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erreichen, aber nicht alle hörten auf ihre Anweisung. Mindestens drei Kanus und zwei Flöße paddelten begeistert hinaus auf das offene Meer und waren bald außer Hörweite.
    Verzweiflung überkam Hethor, denn er befürchtete, sie nie wiederzusehen.
    »Es ist ihr Weg«, rief Arellya ihm zu, um das Rauschen der Brandung zu übertönen.
    Als sie sich in Richtung Süden gegen die Strömung vorankämpften, betrachtete Hethor die Küste. Soweit er wusste, war Malgus irgendwo in dieser Gegend gelandet, aber hier nach ihm zu suchen wäre die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen gewesen.
    Hethor schaute sich die baumbestandene Küste an. Wie schon am Fluss reichte der Dschungel bis an die Wasserkante, ohne dass es Dünen oder Salzmarschen oder gar felsige Landspitzen gab; diese Art Geografie kannte Hethor vom Long Island Sound. Selbst am Horizont schien der Dschungel nicht zurückweichen zu wollen. Auf seiner gesamten Reise seit Arellyas Dorf war Hethor eine große, grüne Ebene entlanggeeilt.
    Schließlich entdeckte er etwas, was nicht hierher gehörte – eine hohe Turmspitze, die im Licht der Nachmittagssonne funkelte. Hethor zeigte darauf und bedeutete Arellya und den anderen, in Richtung seines ausgestreckten Arms zu schauen.
    »Es ist Stein«, sagte Arellya. »Und auf ihm brennt ein großes Feuer.«
    Ein Leuchtturm!, schoss es Hethor durch den Kopf. Was bedeutete, dass ein größerer Hafen in der Nähe sein musste. »Eine Stadt erwartet uns«, rief er. »Ein großes Dorf aus Booten und Steinen und Felswege, wie ihr sie noch nie gesehen habt.«
    Das vergessene Volk jubelte ihm zu, denn es war auf Abenteuerfahrt, und da es das Meer gesehen hatte, war es zu allem bereit.
    Zwei Stunden lang fuhren sie nach Süden und kamen dem Leuchtturm näher. Währenddessen schlugen die Wellen immer höher. Hethor wusste, dass sich ihnen vom Meer her ein Sturm näherte. Obwohl sie ihr Ziel noch nicht erreicht hatten, beschloss er, die Flottille an Land Schutz suchen zu lassen.
    »Land!« Hethor hatte die Hände trichterförmig um den Mund gelegt. »Wir müssen an Land gehen!«
    Der auffrischende Wind verschluckte seine Worte, obwohl er sich in dem gefährlich schwankenden Kanu hingestellt hatte. Er wedelte mit den Armen, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, und Arellya stimmte in seine Rufe ein.
    Einige Angehörige des vergessenen Volkes sahen ihn winken, andere nicht – oder sie ignorierten ihn, weil sie unbedingt den Leuchtturm erreichen wollten. Die Erkenntnis, dass dieses Volk noch nie das Meer gesehen hatte und nichts von Stürmen oder der offenen See verstand, bereitete Hethor große Sorgen. Er wünschte sich, sie wären an der Flussmündung an Land gegangen und zu Fuß nach Süden marschiert. Sicherlich hätte das vergessene Volk sich damit bestens ausgekannt, und sie alle hätten das Meer von der Sicherheit der Küste aus bewundern können.
    Unter den gegebenen Umständen waren Hethor, Arellya und ihre Paddler die Einzigen, die ihr Boot auf den Strand setzten. Sie erhaschten einen Blick auf Kanus und Flöße, die weiter im Süden gegen die Dünung ankämpften und versuchten, trotz Wind und Regen das Ufer zu erreichen. In der Abenddämmerung ließ der nahende Sturm die Wellen nur noch höher schlagen.
    Hethor und zehn Angehörige des vergessenen Volkes versammelten sich im dürftigen Schutz eines Palmenhains. »Wir müssen den anderen helfen«, rief Hethor.
    »Bei diesem Wetter kann niemand umherlaufen«, brüllte jemand zurück.
    »Schutz«, sagte Arellya.
    Hethor konnte sie nicht dazu überreden, etwas für die anderen zu tun. Er wurde von Schuldgefühlen geplagt, während seine Begleiter eine Abdeckung in die Wurzelballen mehrerer zypressenähnlicher Bäume flochten, die nur wenige Schritte hinter den Palmen an Land standen. Einige der Boote würden sicherlich kentern, und viele der ihren würden ertrinken. Arellya jedoch schien dies nicht zu bekümmern, und die ehemaligen Paddler arbeiteten fast so gut gelaunt wie sonst.
    Als sie später unter der Abdeckung saßen, ohne Licht und mit nur wenig kaltem Essen im Magen, rollte Hethor sich zwischen Arellya und einem anderen Angehörigen des vergessenen Volkes zusammen. Die anderen ahmten ihn nach.
    »Warum fällt der Tod euch so leicht?«, fragte er Arellya.
    Sie drehte sich halb um, bis er ihren süßen Atem riechen konnte, und flüsterte: »Es fällt niemandem leicht, auf den Pfaden des Todes zu wandeln.«
    Er konnte selbst in der Dunkelheit ihrer kleinen Zuflucht

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