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Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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es gerade getan haben, könnten Sie schlafende Hunde wecken.«
    Sie war sich nicht sicher, was sie darauf antworten sollte, und sagte daher nichts. Stattdessen nahm sie einen vielversprechenden Stein in die Hand und half ihm dabei, den Rumpf sauber zu kratzen.
    Am selben Nachmittag noch war Ming zur Abfahrt bereit. Sie hatten einige Flaschenkürbisse geerntet, damit er Wasser mitnehmen konnte, und hatten genügend Obst für die Überfahrt zusammengetragen. Sumatra war am Horizont noch zu erkennen.
    Paolina half ihm, das Boot ins Wasser zu schieben. Gashansunu sah ihnen aus einiger Entfernung zu. Die Frau aus dem Süden hatte im Lauf des Tages nur wenig gesagt. Paolina berührte Ming am Arm und fragte sich, ob sie ihn umarmen sollte, aber er lächelte nur und kletterte über das Dollbord ins Boot.
    »Ich gehe jetzt«, sagte Ming. »Leben Sie wohl, und möge alles Glück der Meere in Ihrem Kielwasser schwimmen.«
    »Leben Sie wohl.«
    Und damit war es vorbei. Er ruderte los. Das Gesicht ihr zugewandt, hielt er den Kopf jedoch gesenkt und konzentrierte sich auf seine Aufgabe. Sie fragte sich, ob er weinte, denn sie tat es und konnte sich nicht entscheiden, ob es für sie eine Ehre oder ihrer beider unwürdig war.
    Paolina sah ihm lange hinterher, bis er nur noch ein grauschwarzer Fleck auf dem Wasser war, und ging dann zu Gashansunu zurück.
    »Du willst nicht an einen bestimmten Ort«, sagte die Hexenmeisterin mit fast wehmütiger Miene, was Paolina als merkwürdig empfand. »Du willst zu einer Person.«
    »Genau.«
    Als das Tageslicht schwand, lag ein gebratener Fisch auf breiten Blättern zwischen ihnen. Paolina hatte als Beilage einige herb schmeckende Früchte mit grünem Fleisch gesammelt, und sie hatten Platz genommen.
    Gashansunu schnalzte mit der Zunge. »Wir werden auf Schwierigkeiten stoßen.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Du hast mir die Schweigende Welt gezeigt, die Übereinstimmungen mit der wirklichen Welt aufweist.«
    Die Frau unterbrach sie. »Die Schweigende Welt ist die wirkliche Welt. Das hier ist die Schattenwelt. Wenn du dich auf dem Übergang zwischen den beiden bewegst, tust du gut daran, das nicht zu vergessen.«
    Paolina wunderte sich, dass die Welt des Sonnenlichts die Schattenwelt sein sollte. »Auf jeden Fall entspricht die Schweigende Welt der Schattenwelt, was ihre Lage angeht, obwohl sie nicht dieselbe Größe haben.«
    »Sie entsprechen sich auch bei den Personen. Ich bin der Schatten meines wa .«
    »Es ist doch sicher andersherum? Rufst du dein wa nicht?«
    »Nein«, sagte Gashansunu, »du verwechselst Ursachen und Wirkungen. Es gibt in der Schweigenden Welt nicht eine einzige Sonne, die alle Schatten in dieselbe Richtung wirft, und daher erscheinen uns die Überschneidungen auch so unvollkommen.«
    Paolina hakte nach. »Dieser Strand hat in der Schweigenden Welt doch eine Form, oder?« Was ist die Schweigende Welt, wenn sie der mächtigen Metapher dieser Frau entkleidet ist? »Menschen haben in der Schweigenden Welt eine Form, aber sie bewegen sich durch unterschiedliche Orte und zu unterschiedlichen Zeiten. Es ist viel leichter, von einem Ort zu einem Ort zu wechseln, als von einem Ort zu einer Person.«
    »Das ist der Wahrheit schon recht nah«, sagte Gashansunu vorsichtig. »Du überraschst mich.«
    »Vielen Dank.« Paolina wurde klar, dass diese Frau einem weiblichen fidalgo entsprach, ähnlich wie die Maske Childress.
    Gashansunu schnalzte erneut mit der Zunge. »Wie würdest du durch die Schweigende Welt reisen, um eine dir bekannte Person zu erreichen?«
    Dieser Frage hatte Paolina viel Zeit gewidmet, seit sie von der anderen Seite der Mauer an diesen Strand zurückgekehrt war. »Das Einfachste wäre, wenn mir der Standort der Person bekannt ist. Wollte ich Hethor besuchen, so müsste ich nur sein Dorf betreten. Er wird sich in der Nähe befinden.«
    »Sprich weiter«, ermunterte sie die Hexenmeisterin.
    »Wenn die Person von einem Ort zum anderen wechselt, so wie es ein Jäger oder Händler tut, dann könnte ich diese Orte nacheinander aufsuchen, aber das wäre auch nicht viel anders als mein erstes Beispiel.«
    »Was, wenn du ihren Standort nicht kennst? Wie jetzt bei Boas?«
    »Ich kenne Orte, an denen er gewesen ist«, antwortete Paolina langsam, während sie noch über die Zusammenhänge der Geografie beider Welten nachdachte. Was war die Schweigende Welt? Vielleicht eine Vorlage für diese Welt? »Ich könnte sie aufsuchen, als ob ich mich zu Fuß oder per Luftschiff

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