Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Die Räder der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Die Räder der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
Vom Netzwerk:
sein muss, verdammt noch eins.«
    Paolina
    Eine flache Bucht, in der Pfähle in dem Schlamm steckten, der sich vor dem Strand ins Wasser hinaus erstreckte. Eine zerklüftete Nehrung zu ihrer Rechten, mit Bäumen, die ihr vertraut vorkamen. Eine Felsnase, die sich zu ihrer Linken erhob, wie ein schmächtiger Verwandter des ungleich höheren Steinmassivs dahinter.
    Der Mauerschatten verdunkelte das Wasser, eine riesige, quadratische Wolke von der Größe der Welt. Die letzte Jahreszeit war angebrochen, und daher hatte sich die Sonne in Richtung Süden bewegt. Ein Vogelschwarm in V-Formation war von entfernten Bäumen aufgestiegen und durchquerte den Himmel auf dem Weg zum Licht.
    »Wir sind da«, sagte Ming auf Chinesisch. »Unsere gesamte Reise ist somit aufgehoben, als ob sie nie stattgefunden hätte.«
    Sie löste das Band von seinem Handgelenk und reichte es Gashansunu. Die Hexenmeisterin legte es wortlos zusammen. Die Frau schien nachdenklich und abgespannt.
    »Dies war für mich ein Schritt innerhalb eines Moments«, sagte Paolina. »Wie kam dir der Übergang vor?«
    »Ich habe meine Kräfte dazu benutzt, dir auf deinem Weg zu folgen«, sagte die Frau aus dem Süden. »Als wir die Mauer überquerten, schrie mein wa auf.« Sie verstummte.
    Paolina packte den Schimmer gemeinsam mit der zerrupften Engelsfeder weg und machte sich daran, Ming bei der Suche nach dem Boot zu helfen. Sie waren vor nur wenigen Wochen hier entlanggekommen und entdeckten das Boot daher recht schnell im Strauchwerk wieder. Kletterpflanzen hatten den Rumpf bereits in Beschlag genommen, und Moos war auf dem umgedrehten Kiel gewachsen.
    »Ich sollte das vor meiner Abfahrt abkratzen«, sagte Ming zu ihr. »Nur um sicherzustellen, dass sich keine Holzfäule eingestellt hat.«
    »Dann helfe ich Ihnen. Ich fühle mich noch nicht in der Lage, Ihnen Lebewohl zu sagen.«
    Sie zogen das Boot kieloben auf den verschlammten Strand. Ming suchte nach harten Muschelschalen oder scharfkantigen Steinen, während Paolina zu den Rudern und zur zusammengerollten Abdeckplane zurückging, die sie unter dem Rumpf versteckt hatten.
    Ordentlichkeit, Struktur, Solidität. Nun bedeuteten diese Eigenschaften Mings Freiheit.
    Sie war sich über die Entfernung bis nach Taiwan nicht im Klaren, aber es schien sich um eine sehr lange Strecke zu handeln.
    Paolina traf am Boot wieder auf Ming, der die Nützlichkeit seiner behelfsmäßigen Werkzeuge begutachtete. »Wie werden Sie die Reise überstehen?«
    »Ich muss Sumatra in diesem Boot erreichen. Die Strecke ist nicht länger als unsere Hinreise. Dort kann ich jemanden finden, der mich nach Singapur bringt. Anschließend werde ich auf einem Schiff Richtung Norden anheuern, einem kleinen Frachter oder Küstendampfer. Ein fähiger und schweigsamer Mann bleibt auf See nicht lange arbeitslos.«
    »Und dann nach Eluanbi?«
    »Irgendwo in Taiwan«, sagte er. »Ich kann nicht nach Tainan gehen. Wir sind sicherlich schon längst für vogelfrei erklärt worden. Admiral Shen würde uns vielleicht vergeben, wenn er die ganze Wahrheit erführe, aber die Beiyang Navy kann sich das nicht erlauben. Der Drachenthron könnte sich so etwas nicht einmal vorstellen. Meine Ehre ist verschachert worden, also muss ich mein Leben führen, so gut es geht.«
    »Es tut mir sehr leid«, fing sie an, aber er brachte sie mit einem Blick zum Schweigen.
    »Ich bin Kapitän Leung gefolgt. Auch jetzt glaube ich noch, dass seine und Admiral Shens Absichten nicht so weit auseinanderliegen. Wenn die Five Lucky Winds die Maske Childress dorthin bringt, wo sie die Goldene Brücke aufhalten kann, wie sie es vorgeschlagen hat, dann werden unsere Opfer nicht umsonst gewesen sein.«
    »Hoffentlich wird sie ihr Ziel erreichen.«
    Ming zuckte mit den Achseln. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie sie das schaffen will, aber ich bin auch weder Kapitän noch Maske.«
    »Wenn sie sich in meiner Nähe befände, könnte ich sie mitnehmen.« Paolina fühlte sich durch den Druck der Taschenuhr an ihrem Oberschenkel beruhigt.
    »Ich sollte mir vermutlich nicht anmaßen, Ihnen einen Ratschlag erteilen zu wollen«, sagte Ming. »Sie sind so etwas wie eine Maske oder eine Prinzessin des Kaiserlichen Hofs, während ich bloß ein Matrose aus der Provinz bin.«
    »Keine falsche Bescheidenheit! Sie gehörten zu den wichtigsten Matrosen an Bord der Five Lucky Winds .«
    »Das mag sein. Wie auch immer: Gehen Sie mit Ihren Kräften vorsichtig um. Wenn Sie durch die Welt reisen, wie wir

Weitere Kostenlose Bücher