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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Zugfahrt von Maidstone nach Gosport.
    »Ich sage es Ihnen doch«, meinte al-Wazir zu Ottweill, während unter ihnen das regelmäßige Klappern der Eisenbahnschwellen zu hören war, »ein riesiger Eisenkahn lässt Sie nur schneller sinken, wenn es mal stürmisch wird. Wenn man schon auf dem Wasser gefangen sein will, dann sollte es ein schnelles, flinkes Schiff sein, das gut in Schuss ist. Nicht die riesige, genietete Eisenschildkröte irgendeines Irren.«
    »Aber der Platz für unsere Ausrüstung und unsere gesamte Besatzung«, hatte Ottweill protestiert. »Es ist unverwüstlich, es kann nicht sinken. Das Schiff hat sich außerdem sowohl chinesischen Saboteuren als auch feindlichen Eingeborenen gegenüber behauptet.«
    »Gibt keinen einzigen Krauskopf auf der Welt, der ein englisches Schiff versenken könnte«, knurrte al-Wazir, der sich in seiner Ehre gekränkt fühlte. »Und es gab noch nie ein Schiff, das man nicht hätte versenken können, außer es säße nur an Land, wie eins von diesen Schiffen, die die heidnischen Könige früher als Grabbeigabe erhielten.«
    »Weder sind wir heidnische Könige noch Engländer«, sagte Ottweill mit einem verschmitzten Grinsen.
    Diese Bemerkung hätte bei Kitchens spontan für einen Anfall gesorgt. »Wir dienen Ihrer Kaiserlichen Majestät, mit Leib und Seele und mit unseren Schwertern.«
    »Natürlich tun wir das.« Ottweill beugte sich vor, und seine Knie berührten in dem engen Abteil beinahe die al-Wazirs. »Aber Sie sollten auch verstehen, dass wir der Mauer dienen. Deswegen sind wir beide hier, mein guter Bootsmann. Wir sind beide Männer mit einer Vision! Wir sehen dorthin, wo hin die gesenkten Blicke anderer nicht reichen. Wenn wir einen Weg durch die Mauer treiben, dann wird man Schulkindern in tausend Jahren unsere Namen beibringen.«
    » Ihren Namen vielleicht«, sagte al-Wazir barsch, aber das heimliche Lächeln auf seinem Gesicht konnte er doch nicht verhindern. »Ich bin nur ein Seebär, der ein bisschen was von der Welt versteht.«
    Die Mauer. Sie hatte die Bassett verschlungen, Smallwood und den größten Teil ihrer Besatzung. Eine Generation davor hatte sie seinen Vater in den Wahnsinn getrieben.
    Bei Gott, dieser Irre könnte sie vielleicht bezwingen.
    Und so hatten es die Engländer immer gehalten. Man brachte den Ausländern ein paar Dinge bei, hisste die Flagge und machte einfach alles besser.
    Er war froh, ein Schotte zu sein. Al-Wazir entdeckte unzählige Gründe dafür und das jeden Tag aufs Neue.
    Ottweills Wünschen zum Trotz hatte die Regierung Ihrer Kaiserlichen Majestät das Dampfschiff Wallachian Prince gechartert, nicht die Great Eastern . Sie sollte die Expedition von Gosport nach Acalayong an der Küste Gabuns transportieren, das am östlichen Rand der Bucht von Benin lag – dort, wo Afrika auf die Mauer traf.
    Sie trafen im Hafen von Gosport auf die Wallachian Prince . Sie war ein ziemlich großes Schiff mit einer Gesamtlänge von etwa hundertzwanzig Metern. Sie verfügte über drei gewaltige Dampfkessel, drei Schiffsschrauben und war natürlich schwer gepanzert. Sie besaß keine Masten und konnte daher keine Segel setzen, sollte ihr die Kohle ausgehen und sie deswegen längere Zeit festsitzen. Sie war ein großer Frachter, gebaut, um Schwermaschinen über den Atlantik zu transportieren. Sie hatte nichts mit den Schiffen gemeinsam, die al-Wazir im Lauf seiner Karriere bei der Navy kennengelernt hatte.
    Als er und Ottweill in einem dieser Dampfomnibusse ankamen, stand die Fracht dicht gedrängt auf dem Pier in Priddy’s Hard. Al-Wazir war davon ausgegangen, dass dieses gewaltige Zivilschiff eine ordentliche Menge aufnehmen konnte, aber das hier übertraf selbst seine kühnsten Erwartungen. Der größte Teil bestand aus der Sorte totem Gewicht, die selbst jungen Ladungsoffizieren den Schweiß auf die Stirn trieb – Gleise für die Schmal- und Breitspurweiten, die verlegt werden mussten, Rohmetall, um Teile fertigen oder Geräte bauen zu können, die bei der Arbeit an der Maueroberfläche benötigt wurden, und drei kleine Lokomotiven.
    »Haben wir noch ein weiteres Schiff?«, fragte er, als er aus dem Wagen stieg. Der Gedanke, mit diesem ganzen Krempel unten im Rumpf zu segeln, gefiel ihm gar nicht.
    »Nein.« Ottweills Stimme klang angestrengt, und er zitterte am ganzen Körper, als der kühle Septemberwind sie voll erwischte. Al-Wazir merkte, dass der Professor auf dem besten Weg war, einen weiteren Anfall zu kriegen. »Die Männer haben

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