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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Schacht führte ein Gang in eine große Kammer, die sie in der Finsternis ausmachen konnte; eine Finsternis, die sich weit unter ihr fortsetzte. Wenn das hier irgendeine Ähnlichkeit mit dem Wagen unter Karindiras Stadt hatte, dann würde in der Mitte der großen Kammer ein Messingwagen stehen, der wie ein großer Metallsarg mit einem Kristalldeckel aussah.
    Aber sie wollte nicht ziellos durch die Dunkelheit wandern.
    »Boas?«, rief sie. »Boas?«
    Sie erhielt keine Antwort, hörte aber einige klappernde Geräusche.
    Sie machte einen vorsichtigen Schritt nach vorn. »Boas?« Nun bekam sie es mit der Angst zu tun. Vor ihr flackerte ein schwaches Licht auf. Sie erkannte den Umriss seiner Gestalt. Doch trotzdem ging Paolina nicht schneller – sie hatte Angst vor Löchern im Boden und Schlimmerem.
    Sie schlich sich an seine Seite. Er stand vor einem Messingwagen. Er hatte den Deckel geöffnet und gab damit den Blick auf sein Inneres frei. Das Licht stammte von kleinen, sechszackigen Verschlüssen, die innen und außen angebracht waren. Sie glühten schwach in einem Blauton.
    »Die Versiegelungen scheinen unversehrt zu sein«, sagte er. »Wir können einsteigen. Ich werde Ophir als Ziel für den Wagen einstellen.«
    »Wo der Palast der Obrigkeit steht?« Aus einem ihr unbekannten Grund wurde ihr flau im Magen.
    »Nein …«, sagte er langsam. »Lass uns erst die Haupthaltestelle aufsuchen. Dann können wir herausfinden, wie es um die Stadt bestellt ist.«
    Hoffentlich sieht sie nicht wie die Waffenkammer des Westlichen Friedens aus.
    Er hatte recht. Sie würde mehr Erfolg bei der Suche nach den Engländern haben, wenn sie damit nicht in den Hallen der Obrigkeit begann.
    »Hier.« Er zeigte in das Innere. »Ich halte es für sinnvoll, wenn du hinten Platz nimmst. Lehne dich an den Sattel. Ich werde mich direkt vor dich setzen.«
    Der Sattel sah eher wie eine Bank aus, die mit altem und verrottetem Leder überzogen war. Drei kleine Menschen oder zwei große hätten dort Platz gefunden, wenn sie sich übereinanderlegten. Es wirkte reichlich … obszön.
    Das Ganze sah auch äußerst schnell aus.
    Sie stieg ein. Boas setzte sich vor sie und achtete darauf, sie nicht gegen die Bank zu quetschen. Er lehnte sich zurück und zog an dem Kristalldeckel.
    »Du kannst dich noch anders entscheiden.«
    Risiko , sagte sie sich. Ich gehe ein Risiko ein. Aber jeder Schritt unter freiem Himmel war genauso ein Risiko. Sie holte den Schimmer aus ihrer Tasche hervor. Sie musste sich winden, um das zu vollbringen und hätte es auch nicht geschafft, wäre sie größer gewesen.
    »Auf geht’s«, sagte sie zu ihm.
    Er berührte etwas, und ein Blitz leuchtete auf, als ob die Sonne selbst in ihrem Wagen aufginge.
    Nach dem ersten, strahlend hellen Aufleuchten bei ihrer Abfahrt wurde es während ihrer Fahrt unterhalb der Mauer wieder dunkel im Wagen. Abgesehen vom blauen Schimmer der Versiegelungen war im Inneren nichts zu erkennen, und das bedrückte sie sehr. Draußen rauschten gewaltige Metallbänder an ihnen vorbei, die sie im schwachen Licht nur mit Mühe erkennen konnte, und glatt geschliffene Felswände lagen dahinter in der Finsternis. Zahnräder von der Größe eines Gebirges schien sie dort ebenso erkennen zu können. Säulen huschten zischend an ihrem Wagen vorbei.
    Der Sattel übertrug während der Fahrt eine Reihe klickender Geräusche und schwache Stöße auf sie. Paolina konnte nicht beurteilen, wie sie vorankamen. Sie wünschte sich mehr Licht und hätte dafür sogar gebetet, wenn sie der Meinung gewesen wäre, dass das hülfe.
    Viel zu schnell wurde der Wagen wieder langsamer. Er glitt in einen schwach beleuchteten Raum, den nur das schwache Licht der Verschlüsse erhellte, und kam mit dem quietschenden Geräusch ermüdeten Metalls zum Stehen.
    »Wir sind da«, sagte Boas, als er den Deckel öffnete.
    Al-Wazir
    Herr Professor Doktor Ottweill und seine Lakaien sollten in Gosport, Hampshire, an Bord gehen, direkt gegenüber dem Hafen von Portsmouth. Al-Wazir wäre mit einer Koje auf einem der Luftschiffe Ihrer Kaiserlichen Majestät glücklicher gewesen, aber ihre Ladekapazität war begrenzt, und Ottweill wollte mit seinem gesamten Nachschub aufbrechen.
    Der Professor verlangte, dass das Dampfschiff Great Eastern sie nach Afrika und zur Mauer brachte, denn er schien zu glauben, dass das größte Schiff auch das Sicherste sei. Er und al-Wazir stritten sich mehrfach darüber, sowohl im Steinbruch bei Maidstone als auch während der

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