Die rätselhaften Worte
gefreut, aber nie zuvor war es so gewesen wie jetzt. Denn wenn er es sich mit Rye Pomona vorstellte, ging es ihm durch Mark und Bein, und er verfiel in ein sehnsüchtiges Schmachten. So wäre er an der Tiefgarage des Kulturzentrums um ein Haar in die Ausfahrt eingebogen.
Unter empörtem Gehupe trat er den Rückzug an, fand dann, geleitet von übelwollenden Fingerzeigen, die richtige Einfahrt, parkte und gelangte zur Bibliothek.
Da die Erinnerung an den erzürnten Dalziel noch frisch war, ging er bei seinen Ermittlungen so gründlich vor, daß der Mann und die beiden Frauen, die er befragte, beinahe rebelliert hätten. Aber indem er sie nötigte, sich zu erinnern, welche der vorgemerkten Bücher Anfang der Woche abgeholt worden waren, konnte er festhalten, daß der Umschlag aller Wahrscheinlichkeit nach am Montag morgen noch nicht hier gewesen war. Über den gestrigen Dienstag, an dem Johnson tot aufgefunden worden war, ließ sich nichts Genaueres sagen. Und heute, am Mittwoch, war er natürlich entdeckt worden.
Als er sicher sein konnte, daß er aus den dreien nicht mehr herausbekommen würde, begab er sich eine Etage höher in den Lesesaal. Inzwischen war es Mittagszeit, und im Vorbeigehen spähte er ins Personalzimmer, um zu sehen, ob Rye dort ihr Sandwich aß. Keine Spur von ihr. Und auch im verlassenen Lesesaal konnte er sie nicht entdecken.
Er trat an den Schreibtisch, und durch die nicht ganz geschlossene Tür zum Büro hinter dem Tresen sah er Dick Dee. Er beugte den Kopf über etwas, das ihn so zu fesseln schien, daß er Hat, der sich leise näherte, nicht bemerkte.
Er spielte Scrabble … nein, nicht Scrabble, bestimmt war es dieses komische Spiel, Paronomania. Hat freute sich, daß ihm das Wort einfiel, aber seine Freude wurde sogleich durch die eifersüchtige Gewißheit gedämpft, daß Dee gegen Rye spielte.
Klickend wurden Spielsteine bewegt. Dee schüttelte den Kopf, honorierte einen gelungenen Zug mit einem bewundernden Lächeln und sagte: »Gut gemacht, gewitzter Kraut.«
Und während Bowler sich noch wunderte, warum Dee Rye mit Kraut anreden sollte, erwiderte eine höchst unweibliche Stimme: »Dank dir, Hurensohn.« Hats zaghaftes Klopfen stieß die gutgeölte Tür so weit auf, daß er das charakteristische Profil Charley Penns erkannte.
»Mr. Bowler, treten Sie doch ein«, bat Dee höflich.
Er ging in das Büro. Die Männer auf den Bildern an der Wand musterten ihn mit kritischem Blick, als bewerbe er sich für eine Stelle, die sie ihm vorzuenthalten gedachten. Ein Foto auf dem Schreibtisch zeigte drei Teenager, die durch ihn hindurch auf eine Welt zu blicken schienen, mit der sie gemeinsam durchaus fertig zu werden glaubten.
»Kommen Sie als Ornithologe, als Jünger des Amor oder als Gesetzeshüter?« erkundigte sich Dee.
»Wie bitte?« fragte Hat.
Penn grinste ihn an. Hat verspürte den für einen sonst friedliebenden Menschen ungewöhnlichen Drang, ihm die Fresse zu polieren.
»Benötigen Sie Informationen über Vögel? Oder möchten Sie sich nach Rye erkundigen? Oder wollen Sie uns wegen des neuesten Dialogs befragen?«
Hat ignorierte Penn und sagte in bemüht neutralem Ton: »Was meinen Sie damit, Mr. Dee?«
»Verzeihung«, sagte Dee. »Ist es eine vertrauliche Angelegenheit? Selbstverständlich ist es das. Ich habe nichts gesagt. Wie taktlos von mir. Dies ist schließlich kein Thema für saloppe Bemerkungen.«
Die Entschuldigung klang aufrichtig, nicht wie eine höfliche Floskel.
»Mr. Dee. Ich will nicht behaupten, daß es einen weiteren Dialog gibt. Falls es ihn aber gäbe, würde mich interessieren, was sie darüber wissen«, beharrte Hat.
»Ich weiß nicht mehr als andere Bibliotheksmitarbeiter – nämlich, daß heute morgen ein verdächtiger Umschlag gefunden und der Polizei übergeben wurde. Und da wir ihn nicht wieder zurückbekommen haben – obwohl das natürlich Zweck Ihres Besuches sein könnte –, spricht viel dafür, daß sein Inhalt für Sie interessant war. Aber bitte, vergessen und vergeben Sie meine Neugier. Ich möchte Sie keinesfalls in berufliche Verlegenheiten bringen.«
»Mir macht das nichts aus«, sagte Penn mit heiserer Stimme. »Ich nehme an, Sie haben wieder von diesem Irren gehört, und es hat mit Sam Johnson zu tun. Stimmt’s?«
»Ist das ein Zufallstreffer, Mr. Penn?« fragte Hat.
Er sah dem Schriftsteller in die Augen und hielt seinem Blick eine Weile stand, dann wandte er sich ab. Laß dich nie auf einen Kampf ein, den es sich
Weitere Kostenlose Bücher