Die rätselhaften Worte
Ripley-Dialog gefunden habe. Besonders schien ihn aber zu interessieren, daß ich bei dieser Gelegenheit auch Charley Penns Übersetzung von ›Du bist wie eine Blume‹ entdeckt habe. Ich hatte das Gefühl, als hätte er mich dabei beobachtet, und das ist ja nur denkbar, wenn die Kamera eingeschaltet war. Wenn das stimmt, und ihr seid jetzt erst draufgekommen, dann hat jemand von euch aber einen gesunden Büroschlaf, hm?«
»Was hat denn Wield über Penn gesagt?« erkundigte sich Hat in möglichst beiläufigem Ton.
»Nicht viel. Er ist ja nicht gerade mitteilsam. Ich habe angedeutet, das Herumliegenlassen von Gedichten sei eine indirekte Form von sexueller Belästigung, um die sich die Polizei auch mal kümmern sollte. Da hat er beinahe gelächelt, doch vielleicht hab’ ich’s mir auch nur eingebildet.«
»Aber von Videoaufnahmen hat er nichts gesagt?«
»Nein. Das hab’ ich mir ganz allein zurechtgelegt.«
»Kluges Köpfchen«, sagte er. »Wirklich, das meine ich ernst.«
»Tja. Jedenfalls hab’ ich Dave, den Wachmann, becirct, um auf Nummer Sicher zu gehen«, gab sie zu. »Also, raus mit der Sprache. Was hat es mit Franny Roote und deinem Chief Inspector auf sich?«
Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um auf seine Schweigepflicht zu pochen. Außerdem hatte er Rye schon so viel über den Wordman-Fall anvertraut, daß es leichter war, noch ein bißchen weiter zu gehen, als einen Rückzieher zu machen. Und so erzählte er ihr von Pascoes gespanntem Verhältnis zu Franny Roote.
»Als ich ihn gestern abend zur Bühne gehen sah, war ich völlig von den Socken«, sagte er. »Was sie über die preisgekrönte Geschichte gesagt haben, hat ja überhaupt nicht auf ihn gepaßt …«
»Jedenfalls nicht auf das, was dein Mr. Pascoe über ihn erzählt, oder?«
»Ich hatte schon einige Male persönlich das Vergnügen«, verteidigte sich Hat. »Und du hast selbst gesagt, daß er unheimlich ist.«
»Ja, aber das habe ich wörtlich gemeint. Manchmal kommt er in die Bibliothek, und er bewegt sich so lautlos wie ein Gespenst, man merkt erst, daß er da ist, wenn er neben einem steht. Also hält ihn Pascoe für den Wordman? He, weißt du, was mir gerade auffällt? Pascoes Frau war mit Penn zusammen Preisrichterin, oder? Sie hat also mit dem einen Verdächtigen zusammengearbeitet, um dem anderen den Preis zu verleihen! Ich wette, Pascoe war entzückt. Bestimmt sind sie die ganze Nacht wach gelegen und haben sich totgelacht.«
»Sie hat doch nichts davon gewußt, oder?« meinte Hat, ein entschiedener Fan von Ellie Pascoe. »Du hast die Geschichte ja bestimmt gelesen. Wie hat sie dir gefallen?«
»Gut«, gab sie zu. »Dick fand sie sogar am besten. Ich war nicht ganz so begeistert, aber ich fand sie gut. Anrührend, weißt du. Ziemlich erbaulich. Nicht ganz mein Fall.«
»Also, gestern abend ist folgendes passiert«, begann Hat, der, wenn er sich einmal zur Offenheit entschlossen hatte, kein Halten mehr kannte.
Wield hatte ihm alles erzählt. Wahrscheinlich hätte er den Vorfall lieber unter den Teppich gekehrt, aber nachdem alles komplett in die Hose gegangen war, kam das nicht mehr in Frage. Auf dem Kommissariat machte die Geschichte von Rootes zweimaligem Besuch mit zahlreichen Ausschmükkungen die Runde, und Wield hatte es für besser gehalten, Bowler ins Bild zu setzen, um der Legendenbildung vorzubeugen.
»Das war keine Glanzleistung des CID , aber es ist immer noch besser als die Gerüchte, die im Umlauf sind«, hatte der Sergeant erklärt. »Wenn Ihnen welche zu Ohren kommen, stellen Sie die Sache richtig, okay?«
»Okay«, sagte Hat. »Und wie hat unser Superintendent darauf reagiert?«
»Mr. Dalziel ist anscheinend in den Tanz der Vampire geraten«, erwiderte Wield. »Jedenfalls wurde er noch nicht gesichtet. Aber er kommt bestimmt bald. Und wenn Sie Ihren freien Tag genießen wollen, würde ich Ihnen raten, sich rar zu machen.
Der Superintendent hat so eine Tendenz, Krankentage als Urlaubstage zu rechnen.«
All das hatte Hat nun Rye erzählt, die stirnrunzelnd bemerkte: »Hört sich an, als wäre er ein bißchen seltsam.«
»Roote?«
»Nein. Dieser Pascoe. Bei der ersten Begegnung mit ihm hab’ ich mir gedacht, der steht aber unter Hochspannung.«
»Kann schon sein. Er fühlt sich bedroht.«
»Das ist es doch, oder? Er
fühlt
sich bedroht. Nach dem, was du sagst, hat es eigentlich keine Drohungen gegeben, oder?«
»Nein. Aber bei diesem Roote ist das anders. Der kann einen bedrohen, ohne daß
Weitere Kostenlose Bücher