Die rätselhaften Worte
endete, und Dalziel führte Cap von der Tanzfläche zu ihrem Sohn.
»Noch was zu trinken, Schatz?« fragte er fürsorglich.
»Nein, danke.«
»Dann vielleicht was zu essen?«
»Nein, wirklich nicht.«
»Ich glaube, ich gönne mir noch einen Happen«, meinte er. »Ich muß bei Kräften bleiben, wenn ich später durchsucht werde.«
Er zwinkerte Piers zu und entfernte sich.
»Durchsucht?« fragte Piers besorgt, weil ihm wieder der Gedanke kam, das Anwesen könnte von Polizisten umstellt sein. »Was meint er damit?«
Seine Mutter sah ihn liebevoll an.
»Das willst du gar nicht wissen, mein Lieber«, sagte sie.
Im Büffettzimmer ließ Dalziel den Blick schweifen, bis er fand, was er suchte: eine weißhaarige Frau mit resolutem Kinn und ziemlich strenger Miene, die eine Schar junger Helferinnen beaufsichtigte.
»Guten Abend«, sagte Dalziel und trat näher. »Gibt es noch was von der wunderbaren
Sahnetorte
?« fragte er.
Sie sah ihn interessiert an und fragte:
»Sie sprechen Deutsch, mein Herr?«
»Nur so viel, daß ich nach Dingen fragen kann, die ich mag«, antwortete er. »Und diese
Sahnetorte
mag ich. So etwas Gutes hab’ ich nicht mehr gegessen, seit ich zuletzt in Berlin war. Wo bekommt man diese Köstlichkeit hier in der Gegend? Dafür würde ich meilenweit gehen.«
»Hier bekommt man die gar nicht«, meinte sie verächtlich in nicht gerade akzentfreiem, aber klar verständlichem Englisch. »Die mache ich selbst.«
»Nein! Da bin ich aber baff. Sie machen sie selber! Jetzt warten Sie mal – ich wette, Sie sind Frau Penck, die Perle, von der mir Budgie erzählt hat!«
»Seine Lordschaft ist zu gütig.«
»Hat er nicht erwähnt, daß Sie Charley Penns Mutter sind?« fuhr Dalziel fort. »Bei Gott, wenn Sie solche Torten backen und dazu noch Charleys Mutter sind, dann können Sie aber wirklich stolz sein. Immer redet er von den wunderbaren Kuchen, die seine alte
Mutti
macht, unser Charley.«
»Sie kennen meinen Sohn?«
»Aber natürlich. Sonntag vormittags treffen wir uns oft auf einen Drink, aber meistens hat er nicht viel Zeit, weil er los muß, um seine Mutter zu besuchen, wie er immer sagt. Jetzt kann ich verstehen, warum er es eilig hat. Es muß doch schön sein, zu wissen, daß ein so wichtiger Mann wie Charley immer zuerst an Sie denkt. Er ist nicht irgendwer, wissen Sie? Er kann es sich aussuchen, mit wem er seine Zeit verbringen will. Unglaublich, welchen Erfolg er hat. Britischer als die Briten! Man würde nie glauben, daß er kein gebürtiger Yorkshire-Man ist. Da sind Sie ja gewiß mächtig stolz, daß ein solcher Mann gelaufen kommt, wenn Sie mit dem Finger schnippen.«
Sie antwortete nicht, sondern bedachte ihn mit jenem Blick, mit dem nach Dalziels Ansicht Frauen in aller Welt andeuteten, ihre Lippen seien versiegelt – wenn sie es aber nicht wären, dann könnten sie einiges erzählen, was ihn umhauen würde.
Er ließ nicht locker.
»Letzten Sonntag, da hatte ich Geburtstag und habe einen ausgegeben. Ich wollte Charley überreden, ein bißchen länger zu bleiben und mit uns im Pub zu Mittag zu essen. Die machen da so einen klebrigen Karamelpudding, der ist gar nicht übel. Aber als ich Charley damit locken wollte, meinte er, mit den Leckereien, die ihm seine alte Mutti vorsetzt, könne der nicht mithalten. Immer erzählt er, was er alles zu futtern kriegt, wenn er Sie sonntags besucht. Jetzt weiß ich, was es damit auf sich hat. Lassen Sie mal hören, was haben Sie ihm aufgetischt?«
»Letzten Sonntag? Nichts«, erwiderte die alte Dame.
»Nichts? Nicht mal
Sahnetorte
?« fragte Dalziel verblüfft.
»Nein, gar nichts. Er ist nicht gekommen. Das war aber nicht wichtig. Ich warte nicht auf ihn. Er kommt, wann er will.«
»Sind Sie sicher, daß er letzten Sonntag nicht hier war?« Dalziel sah sie zweifelnd an.
»Natürlich bin ich sicher. Halten Sie mich für senil?«
»Nein, Missus, das würde mir nicht im Traum einfallen. Da muß ich mich wohl geirrt haben. Bestimmt hat er gesagt, daß er woanders hingeht. Jetzt, wegen der Torte …«
»Ich glaube, die findest du da drüben, Andy«, sagte Cap Marvell.
Er drehte sich um. Sie sah ihn mit einem Ausdruck an, den er auf seinem eigenen Gesicht erwartet hätte, wenn ihm ein stadtbekannter Tunichtgut, der mit der Hand in der Almosenbüchse erwischt worden war, erzählt hätte, er habe gerade etwas spenden wollen.
»Ach ja. Stimmt genau. Nett, Sie kennengelernt zu haben, Missus. Ich richte Charley Ihre Grüße aus.«
»So«,
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