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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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sehen kann, werde ich ihn nie vergessen.«
    Hat musterte sie besorgt, und sie sagte: »Tut mir leid, wenn ich dir den Tag versaut habe. Ich hätte dir das alles nicht erzählen sollen, jedenfalls nicht jetzt. Ich habe noch nie mit jemandem darüber gesprochen – außer mit Dick.«
    Trotz ihres Unglücks und seines Mitgefühls versetzte ihm das einen Stich.
    »Du hast mit Dick darüber gesprochen?« fragte er.
    »Ja. Er ist wie du. Er bedrängt einen nicht. Fragen kann man leicht ausweichen, aber das Gewicht unausgesprochener Fragen von Menschen, die man mag, ist unerträglich. Er hat einfach zugehört, genickt und gesagt: ›Das ist schwer. Ich weiß, wie das ist, wenn man in der Jugend jemanden verliert. Man kann nie wieder glücklich sein, ohne daran zu denken, daß die Toten es nicht miterleben können.‹ Dick ist sehr klug.«
    Das bin ich auch, dachte Hat. Klug genug, meine Eifersucht nicht zu zeigen!
    Aber anscheinend machte er ein ziemlich unglückliches Gesicht, denn plötzlich lächelte sie und meinte: »Ist schon gut. Die kleine Schleuderpartie hat mich ein bißchen durcheinandergebracht, aber jetzt geht’s mir wieder glänzend. Selber schuld, daß ich mir beweisen wollte, daß mir schnelle Autos keine Angst machen. Und das tun sie auch nicht. Damit du mir das auch abnimmst, fahren wir lieber, bevor die ganze Vogelschar in den Süden zieht.«
    Sie erhob sich, reichte ihm die Hand und zog ihn auf die Beine.
    Er hielt ihre Hand fest. »Bist du sicher?« fragte er. »Wir können auch einfach in die Stadt zurückfahren und den Tag vor dem Fernseher verbringen oder so.«
    »Ich frage dich jetzt nicht, was du mit
oder so
meinst. Nein, ich habe versprochen, mich zu den Zwitscherichen zu gesellen, und das werde ich auch, sobald du meine Hand losläßt.«
    Sie stiegen ins Auto.
    Als sie anfuhren, fragte Hat: »Und was ist aus deiner Schauspielkarriere geworden?«
    »Das Wort Karriere ist ein bißchen hochgegriffen«, meinte sie. »Als ich nach ungefähr sechs Monaten wieder halbwegs ins normale Leben zurückfand, mußte ich feststellen, daß alles weg war, der ganze Ehrgeiz, die ganzen Träume. Ich hatte Serge verloren, und jetzt sah ich ganz klar, was für jämmerliche Gestalten meine Eltern waren. Zufällig kam später heraus, daß die dringende Angelegenheit, die mein Vater an dem Abend erledigen mußte, darin bestand, eine theaterbesessene Tussi zu vögeln, die ihm seine aufgemotzten Geschichten über seine große Zeit mit all den anderen Stars abnahm. Mit so einem Leben wollte ich absolut nichts mehr zu tun haben.«
    »Deshalb bist du so zynisch geworden, als du mir die Geschichte mit deinem Namen erzählt hast?«
    »Wie ich herausfand, daß sie uns über ihre Rollen in dem Stück belogen haben? Genau, das war dann die letzte Bestätigung. Sogar ihr wirkliches Leben war Theater, und ihre Kinder haben sie auf Statistenrollen festgenagelt, damit sie mit ihnen zurechtkamen.«
    »Also hast du dich einfach für eine ganze andere Rolle entschieden.«
    »Wie bitte?«
    »Als Bibliothekarin. Ihr traditionelles Image ist ja alles andere als romantisch. Zurückhaltend, zimperlich, ziemlich etepetete, wirft lauten Lesern über ihre Hornbrille strafende Blicke zu, seriös gekleidet, ein bißchen verklemmt …«
    »So siehst du mich also?«
    Er lachte. »Nein. Ich will damit nur sagen, wenn du darauf aus warst, dann hast du ziemlich weit danebengegriffen.«
    »Hm«, sagte sie. »Ich fasse das mal als Kompliment auf, oder? Und nachdem wir mein Leben durchleuchtet haben, nehmen wir doch mal deine interessanten Seiten unter die Lupe.«
    »Darauf freue ich mich schon«, meinte er. »Aber weißt du was, wir sind fast da. Und bevor wir riskieren, die Vögel zu verschrecken, könnten wir uns doch meine interessanten Seiten für nach dem Essen aufheben? Dann stehe ich dir mit Leib und Seele zur Verfügung.«
    »Okay, aber eins möchte ich noch wissen«, sagte sie, als der Wagen auf einen Feldweg einbog, wo ein uralter Wegweiser zum
Stang Tarn
wies. »Lernen Bullen die Kunst der Anzüglichkeit in der Probezeit, oder ist das eine Voraussetzung für die Einstellung?«

[home]
    Dreiunddreißig
    A ndy, du siehst aus, als kämst du grad von einem Ausflug in die Unterwelt zurück. Du hast wohl eine harte Nacht auf Observierung hinter dir?«
    »So könnte man es auch nennen«, meinte Dalziel.
    Es fiel ihm schwer, sich das einzugestehen, aber die Zeiten waren vorbei, als er noch bis in die Puppen trinken und tanzen, sich ein Taxi nehmen,

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