Die rätselhaften Worte
seine großspurigen erotischen Versprechungen wahr machen, ein Stündchen schlummern und zur Öffnungszeit im Dog and Duck erscheinen konnte, ohne daß solch kräftezehrendes Nachtleben Spuren auf seinem Gesicht hinterlassen hätte.
»Aber das beste Gegenmittel ist immer noch ein Bier. Wie steht’s mit dir, Charley?«
»Nein, ich bin grad gekommen. Laß mich erst mal hiermit den Mund ausspülen«, meinte Charley Penn.
Auf dem Weg zum Tresen stellte Dalziel beifällig fest, daß der Barkeeper, als er ihn kommen sah, die Wünsche eines anderen Gastes hintanstellte und erst einmal ein Bier für ihn zapfte.
Wieder am Tisch, leerte er den Krug in einem Zug zur Hälfte.
»Jetzt geht’s schon besser«, fand er.
»Also, was ist los?« wollte Penn wissen.
»Was?«
»Komm schon, das ist nicht gerade deine Stammkneipe«, meinte der Schriftsteller mit spöttischem Grinsen. »Du bist doch aus einem bestimmten Grund hier.«
»Ich will doch stark hoffen, daß es keinen Pub in dieser Stadt gibt, in dem ich nicht ein gerngesehener Stammgast wäre«, entgegnete Dalziel gekränkt.
»Da könntest du recht haben, aber nur zur Hälfte«, sagte Penn. »Das letzte Mal, als ich dich hier gesehen habe, warst du jedenfalls berufsbedingt hier. Ich und dieser Roote und Sam Johnson …«
Sein Gesicht verdüsterte sich, als er Johnson erwähnte. »Letzten Sonntag. Lieber Himmel, kaum zu glauben, daß es erst letzten Sonntag war! Und jetzt ist der arme Kerl schon unter der Erde. Das Ganze kam ja ziemlich plötzlich. Was ist los, Andy? Läßt Loopy Linda die Puppen tanzen?«
»Sie ist eine starke Frau, Charley, das kann man nicht leugnen«, erwiderte Dalziel. »Wenigstens hört man das. Ich hab’ sie ja selber nie kennengelernt.«
»Ich habe dich gar nicht gesehen bei der Trauerfeier.«
»Eine Beerdigung ist wie die andere. Ist doch alles glattgegangen, oder? Unser Roote hat eine Einlage gegeben, habe ich gehört.«
»Es kam von Herzen, was ist daran falsch?« meinte Penn.
»Ja, das meiste, was er macht, kommt von Herzen. Da hab’ ich keine Zweifel. Klingt fast, als wärst du beeindruckt, Charley.«
»Der Junge ist ganz in Ordnung. Er hat die Vergangenheit hinter sich gelassen. Wär’ nicht schlecht, wenn das noch mehr Leute versuchen würden. Und er hat Talent. Du weißt, daß er den Wettbewerb gewonnen hat?«
»Klar.«
Dalziel hatte auf seinem Anrufbeantworter mehrere Nachrichten vorgefunden, mit denen ihn Pascoe über die Ereignisse des gestrigen Abends auf dem laufenden gehalten hatte.
»’ne gute Geschichte, oder?«
»So ungefähr die einzige«, brummte Penn, der notorisch mit Lob geizte. »Auf der Auswahlliste war teilweise ein solcher Mist! Da durften wir froh sein, daß wir das Zeug, das vorher rausgeflogen ist, nicht lesen mußten. Aber Rootes Kurzgeschichte hätte auch in besserer Gesellschaft geglänzt. Es war ein schöner Abend für den Jungen. Nur schade, daß deine Lakaien versucht haben, ihm den Erfolg zu versauen.«
»Lakaien? Mir sind keine aufgefallen, als ich das letzte Mal geschaut habe. Die müssen wohl genmanipuliertes Ale getrunken haben.«
»Dieser Chief Inspector, der mit Ellie Pascoe verheiratet ist. Sie ist eine großartige Frau. Kaum zu fassen, daß sie so einen Schwachkopf geheiratet hat. Und dann der Typ mit der Visage. Den müßtest du mal auf ’ne Entbindungsstation schikken, dann sparen die viel Zeit und den Wehentropf.«
»Paß auf, was du da sagst, Charley. Bestimmt gibt es einen Ombudsmann und ein Schiedsgericht, wo ich dich wegen solcher boshafter Bemerkungen hinhängen könnte.«
»Das würde mich nicht wundern. Jetzt komm doch mal langsam zur Sache, Andy. Anschließend kannst du heimgehen und dich wieder in die Falle hauen, wo du sowieso am besten geblieben wärst.«
Dalziel leerte sein Bier und schaute verdutzt in sein leeres Glas.
Seufzend trank Penn ebenfalls aus und ging zur Theke, um Nachschub zu holen.
»Das ist aber nett«, fand Dalziel.
»Purer Eigennutz. Du würdest doch niemanden einlochen, der dir gerade ein Bier spendiert hat. Oder?«
»Ich wäre jedenfalls blöd, wenn ich ihn verhafte, bevor er es spendiert hat. Charley, ich möchte, daß du genau nachdenkst, bevor du meine Frage beantwortest. Letzten Sonntag hast du gesagt, du müßtest los, weil du sonntags immer dein altes Mütterchen besuchst. Als man dich später die Woche gefragt hat, wo du gewesen seist, hast du dasselbe geantwortet. Und deine Mutter hat mehr oder weniger das gleiche gesagt.«
»Du hast
Weitere Kostenlose Bücher