Die rätselhaften Worte
gegangen. Sie hat es wohl nicht so mit Krankenhäusern.«
»Nein, ich glaube, sie hat da schlechte Erfahrungen gemacht … da hält sie sich nicht gerne auf.«
»Sie hat jeden Tag nach Ihnen geschaut«, grinste Pascoe. »Und ich wette, das erste und das letzte, was sie jeden Tag macht, ist, hier anzurufen und zu fragen, wie’s mit Ihnen steht. Sie brauchen sich also nicht vernachlässigt zu fühlen, und wenn Sie auch so dreinschauen. Ein tolles Mädchen haben Sie sich da geangelt, Hat. Als Sie sich mit Dick auf dem Boden gewälzt haben, hat sie ihm eine Weinflasche über die Birne gezogen. Da hat er sein Messer fallen lassen, so vermuten wir, und versucht, Ihnen den Schädel mit diesem schweren Kristallglasbehälter einzuschlagen. Den hat sie ihm entrissen und ihn selbst das Ding schmecken lassen. Tolles Mädchen.«
»Und ich hatte das Messer«, sagte Hat und runzelte angestrengt die Stirn bei dem Versuch, sich zu erinnern. »Und ich … was ist mit Dee? Ist er …?«
Er wünschte, daß er tot sei, und gleichzeitig wollte er ihn lebendig, denn wenn er tot war … Er erinnerte sich daran, wie er das Messer hob und zustach, hob und zustach. Minimaler Gewalteinsatz.
»Er ist tot«, sagte Pascoe leise.
»Scheiße.«
»Erspart die Prozeßkosten«, meinte Pascoe. »Und Rye die Strapazen.«
»Ja.«
»Natürlich wird es eine Untersuchung geben«, fuhr Pascoe in beiläufigem Ton fort. »Wie immer, wenn es bei einem Einsatz einen Toten gibt. Kein Grund zur Beunruhigung, reine Formsache.«
»Klar«, sagte Hat.
Er weiß genausogut wie ich, daß es heutzutage keine reinen Formsachen mehr gibt, dachte Pascoe. Wenn ein Polizist in einen Todesfall verwickelt ist, interessiert sich kein Mensch für die Umstände, dann tritt eine ganze Rasselbande von Bürgerrechtsaktivisten, religiösen Spinnern und hirnverbrannten Anarchisten auf den Plan, die nach Kräften Lärm schlägt und keine Ruhe gibt, bis sie die Karriere eines Polizisten ruiniert hat.
Mit ein wenig Glück konnte in diesem Fall der Jubel der Medien die ewigen Krittler übertönen. Der Wordman ausgeschaltet. Siebenfacher Mörder (mindestens!) gerichtet. Jungfrau in höchster Not von jungem Polizeihelden errettet. Diesem Jungen gebührte ein Orden!
Pascoe hoffte, daß es so kommen würde. Weder Presse noch Bürgerrechtler hatten das Stangcreek Cottage in dem Zustand gesehen, in dem er es vorfand, nachdem er durch die Tür gestürmt war.
Blut überall. Hat, am Kopf und an der Brust verwundet, bewußtlos auf dem Rücken. Das nackte Mädchen, über undüber mit Blut bespritzt wie ein bemaltes Pikten-Mädchen, kniete neben ihm und barg seinen blutenden Kopf in ihrem Schoß. Und Dee lag über dem Paronomania-Brett wie ein geopferter Stier, sein Körper war von so vielen Wunden zerrissen, daß ihn das Blut wie ein scharlachroter Mantel bedeckte. Auf der Leiche und dem Fußboden verstreut glitzerten die Buchstabensteine wie Sterne in einem fremden roten Himmel und verkündeten den Eingeweihten ihre geheimnisvolle Botschaft.
Ein unbeteiligter Beobachter hätte durchaus auf die Idee kommen können, es sei Dee, der hier das Opfer eines geisteskranken Gewalttäters geworden war.
Dalziel, der Pascoe auf den Fersen gefolgt war, erfaßte die Situation mit einem Blick.
Nachdem sie einen Krankenwagen gerufen und Hat und Rye so gut es ging versorgt hatten, sagte der Dicke: »Dann wollen wir uns mal an die Wiederbelebung machen.«
»Sinnlos, Sir, der ist hin«, erklärte Dalziels Fahrer mit der Autorität eines Polizisten, der schon zu viele Verkehrsunfälle gesehen hat.
»Egal. Es darf nicht heißen, wir hätten es nicht versucht«, sagte Dalziel bestimmt. »Pete, hilf uns mal.«
Pascoe verstand gleich, worum es ging. Den Tatort säubern, nannte man so etwas. Wenn später die Untersuchungskommission in einem hellen, sauberen Konferenzraum tagte, wo jeder blütenweißes Notizpapier und ein Glas mit kristallklarem Wasser vor sich hatte, um all die trockenen Fragen hinunterzuspülen, sollte niemand Fotos einer Schlachthausszene herumreichen können.
Natürlich konnten sie den Bericht der rechtsmedizinischen Untersuchung nicht ändern. Aber die Beschreibung der Wunden in der nüchternen Sprache der Mediziner oder auch Fotos der gesäuberten Leiche auf dem Tisch der Pathologie würden nicht annähernd das Bild wiedergeben, das sich ihnen im Stangcreek Cottage dargeboten hatte.
Ein Tumult auf dem Korridor riß Pascoe aus diesen unerfreulichen Gedanken.
»Wo versteckt er
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