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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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jetzt auch sein mag – ist es sicherlich kein großer Trost, zu wissen, daß er noch unter uns weilen könnte, wenn er nicht so geizig gewesen wäre«, sinnierte Wield.
    »Wie lange braucht denn dieser blöde Quacksalber noch?« fragte der Dicke und wandte den Blick von der nutzlosen Kamera auf den Korridor, an dem die Toiletten lagen. »Was, um alles in der Welt, macht der denn da drinnen? Durchsucht er Stuffer die Taschen nach Kleingeld?«
    Dieser blöde Quacksalber
war der Rechtsmediziner, der gerade den Leichnam des Stadtrats in Augenschein nahm. Nachdem der Notarzt Steel für tot erklärt und damit Bowlers Befund bestätigt hatte, sorgte Pascoe dafür, daß der Tote nicht weiter angerührt wurde. Damit wollte er erstens sicherstellen, daß keine Spuren verwischt wurden, und zweitens Vorsorge für die unmittelbar bevorstehende Ankunft des Superintendenten treffen. Dieser hatte einmal erklärt, an den Schauplatz eines Mordes zu kommen und keine Leiche mehr vorzufinden, sei, wie ein Ei zu essen, ohne sich vorher den Schnurrbart gewichst zu haben.
    »Er wird bestimmt gleich rauskommen«, beschwichtigte ihn Pascoe.
    »Wo steckt eigentlich Bowler, die Pfeife?«
    »Er und Wieldy sind oben in der Galerie. Sie nehmen Aussagen auf.«
    Zwar hatte es einige Unmutsäußerungen gegeben, als er den verbliebenen Gästen eröffnete, sie könnten erst gehen, wenn sie eine Aussage zu Protokoll gegeben hätten, aber er war hart geblieben. Die Tatsache, daß Jude Illingworths verschwundener Grabstichel mit hoher Wahrscheinlichkeit die Tatwaffe war, machte jeden Besucher der Galerie zum potentiellen Zeugen. Die Befragung der bereits gegangenen Gäste würde viele Arbeitsstunden kosten, weshalb es nur vernünftig war, sich erst einmal an die zu halten, die noch da waren.
    »Nicht besonders klug, wenn er einer der Hauptzeugen ist, Pete. Ich will seinen Bericht hören. Holst du ihn mal runter?«
    Pascoe hatte mit der Zeit gelernt, sich gegen Dalziels Rügen nicht zu verteidigen. Bei Diskussionen mit ihm zog man immer den kürzeren, selbst wenn man hundertprozentig im Recht war. Außerdem gab es einen gewissen Ausgleich, denn der Dicke war jederzeit bereit, mit seiner ganzen Leibesfülle in die Bresche zu springen, falls es jemand wagte, einen seiner Leute zu kritisieren – auch wenn der Betroffene völlig im Unrecht war.
    In diesem speziellen Fall war es Pascoe ratsam erschienen, den jungen Detective, den die Entdeckung der Leiche sehr mitgenommen hatte, zu beschäftigen. Nun ging er selbst los, um ihn zu holen. Das war eine nette Geste, doch es steckten auch professionelle Überlegungen dahinter. Bowler wußte, daß er derzeit nicht das Lieblingskind des Dicken war: Es bestand die Gefahr, daß er sich eingeschüchtert fühlte und den Mund nicht aufbekam. Also konnte es nicht schaden, ihn mit ein paar freundlichen Worten aufzumuntern, damit er eine brauchbare Zeugenaussage lieferte.
    In der Galerie hatten sich die Gäste wie zum Selbstschutz um den priapischen Totempfahl geschart. Sie machten den Eindruck einer Antilopenherde, die einen Löwen wittert. Eine Ausnahme bildete Edwin Digweed, der die Gruppe umwanderte. Auf seinem Gesicht, das eher löwen- als antilopenartig wirkte, zeigte sich unterdrückter Zorn. Bowler und Constable Dennis Seymour hatten Tische vor die Türen gestellt, wahrscheinlich, um einer Flucht vorzubeugen, und waren eifrig damit beschäftigt, sich Notizen zu machen. Bowler befragte gerade einen Mann, der sich mit solch nervöser Weitschweifigkeit äußerte, daß Pascoe nach einigen Minuten Herumstehens schließlich eingriff, ihn am Arm faßte, vom Stuhl zog und ihn mit floskelhaften Dankbarkeitsbezeigungen zum nächsten Ausgang führte.
    »Danke«, sagte Hat mit einem Lächeln, das erstarb, als Pascoe ihm mitteilte, der Superintendent wolle ihn sprechen.
    »Sagen Sie ihm einfach, was Sie mir gesagt haben«, meinte Pascoe. »Sie kennen ja Mr. Dalziel, er möchte alles aus erster Hand erfahren. Ich habe ihm bereits gesagt, daß Sie meiner Meinung nach rasch und umsichtig gehandelt haben und genau nach dem Lehrbuch vorgegangen sind.«
    Der junge Mann sah ein wenig erleichtert aus. »Wo ist eigentlich Sergeant Wield?« fragte Pascoe.
    »Dort drüben«, antwortete Bowler und zeigte auf eine der kleinen Seitengalerien, die vom großen Ausstellungsraum abzweigten. »Ein paar Leute hatten die Vernissage bereits verlassen, aber wir haben sie noch im Gebäude erwischt. Er dachte, es wäre das beste, sie von den anderen

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