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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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führen Sie ein Gespräch – oder vielleicht sollte ich eher sagen: Sie wickeln eine Transaktion ab –, und ihr einziger Beitrag besteht aus dem Wort ja, das Ihnen sowohl als einleitende Frage wie als abschließende Bestätigung dient.«
    »Und das finden Sie interessant? Ihr Unileute müßt wirklich ein langweiliges Leben führen. Prost.«
    Franny Roote kam vom Tresen zurück und brachte einen Krug Bitter für Penn und einen doppelten Scotch für Johnson. Dann zog er eine Flasche Pils aus der Tasche seines Dufflecoat, öffnete den Verschluß und setzte sie an den Mund.
    »Wozu soll denn das gut sein?« fragte Penn.
    »Wegen der Hygiene«, erklärte Roote. »Man weiß nie, wo so ein Glas vorher war.«
    »Na, immerhin weiß ich, wo es bestimmt nicht war«, meinte Penn durch den Bierschaum. »Dafür hätte es nicht die richtige Form.«
    Roote und Johnson lächelten einander zu. Sie hatten sich bereits über Penns Selbstdarstellung als bärbeißiger Nordengländer ausgetauscht und waren zu dem Schluß gekommen, daß diese Fassade es ihm ermöglichte, seine historischen Schmachtfetzen zu schreiben und seine lyrischen Projekte zu betreiben, ohne sich von literarischen und akademischen Zirkeln vereinnahmen zu lassen.
    »Andererseits«, hatte Johnson gesagt, »hat er vielleicht den Bogen überspannt. Das ist die Gefahr, wenn man sich verstellt. Am Ende werden wir das, was wir zu sein vorgeben.«
    Das typische neunmalkluge Gerede von Universitätsdozenten, dachte Roote. Er beherrschte diesen Jargon inzwischen perfekt, und zweifellos würde er in der Gelehrtenrepublik als Einheimischer durchgehen, wenn er dereinst die in finanzieller Hinsicht eher prekäre Freiheit des Studentenlebens mit dem komfortablen Käfig einer akademischen Anstellung vertauschen wollte.
    In der Zwischenzeit gab es Schlimmeres, als am Sonntag morgen hier mit Penn und Johnson beim Bier zu sitzen, die beide auf ihre Art unterhaltsam waren und ihm vielleicht weiterhelfen konnten. Und es gab schlimmere Kneipen als das Dog and Duck.
    »Und, Charley, haben Sie sich inzwischen mit der gräßlichen Agnew auf ein vernünftiges Honorar einigen können?« fragte Johnson.
    »Journalisten ist nicht zu trauen, solange man keinen Vertrag mit dem Segen eines Notars in der Tasche hat«, erwiderte Penn. »Aber das wird schon. Es war allerdings nicht gerade hilfreich für meine Verhandlungen, daß Sie und Ellie offenbar nichts dabei finden, umsonst zu arbeiten.«
    »Strenggenommen kann man es als Teil meiner Arbeit ansehen«, erklärte Johnson. »Und Ellie ist natürlich noch in dem seligen Zustand, sich von der Anerkennung als echte Schriftstellerin so geehrt zu fühlen, daß sie wahrscheinlich bereit wäre, für dieses Privileg noch zuzuzahlen. So, wie’s aussieht, werden wir es wohl mit fünfzig Kandidaten zu tun haben. Ich hoffe, Sie sind zufrieden mit der Vorauswahl? Ich kenne Mr. Dee und seine liebenswürdige Assistentin nicht gut genug, um etwas über ihr Urteilsvermögen zu sagen, aber wie mir scheint, hat man ihnen die Aufgabe nicht wegen ihrer besonderen Eignung übertragen, sondern weil sie einfach verfügbar waren.«
    »Ich kenne Dick Dee seit meiner Jugend, und Ihre Kollegen aus der Literaturwissenschaft dürften sich glücklich schätzen, wenn sie wenigstens soviel über Sprache wüßten, wie er schon wieder vergessen hat«, erwiderte Penn.
    »Woraus ich wohl schließen darf, daß Sie nicht gewillt sind, sich Beiträge anzuschauen, die er verworfen hat«, lachte Johnson.
    »Ich kann auch nicht gerade behaupten, daß ich mich auf die freue, die er nicht verworfen hat«, antwortete Penn. »Wenn man das Beste aus einem Misthaufen herausklaubt, hat man schließlich immer noch Mist.«
    »Vorsicht«, murmelte Johnson. »Sprechen Sie nie schlecht von jemandem, der Ihnen was spendiert hat.«
    »Hm?« Penn sah Roote an. »Sie haben doch nicht auch was eingereicht, oder?«
    Franny Roote nahm einen Schluck aus seiner Flasche, setzte sein verschlagenes Lächeln auf und erwiderte: »Ich verweigere die Aussage mit der Begründung, daß ich mich disqualifizieren könnte.«
    »Wie bitte?«
    »Na, nehmen wir einmal an, ich habe auch was abgegeben, und nehmen wir an, ich gewinne. Und am Ende stellt sich heraus, daß ich prominenten Mitgliedern der Jury einen ausgegeben habe, wie stehe ich dann da?«
    »Ich glaube nicht, daß sie deshalb die Titelseite der
Sun
ändern würden. Nicht einmal die der
London Review of Books

    »Trotzdem.« Roote wandte sich Johnson zu.

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