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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Bürger gibt der kluge Polizist stets vor, seine goldene Rolex sei ein Hongkong-Imitat.
    Es war ein stiller Tag, und die Trauergäste verhielten sich trotz ihrer Zahl so ruhig, daß die Worte und Geräusche vom Grab bis zu jenen drangen, die wie Hat in einiger Entfernung vom düsteren Zentrum dieser Totenfeier standen.
    … Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub …
    … eine Frau schluchzte auf …
    … und dann das endgültigste aller Geräusche, die Schaufel Erde, die auf den Sargdeckel fällt …
    Dann war es vorbei, und die Menge, für einen Moment im großen Mysterium geeint, das der Tod für uns darstellt, kehrte mit einem beinahe hörbaren Seufzer der Erleichterung zu dem noch größeren Mysterium des Lebens zurück und löste sich schnell in kleine Grüppchen auf. Alle wandten sich wieder ihren alltäglichen Sorgen zu, die uns davon abhalten, über das eine wie das andere nachzudenken.
    Hat beobachtete von der Kirchentreppe aus, wie sich die Menge zerstreute. Einige gingen rasch zu ihren Autos, weil sie den Stau voraussahen, der sich eine halbe Meile über das schmale Landsträßchen quälen würde, bis es in eine größere Straße mündete. Andere strebten in entgegengesetzter Richtung dem Dorf zu. Dort gab es zwei Pubs, das
Baker’s Arms
und das
Bellman.
Das Häuschen von Mrs. Ripley war zu klein, um so viele Gäste aufzunehmen, und so hatte die Familie für den Leichenschmaus einen Saal im Bellman gemietet. Hier hatten nur geladene Gäste Zutritt. Eine weise Vorsichtsmaßnahme, dachte Hat, dem schon öfter der mächtige Appetit von Presseleuten aufgefallen war. Soweit er wußte, war auch niemand von der Polizei eingeladen worden. Allerdings bezweifelte er, daß Dalziel auf so etwas Rücksicht nahm.
    Nun setzte sich die Familie in Begleitung des Vikars in Bewegung. Vorneweg, zwischen einem jungen Mann und einer jungen Frau, ging Mrs. Ripley, bleich wie Mondlicht. Das müssen ihr Sohn, Lehrer in Newcastle, und ihre zweite Tochter sein, die als Krankenschwester in Washington, D. C., lebt, dachte Hat. Ab und zu hatte er vorgeschlagen, über Familiengeheimnisse und -anekdoten zu plaudern, um Jax’ Fragen nach seiner Arbeit auszuweichen. Zwar hatte er nie mit ihr geschlafen, aber es hatte nicht viel gefehlt: Immerhin hatte sie ihm einmal versichert, sie wolle von ihm lieber Intimes als Informationen. Nun überwältigte ihn die Trauer. Er hatte sie wirklich gemocht, und jetzt würde er sie nie mehr wiedersehen.
    Noch dazu hatte ihm seine Selbstverleugnung nichts eingebracht, war doch Andy Dalziel überzeugt, er habe ihr sämtliche Geheimnisse des CID im Bett ins Ohr geflüstert.
    Als die Familie sich näherte, warf die junge Frau Hat einen Blick zu, sagte etwas zu ihrer Mutter, löste sich von ihrem Arm und ging auf ihn zu.
    Sie hatte so große Ähnlichkeit mit ihrer Schwester, daß Hat froh war, ihr im hellen Sonnenschein und unter vielen Menschen zu begegnen.
    »Entschuldigen Sie, sind Sie nicht Detective Bowler?«
    In den Staaten klang sie sicher noch sehr englisch, aber in den sechs Jahren, die sie nun dort schon lebte, hatte sie sich einen eindeutig amerikanischen Akzent angeeignet.
    »Ja.«
    »Ich bin Angie, die Schwester von Jax.«
    »Das habe ich mir schon gedacht. Es tut mir ja so leid …«
    Überrascht und verärgert stellte er fest, daß seine Stimme versagte. Aber offensichtlich begriff sie, daß seine Gefühle echt waren, und auf ihrem Gesicht zeigte sich nur Verständnis. Sie legte ihm die Hand auf den Arm und sagte: »Ja, mir auch. Jax meinte, Sie wären sehr nett zu ihr gewesen.«
    »Sie hat Ihnen von mir erzählt?« fragte er geschmeichelt.
    »Ja, wir hatten immer ein sehr enges Verhältnis, und das hat sich nicht geändert, als ich über den Teich gegangen bin. E-Mails, Briefe – wir haben uns alles erzählt. Ich habe eben mit zwei anderen Polizisten gesprochen, die Mum kondoliert haben, und nach Ihnen gefragt.«
    Zwei andere Polizisten. Das konnten nur Dalziel und Pascoe sein. Sein Herz rutschte ihm in die Hose, als er sich vorstellte, welche Schlußfolgerungen Dalziel aus der Tatsache ziehen mochte, daß Angie seinen Namen kannte.
    »Sie wird mir fehlen«, sagte er. »Wir waren Freunde … zumindest empfand ich mich als ihr Freund, ich weiß nicht, ob sie … ich meine, was …«
    Sie kam ihm zu Hilfe.
    »So hat sie das auch gesehen. Am Anfang waren Sie für sie nur eine möglicher Informant, später ein Freund. Und Sie haben nicht versucht, als Informant aus der

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