Die rätselhaften Worte
Situation Vorteil zu ziehen. Dabei hätte sie nichts dagegen gehabt, wenn Sie es als Freund getan hätten. He, Sie brauchen nicht rot zu werden. Wir haben … wir hatten keine Geheimnisse voreinander. Schon seit Kindertagen. Deshalb wollte ich mit Ihnen reden. Jax war sehr ehrgeizig, das werden Sie ja wohl gemerkt haben, und wenn es um ihre Karriere ging, nahm sie gerne eine Abkürzung. Dabei konnte sie durchaus auch mal eine Weile einen Mann über sich ertragen, solange sie im Spiegel an der Decke seinen Hintern betrachten konnte. Sie werden ja schon wieder rot. Wie gesagt, wir waren sehr offen zueinander.«
»Entschuldigen Sie. Ich bin es eher gewohnt, daß die Leute versuchen, etwas vor mir zu verbergen, wenn sie mit mir reden.«
»Hört sich nach einem tollen Job an. Ich war gerade im Urlaub, bin durch Mexiko getourt, als die Sache mit Jax passierte. So habe ich erst vor ein paar Tagen davon erfahren. Es war wie ein Alptraum. Ich habe in meinen Computer geschaut und fand dort viele Mails von Jax und dann plötzlich eine von meinem Bruder, ich solle unverzüglich mit ihm Kontakt aufnehmen. Ich wollte nicht, weil ich irgendwie wußte, daß er mir sagen würde, Jax sei tot.«
»Es tut mir leid«, sagte Hat hilflos. »Es ist wirklich schrecklich. Ich habe sie gefunden … ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie schlimm das war … Ich versichere Ihnen, wir kriegen den Kerl … Ich weiß, das sagen Polizisten immer, aber ich meine es ernst. Wir kriegen den Kerl.«
»Deshalb wollte ich Sie sprechen«, meinte Angie. »Gehen wir ein Stück zusammen. Sie kommen doch mit in den Pub?«
»Nein, also, das heißt, ich bin gar nicht eingeladen worden …«
»Dann sind Sie es jetzt. Kommen Sie. Wenn wir noch länger hier auf der Treppe stehen, dann denken die Leute noch, ich machen Ihnen einen Antrag.«
Sie hakte sich bei ihm unter und zog ihn mit sanfter Gewalt in Richtung der anderen Trauergäste. Er warf einen Blick zurück und bemerkte Dalziel und Pascoe, die ihm nachsahen. Der Dicke verzog keine Miene, aber Bowler brauchte seine Phantasie nicht sonderlich zu bemühen, um sich auszumalen, was er von diesem neuen Bündnis hielt.
»Was wollen Sie mir denn erzählen?« fragte er.
»Halten Sie mich nicht für eine Spinnerin mit Sherlock-Holmes-Allüren«, antwortete sie, »aber da gab es etwas in der letzten E-Mail von Jax, was ihr Jungs von der Polizei erfahren solltet, falls ihr es nicht ohnehin schon wißt.«
Hat versuchte erst gar nicht, sich darauf einen Reim zu machen, sondern wartete geduldig.
»Die Mail stammt von dem Abend, an dem sie ermordet wurde. Sie hatte gerade diese irre Geschichte über den mutmaßlichen Serienmörder gebracht und machte sich riesige Hoffnungen, dadurch den Job in London zu bekommen, hinter dem sie her war. Dann hat sie noch geschrieben, sie müsse jetzt so schnell wie möglich aus Yorkshire verschwinden. Es gebe jemanden, der sei ziemlich sauer, weil sie mit der Sache rausgekommen sei, und der könne glatt auf die Idee kommen, sie umzubringen. Das war wohl als Witz gemeint. Englische Bullen bringen doch keine Leute um, oder etwa doch? Aber ich dachte, ich sollte das besser jemandem erzählen …«
»Moment mal«, sagte Hat. »Sie sagten Bulle … Sie sprechen da von einem Polizisten?«
»Natürlich«, sagte sie ungeduldig. »Hören Sie mir überhaupt zu? Ich spreche über ihren Informanten, denjenigen, der ihr alles gesteckt hat, woran ihr gearbeitet habt, einschließlich der Sache mit dem Serienmörder. Sie glauben doch nicht etwa, daß Sie der einzige waren, bei dem sie es versucht hat? Der Unterschied war allerdings, daß sie bei diesem Kerl Erfolg hatte. Und als ich das alles überflogen habe, wurde mir klar, daß er sich mächtig auf den Schlips getreten fühlen mußte, als sie die Geschichte an die große Glocke gehängt hat.«
»Das ist nicht gerade ein Mordmotiv«, wandte Hat ein. »Daß man sich auf den Schlips getreten fühlt, meine ich.«
»Manchen Leuten reicht das. Aber stellen Sie sich doch mal vor, er dachte, jetzt, wo sie ihn fallengelassen hat, sei es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie ihn absichtlich oder unabsichtlich verpfeifen würde, und was wäre dann mit seiner Karriere? Wenn er ihr den Mund stopfen wollte, dann war das ein sehr günstiger Zeitpunkt, direkt, nachdem sie im Fernsehen über diesen Irren berichtet hatte. In welche Richtung würden eure Leute sonst ermitteln, zumal es ihm seine Position ermöglicht, die Untersuchungen entsprechend zu
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