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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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hatte und beim Dicken wieder unten durch war. Der sah ihn mit seinen blutunterlaufenen Augen an, als wäre er soeben einem Raumschiff entstiegen.
    »Du warst wohl viel mit Mr. Pascoe zusammen, Junge?« meinte er schließlich. »Ich habe jedenfalls immer Probleme mit meinem Seelenleben, wenn mir der Magen knurrt, und nach dem zu schließen, was du da zusammenfaselst, hast du heute auch noch nichts Ordentliches gegessen. Schon gut, schau mich nicht an, als hätte ich mich auf deinen Hamster gesetzt. Stimmt schon, Charley Penn ist irgendwie komisch. Aber Charley Windsor ist kaum besser, und dem rück’ ich auch nicht auf die Pelle. Spaß beiseite. Vor langer Zeit gab’s hier mal eine ganz anständige schottische Hackfleischpastete mit Erbsenbrei. Aber eins sage ich dir …«
    »Was, Sir?«
    »Wenn dieser Kerl da hinten mir dafür Maiskuchen serviert und sagt, daß ich den Unterschied nicht merke, dann schüttle ich ihn, bis er sein Seelenleben über den Tresen speit!«

[home]
    Zwanzig
    J ax Ripley war am Rande der Moore von Nord-Yorkshire in einem großen Dorf mit kleinstädtischen Ambitionen zur Welt gekommen und aufgewachsen. Hier sollte sie nach dem Willen ihrer verwitweten Mutter begraben werden.
    Wenn Charley Penn recht hat und Jax Ripleys Mörder auf ihrer Beerdigung erscheint, dann haben wir die große Auswahl, dachte Hat Bowler. Er blickte von der Kirchentreppe, die einen guten Überblick bot, auf den Friedhof. Verwandte, Freunde und Kollegen hätten allein schon eine stattliche Trauergemeinde ergeben, aber dank all der Leute, die sich zu ihren Bekannten zählten, weil sie sie im Fernsehen gesehen hatten, oder die einfach aus reiner Neugier erschienen waren, befand man sich in den Größenordnungen eines Prominentenbegräbnisses.
    Natürlich war John Wingate gekommen. Er hatte seinen Kameramann mitgebracht, der aus diskretem Abstand filmte. Auch die
Gazette
war zweifach präsent: Während Mary Agnew ganz in Schwarz die Rolle der trauernden Freundin und Kollegin spielte, sorgte Sammy Ruddlesdin dafür, daß die für die Lokalpresse gebotene Pietät den Fotografen der
Gazette
nicht daran hinderte, zum Schuß zu kommen. Die landesweiten Medien, die ihre Hyänen rudelweise geschickt hatten, kannten in dieser Hinsicht keinerlei Schamgrenze. Auch Percy Follows und Dick Dee von der Bibliothek waren da. Hat hatte Rye angerufen, um sich zu erkundigen, ob sie ebenfalls kommen werde. Sie hatte ihm ziemlich barsch erklärt, daß sie a) diese Frau kaum kenne und b) schließlich jemand die Arbeit machen müsse. Der unvermeidliche Ambrose Bird war da, der letzte der Schauspieler-Direktoren. Hat fragte sich, worin seine Beziehung zu der Toten bestanden haben mochte. Vielleicht wollte er bloß die theatralische Szene mit seiner eindrucksvoll melancholischen Erscheinung bereichern. Trotzdem drängte sich manchen der Eindruck auf, daß er mit seinem wadenlangen purpurroten Umhang weniger wie Hamlet als wie ein Schmierenkomödiant wirkte. In der Kirche hatte er Follows durch das Seitenschiff überholt und so den letzten freien Platz in der zweiten Stuhlreihe ergattert, worauf er sich mit triumphierendem Lächeln zu seinem Rivalen umgewandt hatte.
    Auch Franny Roote fehlte nicht. Warum er gekommen war, das war sicher eine Frage wert. Wie er in seiner ewigen schwarzen Kluft etwas abseits stand und die Trauergäste beobachtete, sah er aus wie der Gehilfe von Gevatter Tod, bereit, auf einen Wink seines Herrn vorzutreten und ihm zu Diensten zu sein. Sein Aufzug bildete einen starken Kontrast zu Charley Penn, der bei dieser Gelegenheit seine gewohnte brüchige Lederweste und seine abgewetzten Cordhosen gegen ein Jackett mit breitem Revers und Schlaghosen in hellem, fast leuchtendem Grau mit rosa Nadelstreifen vertauscht hatte. Er hätte besser auf eine Hochzeit in den siebziger Jahren gepaßt. Dalziels Jackett war hingegen so schwarz, daß die Totengräber daneben geradezu maulwurfsgrau wirkten. Pascoe wirkte schlank und elegant in seinem italienischen Anzug, den, so vermutete Hat, wohl seine Frau ausgesucht hatte. Nicht, daß er Pascoe keinen Geschmack zutraute, er nahm nur an, sein Vorgesetzter hätte von sich aus für diese Gelegenheit etwas Konservativeres gewählt. Heutzutage ist es durchaus von Vorteil für eine Karriere in den höheren Rängen der Polizei, wenn man eine gute Figur macht und sich in Gesellschaft bewegen kann, aber wer sich teuer und modisch kleidet, wird immer noch schief angesehen. In Umkehrung zum einfachen

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