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Die Rättin

Die Rättin

Titel: Die Rättin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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Hexe, der Zauberer Merlin und die Bösen Feen versuchen, die Räumdrachen mit Verwünschungen und Zaubersprüchen aufzuhalten. Aber alle Bannflüche prallen funkensprühend ab oder verändern nur Äußerlichkeiten: Es wachsen den Spezialfahrzeugen Drachenzähne, rollende Augen sind ihnen eingesetzt, zwischen Dorn und Räumgatter fährt glühend eine gespaltene Zunge aus; auf diese Weise gehört unseres Herrn Matzerath Flammenwerfer doch noch zur Ausrüstung der Räumdrachen.
Von all dem unbetroffen ist einzig der Prinz. Verzückt und wie außer sich wirft er richtungsweisende Küsse. Jetzt erreicht die Kolonne, deren letzter Drachen eine mit Schutzschildern und Visierhelmen bestückte Spezialtruppe transportiert, die Waldlichtung, in deren Mitte das steingehauene Denkmal der Grimmbrüder steht.
Mit Entsetzen sehen die Märchengestalten im Zauberspiegel, wie einer der Räumdrachen den Rammbock ausfährt, Anlauf nimmt, das Denkmal rammt, den Sockel abermals rammt, mit neuem Anlauf die steingehauenen Grimmbrüder stürzt, worauf sie in Stücke brechen, die von den anderen Räumdrachen in den Waldgrund gewalzt werden, auch die uns lieb vertrauten, nun schmerzlich angeschlagenen Köpfe.
Es ist, als wollten im Knusperhäuschen alle Märchengestalten, die der praktischen Gewalt zusehen, mit den Grimmbrüdern im Boden versinken. Die Guten und Bösen Feen rufen: »Wehe den Menschenkindern, sie wissen nicht, was sie tun!« Jetzt zeigt der wachküssende Prinz, der dem Zerstörungswerk anfangs fassungslos zusah und sich dann seine Kappe über die Augen zog, eine neue Richtung an. Doch da die Räumdrachen nicht der Weisung des Prinzen folgen, vielmehr entgegengesetzt ein Ziel ansteuern, wendet sich die Gewalt nicht dem Dornröschenschlaf hinter Dornenhecken zu; vorher soll noch ruckzuck eine Rechnung beglichen werden. Immer tiefer frißt sich die Kolonne durch heilen Wald.
»O weh!« ruft Schneewittchen, »Nun ist mein Märchen bald aus!«
Es jammern Jorinde und Joringel: »Unsere Trauer wird nimmermehr sein.«
Rotkäppchen, das dumme Ding ruft: »Vielleicht besuchen sie uns nur!?«
Rapunzel weiß: »Ohne Märchen werden die Menschen verarmen.«
»Ach was«, sagt Rumpelstilzchen, »wir fehlen ihnen schon lange nicht mehr.«
Über das Gejammer der Untertitel hinweg (in das nun auch unser Herr Matzerath einstimmt: »Dieser schlimme Ausgang bereitet mir Sorge!«) ruft Rübezahl zum Widerstand auf. »Mir nach!« ruft er und schwingt seine Keule.
Alle verlassen das Knusperhäuschen. Die Böse Stiefmutter nimmt ihr Ein und Alles, den Zauberspiegel an sich, in dem soeben noch die Räumdrachen alles zerstörend im Bild waren. Draußen wird der Wolf von der Kette gelassen. Die Bösen Feen nehmen alle Verwünschungen von den verwunschenen Raben, Schwänen, dem Reh, worauf sich eine Horde halbstarker Prinzen verlegen die Beine vertritt, dann zusammenrottet: ängstlich und trotzig zugleich.
Die Zwerge verteilen die Flaschen voller Hexenpisse. Nichts Hilfloseres fällt König Drosselbart ein, als den Standhaften Zinnsoldaten zum General zu befördern. Der Wolf kneift den Schwanz ein, will an die Kette zurück. In den Brunnen flüchten möchte der Froschkönig, doch seine Dame und die Hexe auch hindern ihn, sich zu verdrücken. Vor allen anderen hört das Mädchen ohne Hände den Lärm der immer näherkommenden Gewalt: es stopft sich die Ohren. Hänsel faßt Gretels Hand.
Jetzt brechen sie aus dem Wald, sechs an der Zahl, breit gefächert. Greifer, Dorn, seitliche Saugrüssel fahren sie aus. Rammböcke drohen, die Räumgatter. Zwischen Gatter und Dorn glühend gespaltene Zungen. Schrecklich rollen die Augen. Hinter den Räumdrachen sichert die abgesessene Spezialtruppe, von Schilden und durch Visiere geschützt, das geräumte Gelände. Aus einem der Panzertürme lächelt und winkt der wachküssende Prinz dümmlich den kampfbereiten und doch verlorenen Märchengestalten zu. Sogar Küßchen verteilt er, bis ihn des Kommandierenden Faust in den Drachen zwingt. Aus anderen Luken segnen die Bischöfe das vorbestimmte Geschehen. (Mir ist, als habe sich unser Herr Matzerath, wie von Jugend an gewohnt, mit dem Feind wenn nicht verbündet, so doch gemein gemacht; zwischen den Industriebossen ahne, nein, sehe ich ihn.) »Nieder mit den Märchen!« heißt die Parole des Kanzlergenerals.
Die Sieben Zwerge und weitere Winzlinge und Schrate werfen abgefüllte Hexenpisse wie Molotowcocktails. Zwar explodieren die Flaschen, doch setzen alle Räumdrachen,

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