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Die Räuber

Die Räuber

Titel: Die Räuber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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ein
    zweiter sich bemühte, den Postillon hinunterzuziehen von sei-
    nem Sitz. Indem es aber dem Postillon gelang, sich durch ei-
    nen Peitschenschlag ins Gesicht des Räubers von dem Angriff
    zu befreien, hatte Willibald mit seinem guten Doppelgewehr
    den andern so richtig aufs Korn gefaßt, daß er wohlgetroffen
    niederstürzte. Hartmann wollte seine Pistolen auf den Räuber
    abdrücken, der auf den Wagen zusprang, fühlte sich aber in
    demselben Augenblick von einem Schuß verwundet. Willi-
    bald schoß den zweiten Lauf seines Gewehrs auf diesen Räu-
    ber ab, indem der Postillon die Pferde anpeitschte und fort-
    jagte in gestrecktem Galopp. Nun hörten sie hinter sich Schuß
    auf Schuß fallen und ein wildes wütendes Geschrei. „Ho ho,“
    jauchzte der Postillon auf, als sie eine gute Strecke davon wa-
    ren, „ho, ho, nun ist’s gut, nun ist’s gut, die Jäger des Herrn
    Grafen sind heran!“
    Alles war der Vorgang eines Moments, und überrascht von
    der bedrohlichen Gefahr, stets gespannt, eines wiederholten
    Angriffs gewärtig, kamen sie erst zur Besinnung, als der Po-
    stillon schon anhielt auf der neuen Station. Unerachtet die Ku-
    gel nur Hartmanns rechten Arm gestreift, blutete die Wunde
    doch so stark und schmerzte so heftig, daß an Weiterreisen
    gar nicht zu denken war. Ein elendes Wirtshaus, das kaum
    die gewöhnlichste Bequemlichkeit darbot, kein ordentlicher
    Wundarzt in der Nähe, alles dieses setzte die Freunde in nicht
    geringe Verlegenheit, die bei Willibald zur ängstlichsten Sorge
    wurde, als nach dem Verbande, den ein elender Bartscherer
    ungeschickt genug angelegt, Hartmann in ein nicht gar leich-
    tes Wundfieber verfiel. Willibald verwünschte Hartmanns
    Herzhaftigkeit oder vielmehr seinen Leichtsinn, der sie nun
    plötzlich festbannte in ein verwünschtes Loch, so daß bloß
    dieser Aufenthalt nun doch, da sie dem mörderischen Angriff
    glücklich entrannen, Hartmanns Leben in Gefahr setzte und
    vielleicht gar die ganze Reise vereitelte. —
    Am andern Morgen, als eben Hartmann erklärte, daß er
    zur Not die Reise fortsetzen könne, und Willibald hin und
    her überlegte, was nun geratner sei, zu bleiben oder zu reisen,
    ohne zum Entschluß zu kommen, wandte sich die Sache un-
    vermutet ganz anders.
    Seitwärts, von dem Mulda-Fluß durchströmt, lag nämlich
    die reiche weitläuftige Herrschaft des Grafen Maximilian von
    C., und von diesem an die Freunde abgesandt, erschien ein
    Diener, der sie auf das dringendste einlud, sich auf das Schloß
    des Grafen zu begeben, das nur wenige Stunden entlegen. Der
    Herr Graf, fügte der Diener hinzu, habe vernommen, daß die
    Herrn Reisenden auf seinem Gebiet von Raubgesindel ange-
    fallen und der eine von den Herrn bei tapferer Gegenwehr
    sogar verwundet worden. Zu spät wären seine Jäger herbei-
    geeilt, um die Gefahr ganz abzuwenden oder wenigstens den
    Herren beizustehen. Für seine Pflicht halte es daher der Herr
    Graf, die Herrn Reisenden so lange aufzunehmen in seinem
    Schlosse, bis der verwundete Herr völlig hergestellt sein werde
    und seine Reise fortsetzen könne.
    Die Freunde mußten diese Einladung für eine besondere
    Gunst des Schicksals halten und nahmen daher um so weni-
    ger Anstand, ihr zu folgen.
    Dem reitenden Diener war eine große, wohlausgepolsterte,
    mit vier schönen Pferden bespannte Kutsche, in der sich noch
    eine Menge weicher Kissen befanden, gefolgt. In diese wurde
    von den andern noch mitgekommenen Dienern Hartmann
    mit einer Behutsamkeit gepackt, als sei er verwundet auf den
    Tod, und jeder harte Stoß könne in der Tat ihm augenblicklich
    das Leben kosten. Hartmann machte, als ihn die Leute in
    den Wagen trugen, unerachtet er recht gut zu Fuße, solch ein
    grämliches leidendes Gesicht, als sei er selbst überzeugt von
    der großen Gefahr seines Zustandes, worüber denn Willibald
    im Innern recht herzlich lachen mußte. — Fort ging es nun
    in sehr leisem Trab, Willibald folgte der Krankenkutsche in
    dem Reisewagen.
    Es schien, als habe der Graf die Ankunft der Freunde gar
    nicht erwarten können, denn schon am äußern Portal des
    Schlosses wurden sie von ihm empfangen.
    Graf Maximilian von C. war ein stattlicher Herr in den
    siebziger Jahren, das zeigte sein schneeweißes Haar und sein
    tiefgefurchtes Antlitz. Dem Alter trotzte aber die jugendliche
    Raschheit in der Bewegung, die starke wohltönende Sprache
    und das milde Feuer, das in den großen sprechenden Augen
    strahlte. Eben ein ganz besonderer Blick

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