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Die Räuber

Die Räuber

Titel: Die Räuber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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bald aufgeführt! — Ja, ich bin Franz, den Amalia
    verabscheut! — Aber nicht, bei Gott, bei allen Heiligen, nicht
    jener Verworfene, dessen Gestalt dem Dichter aus der Hölle
    selbst aufstieg. Nein, nur ein Unglücklicher, den ein schwar-
    zes Verhängnis erfaßt, dem schmerzliebsten qualvollsten
    Tode geweiht hat — und dies Verhängnis ruht unvertilgbar in
    seiner eigenen Brust. — Verlassen Sie mich, erwarten Sie mich
    in Ihrem Zimmer.“
    Wirklich trat bald, nachdem die Freunde zurückgekehrt
    waren in ihr Gemach, Graf Franz ebenfalls hinein. Er schien
    sich ganz erholt, ganz gefaßt zu haben und begann mit leisem
    ruhigen Ton: „Der Zufall hat Sie in den Abgrund blicken las-
    sen, in dem ich wohl rettungslos untergehen werde. Ich nenne
    es nicht unbedachtsam, nein, dasselbe finstere Geschick, das
    bedrohlich über mir schwebt, zwang Sie dazu, mich an die
    seltsame Ähnlichkeit der Gestaltung unseres Hauses mit der
    in jenem schauderhaften Trauerspiel zu erinnern, an die ich,
    so sehr sie ins Auge springen mag, doch früher niemals ge-
    dacht. Es war, als reichten Sie mir den Schlüssel dar zu dem
    furchtbaren Geheimnis, das sich mir nun auftun würde, und
    nicht der Zufall, nein, eben jenes finstre Geschick habe Sie
    hergeführt, mich zu stürzen in den Abgrund. Wie mich die
    Ursache Ihres Erstaunens bei der Tafel, der ganze Aufschluß
    deshalb im Innern zermalmte, wird Ihnen nicht entgangen
    sein. Erfahren und erstaunen Sie noch mehr über das rätsel-
    hafte Wirken des wallenden Geistes, daß ich wirklich einen
    älteren Bruder habe, Karl geheißen. Doch nicht jener entsetz-
    liche, aber wahrhaft große Räuberhauptmann ist jener Karl —
    nein. — Schwer, sehr schwer wird es mir, von der Schmach
    zu sprechen, die unser Haus befleckt, aber das, was sich vor
    Ihren Augen soeben begab, zwingt mich dazu, und das voll-
    ste Vertrauen hege ich, daß Sie alles, was ich Ihnen entdecke,
    bewahren werden als ein tiefes Geheimnis. — Schon in frü-
    her Jugend bewies Karl bei einer vorzüglich schönen Gestal-
    tung die seltensten Fähigkeiten des Geistes, ja in allem, was
    er begann, eine schimmernde Genialität. Um so entsetzlicher
    schien es daher, daß ebenso früh sich sein entschiedener Hang
    zu Ausschweifungen, ja zu Abscheulichkeiten jeder Art aus-
    sprach. Dies war unserm Hause, den glorreichen Ahnen so
    fremd, daß mein Vater den Fluch einer grausen Tat darin er-
    blicken wollte. — O Gott! — man sagte, Karl, der Erstgeborne,
    sei die Frucht eines bösen Frevels, dem meine Mutter unterlag.
    Auch Amalia soll ihre Geburt einem schändlichen Truge ver-
    danken, der einer vom Wahnsinn der Liebe zum Verbrechen
    hingerissenen Frau den Mann in die Arme führte, den meine
    Mutter einst liebte, und den sie meinem Vater aufzuopfern
    gezwungen. — Sie sehen, daß für einen handfesten Psycho-
    logen es hier viel zu deuteln gibt, keinen von Ihnen mag ich
    aber dafür halten. Lassen Sie mich schweigen von der unun-
    terbrochenen Reihe von Bosheiten und schlechten Streichen,
    die, dem Vater zu steter Qual, Karls ganze Laufbahn auf einer
    fremden Universität beschmutzten. — Endlich gelang es dem
    Vater, ihm Militärdienste zu verschaffen. Er brachte es bis zum
    Hauptmann: es ging ins Feld; da — bestahl er die Kriegskasse,
    wurde infam kassiert und nach der Festung geschafft. — Er
    entsprang, und wir hörten nichts mehr von ihm. — Man
    schrieb mir vor einiger Zeit, daß man aus guter Quelle wisse,
    der infam kassierte Graf Karl von C. sei als Hauptmann ei-
    ner Räuberbande im Elsaß eingefangen worden und werde
    nächstens hingerichtet werden. Ich habe dafür gesorgt, daß
    der Vater nichts davon erfährt, nichts erfahren kann, dieser
    letzte Schlag würde ihn augenblicklich töten. — Und diesen
    Verworfenen liebt die Gräfin, liebt ihn mit einer grenzenlosen
    wahnsinnigen Inbrunst. Zwölf Jahre war Amalia alt, als Karl
    das väterliche Haus verließ, in dem die vater- und mutterlose
    Nichte aufgenommen worden. Finden Sie es möglich, daß
    ein Kind in solcher Liebe entbrennen, daß diese Liebe, eine
    unverlöschbare Flamme, ihr ganzes Wesen ergreifen konnte?
    Ein satanisches Geheimnis ist diese Liebe, und die Schauer
    der Hölle durchbeben mich oft, wenn ich Amalia erblicke,
    in Gram, in Schmerz aufgelöst, verzehrt von den Qualen ei-
    ner Sehnsucht, die alles, was Tugend, was Jungfräulichkeit
    heißen mag, frech verhöhnt! — Sie wollen von mir selbst hö-
    ren? — Nun, mit eben der Inbrunst, mit

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