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Die Räuber

Die Räuber

Titel: Die Räuber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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ein Ende Karl Moor nimmt, ob er
    von Schweizer erstochen wird oder sich den Gerichten auslie-
    fert. Fraglich ist nur, ob wir als zufälliger Chorus es zulassen
    dürfen, daß Graf Franz den Vater in den alten Turm sperrt,
    der, wie du weißt, am Ende des Parks steht, vorzüglich da es
    vorderhand an Hermann, dem Raben, fehlt, der ihn füttert.“
    Willibald lachte sehr über Hartmanns närrischen Gedan-
    ken, meinte aber doch, daß in der Tat ein merkwürdiges Spiel
    des Zufalls hier die wichtigsten Personen aus jenem Trauer-
    spiel, wenigstens dem Namen nach, bis auf den Haupthelden
    zusammengebracht, so daß nur noch ein Hermann und ein
    alter Daniel fehle.
    „Wer weiß,“ erwiderte Hartmann, „ob nicht schon morgen
    uns beide erscheinen. Was aber den Haupthelden betrifft, so
    gehört der vorderhand nicht ins Schloß, und doch ist’s mir so,
    als würde auch nun nächstens ein seltsam gekleideter Mann
    mit sonnverbranntem, wildem Antlitz kommen und senti-
    mentalerweise rufen: ‚Du weinst, Amalia?‘ —“
    Die Freunde spannen nach ihrer Weise aus, wie nun alles
    sich begeben und fügen müsse, und wetteiferten in allerlei, je-
    nes große, aber entsetzliche Trauerspiel parodierenden Ideen,
    und sie stritten noch dann, als jeder schon sich zu Bette bege-
    ben, so daß der Morgen zu dämmern begann, als sie endlich
    einschliefen.
    Andern Tages hieß es, Gräfin Amalia leide an heftigern
    Kopfschmerz und werde ihr Zimmer nicht verlassen. Graf
    Franz war ganz erheitert, gar nicht mehr derselbe, der er ge-
    stern gewesen, und auch dem alten Grafen schien eine große
    Last entnommen.
    So kam es, daß das Gespräch bei der Mittagstafel sich in
    rücksichtsloser Lebendigkeit frei und unbefangen bewegte,
    ohne auf irgendeine Weise verstört zu werden. Als bei dem
    Nachtisch ein seltner feuriger Wein kredenzt wurde und der
    alte Graf die Freunde fragte, ob man in Berlin wohl derglei-
    chen trinke, da meinte Hartmann, daß er sich zwar nicht er-
    innere, dergleichen getrunken zu haben, daß er dagegen bei
    irgendeinem Feste einen uralten Rheinwein genossen, der,
    wie es ihm schien, alles übertroffen, was er bisher von selte-
    nen Weinen gekannt. „Hoho,“ rief der alte Graf, indem sein
    Antlitz vor Freude glänzte, „hoho, wir wollen sehen, was mein
    Keller vermag. Daniel,“ rief er dann einem Diener zu, „Da-
    niel soll einmal ein paar Flaschen von dem hundertjährigen
    Rheinwein hinaufschaffen und den Kristallpokal dazu!“ —
    Man kann denken, daß die Freunde sich ein wenig selt-
    sam getroffen fühlten bei dem Namen Daniel. Bald darauf
    trat ein eisgrauer Mann mit gekrümmtem Rücken hinein
    und brachte den Wein sowie den Pokal herbei; da konnten
    sie ihren Blick nicht von der Gestalt wegbringen. Hartmann
    sah seinen Freund Willibald mit einer Miene an, als wollte er
    fragen: „Nun, hab’ ich nicht recht gehabt?“ Da entschlüpften
    Willibald die Worte: „In der Tat, das ist höchst merkwürdig!“
    Als nach der Tafel die Freunde mit dem Grafen Franz
    allein geblieben und ganz heiter über dieses und jenes gespro-
    chen, brach der Graf plötzlich ab und fragte, erst Hartmann,
    dann Willibald scharf fixierend, was ihnen denn so aufgefal-
    len, so merkwürdig gedünkt bei der Erscheinung des alten
    Daniels. — „Gewiß,“ fuhr er fort, als die Freunde betroffen
    schwiegen, „gewiß rief der alte treue Diener unsers Hauses ei-
    ner Ähnlichkeit halber irgendein merkwürdiges Ereignis aus
    Ihrem Leben in Ihr Gedächtnis zurück, und ist dies Ereignis
    mitteilbar, so geben Sie mir Gelegenheit, das Talent, gut und
    lebendig zu erzählen, das Sie beide in hohem Grade besitzen,
    aufs neue zu bewundern; ich bitte Sie recht herzlich darum.“
    Hartmann meinte, daß Daniels Erscheinung sie keines-
    wegs an ein merkwürdiges Ereignis aus ihrem Leben, wohl
    aber an einen närrischen Einfall erinnert, der aber viel zu
    närrisch und dabei zu unbedeutend sei, um noch einmal wie-
    derholt zu werden.
    Als nun aber der Graf nicht nachließ, sondern immer
    mehr in die Freunde drang, ihm die Ursache ihres plötzli-
    chen Erstaunens bei der Mittagstafel zu entdecken, da sprach
    Willibald: „Können Ihnen denn die innern Gedanken der
    Fremdlinge, die ein Zufall Ihnen zuführte, von so großem
    Belange sein? — Doch Sie wollen wissen, was in uns vorging,
    als der alte Daniel hineintrat, nun, es sei! — Doch sagen Sie
    mir vorher, sollten Sie an der Aufführung irgendeines drama-
    tischen Werks teilnehmen, würde es

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