Die Räuberbraut
Mädchen, das Larrys gute Seiten zu schätzen weiß, das Verständnis für seine Arbeit hat, als was immer sie sich verflixt noch mal herausstellen wird, und nicht zuviel redet, und vor allem Kinder liebt. Und bitte, lieber Gott, mach, daß sie normale Haare hat.
Larry seufzt und bewegt sich, und Roz dreht sich um. Sie hat ihr Vorhaben, seinen Wecker zu überprüfen, aufgegeben. Soll er schlafen. Das wirkliche Leben wird ihn sich früh genug krallen, mit seinen glänzenden, spitzen, zupackenden roten Nägeln.
Barfuß und rosig und dampfend und in ein Badelaken gehüllt, flamingorosa, beste britische Qualität, sieht Roz ihren Spiegeltürenschrank durch, der eine ganze Wand ihres Zimmers einnimmt. Er enthält jede Menge Sachen, die sie anziehen könnte, aber nichts, was sie anziehen möchte. Sie entscheidet sich für das Kostüm, das sie in dieser italienischen Boutique in der Bloor Street gekauft hat: sie hat erst eine Besprechung, und anschließend trifft sie sich mit Tony und Charis zum Lunch im Toxique, und das Kostüm ist einerseits nicht zu lässig und andererseits nicht zu formell. Außerdem ist es um die Schultern herum nicht wie ein Mumiensarg geschnitten. Schulterpolster sind allmählich wieder passé, dem Himmel sei Dank, aber Roz hat ihre sowieso immer rausgeschnitten, sie hat reichlich Schultern für zwei. Die Zwillinge haben einige ihrer weggeworfenen Schulterpolster recycled: sie sind vor kurzem auf Füllfederhalter umgestiegen, weil Kugelschreiber aus Plastik zu umweltfeindlich sind, und wenn man die beiden hört, geben alte Schulterpolster erstklassige Federwischer ab. Es waren sowieso immer nur die ganz großen und schlanken und graziösen Frauen, die die verflixten Dinger tragen konnten; und wenn Roz auch groß ist, schlank und graziös ist sie nicht.
Die Schultern schrumpfen also wieder, dafür aber schwellen die Brüste. Nicht unbedingt ohne Hilfe. Roz ergänzt ihre Wunschliste durch ein: Bitte, lieber Gott, mach, daß sie keine Brustimplantate hat. Zenia war ihrer Zeit voraus.
14
Roz nimmt den Benz, weil sie weiß, daß sie später, wenn sie zu ihrem Lunch geht, auf der Queen parken muß, und der Rolls würde zuviel Aufsehen erregen. Wer braucht schon aufgeschlitzte Reifen?
Abgesehen davon nimmt sie den Rolls sowieso nur selten, sie kommt sich darin vor wie in einem Boot. Einem dieser altehrwürdigen, schweren Innenborder mit Mahagoniverkleidung und einem Motor, der Altes Geld, altes Geld flüstert. Altes Geld flüstert, neues Geld brüllt: eine der Lektionen, von denen Roz früher glaubte, sie müsse sie lernen. Sprich leiser, Roz, mahnte ihr innerer Zensor. Leise Stimme, unauffälliges Verhalten, beige Kleidung: alles, um nur ja nicht unter den drängelnden Horden neuen Geldes entdeckt und festgelegt zu werden. Schmaläugiges, nervöses Geld, geschmackloses Geld, ressentimentgeladenes Geld. Alles, um sich nur ja nicht die amüsierten, unschuldigen, milchigen, wütend machenden Blicke jener zuzuziehen, die nie sparen, nie ein paar Gesetze beugen, nie ein paar Arme verdrehen, ein paar Augen ausreißen, nie auch nur das geringste beweisen mußten. Die meisten Frauen mit neuem Geld waren der Verzweiflung nahe, sie hatten sich feingemacht und herausgeputzt, und dann gab es keinen Ort, an dem sie sich gefahrlos blicken lassen konnten, und folglich waren sie höllisch nervös, und die meisten Männer waren Spießer. Roz weiß alles über Verzweiflung und über Spießer. Sie lernt schnell, sie ist eine zähe Unterhändlerin. Eine der besten.
Aber inzwischen ist sie schon so lange neues Geld, daß sie fast schon altes Geld ist. In diesem Land dauert so etwas nicht lange. Inzwischen kann sie Orange tragen, inzwischen kann sie kreischen soviel sie will. Inzwischen kann sie sich all diese Dinge leisten; sie kann sie als liebenswerte Exzentrik verkaufen, und jeder, dem das nicht paßt, kann sie mal.
Den Rolls hätte sie trotzdem nicht gekauft. Zu protzig, für ihren Geschmack. Er ist ein Überbleibsel aus Mitchs Zeiten; es war Mitch, der sie dazu überredete, ihn zu kaufen, sie hat ihn für ihn gekauft, und er gehört zu den wenigen Dingen, die Mitch gehörten, von denen sie sich einfach nicht trennen kann. Er war so stolz darauf.
Meistens steht er nur in der Garage herum, aber sie ist damit zu Zenias Beerdigung gefahren, aus reiner Gehässigkeit. Siehst du, dachte sie. Du hast dir eine Menge unter den Nagel gerissen, du Miststück, aber sein Auto hast du nicht gekriegt. Nicht, daß Zenia es
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