Die Räuberbraut
dieser Mund, der ihr die größten Sorgen macht. Es ist der Mund eines Mannes, der von Frauen zugrunde gerichtet werden kann; von mehreren Frauen hintereinander. Oder von einer einzigen Frau: wenn sie mies genug wäre, würde eine einzige reichen. Eine einzige wirklich aalglatte, niederträchtige Frau, und der arme Larry wird sich verlieben, er wird sich ernstlich verlieben, er wird mit hängender Zunge hinter ihr herlaufen wie ein liebes, anhängliches, stubenreines Hündchen, er wird sein Herz an sie hängen, und dann: eine einzige Bewegung ihres schmalen, goldklirrenden Handgelenks, und er wäre nur noch eine leere Hülle.
Nur über meine Leiche, denkt Roz, aber was kann sie schon tun? Gegen diese unbekannte, zukünftige Frau wird sie hilflos sein. Sie weiß über Schwiegermütter Bescheid, sie weiß über Frauen Bescheid, die glauben, daß ihre Söhne vollkommen sind und keine Frau, keine andere Frau, je gut genug für sie ist. Sie hat es erlebt, sie weiß, wie destruktiv so etwas sein kann, sie hat sich geschworen, niemals so zu werden.
Sie hat bereits mehrere seiner Freundinnen überstanden – die an der High-School, die einen gekräuselten Pony und die winzigen, heimtückischen Augen eines Bullterriers hatte und behauptete, Gitarre spielen zu können, und ihren französischen BH, der die Brüste hochschob, in seinem Zimmer liegen ließ; die kurzsichtige Börsenmaklerstochter aus dem Sommercamp mit den aggressiv haarigen Beinen und dem geistigen Körpergeruch, die einmal eine Kunstreise durch Italien mitgemacht hatte und glaubte, das gebe ihr das Recht, sich über Roz’ Wohnzimmermöbel zu mokieren; die pummelige Klugscheißerin von der Uni, die Haare wie ein Männertoupet hatte, in einem leblosen, künstlichen Schwarz gefärbt und an den Seiten ausrasiert, die in jedem Ohr drei Ohrringe hatte und außerdem lederne Miniröcke trug, die ihr bis unter die Achselhöhlen reichten, die an der Frühstücksbar hockte und ihre dicken Schenkel übereinanderschlug und sich eine Zigarette ansteckte, ohne Roz eine anzubieten, und Roz’ Kaffeetasse als Aschenbecher benutzte und Roz fragte, ob sie Also sprach Zarathustra gelesen hätte.
Sie war die schlimmste; sie war diejenige, die sie dabei ertappte, wie sie sich im Eßzimmer am Rosenholzteewagen mit dem Silber zu schaffen machte; wahrscheinlich um irgendeine Kleinigkeit mitgehen zu lassen und zu verhökern und sich den Erlös durch die Nase zu ziehen, und alle würden die Putzfrau verdächtigen. Sie war auch diejenige, die es für taktvoll hielt, Roz darüber aufzuklären, daß ihre Mutter Mitch gekannt hatte, vor ein paar Jahren, und überrascht tat, als Roz sagte, sie hätte nie etwas von ihr gehört. (Unwahr. Roz wußte genau, wer die Frau war. Zweimal geschieden, Grundstücksmaklerin, Männersammlerin, Schlampe. Aber das war in Mitchs weiblicher Kleenex-Periode gewesen, einmal benutzen und wegwerfen, und sie hatte sich nur einen Monat gehalten.)
Larry war dieser Person in keiner Hinsicht gewachsen. Also sprach Zarathustra , also wirklich! Anmaßendes kleines Miststück. Roz hörte, wie sie zu den Zwillingen sagte (und die beiden waren damals erst dreizehn!), ihr Bruder hätte einen tollen Arsch. Ihr Sohn! Einen tollen Arsch! Das aufgedonnerte Flittchen benutzte ihn nur, aber Roz hätte nur einmal versuchen sollen, ihm das zu sagen!
Nicht, daß sie seine Freundinnen viel zu sehen bekäme. Larry hält sie gut versteckt. Ist sie ein nettes Mädchen? erkundigt sie sich. Bring sie doch mal zum Essen mit! Aber darauf kann sie lange warten. Und nicht einmal rotglühende Kneifzangen würden ihm nähere Information entlocken. Roz weiß trotzdem, wenn sie nichts Gutes im Schilde führen. Sie begegnet diesen Mädchen auf der Straße, mit ihren winzigen Beißern und Klauen an Larry gekrallt, und Larry stellt sie vor, und sie erkennt es an ihren ausweichenden, kleinen, wimperntuscheverklebten Augen. Wer weiß, welches Übel in den Herzen der Frauen lauert? Eine Mutter weiß es.
Sie hat sie alle ausgesessen, hat sich fast die Zunge abgebissen, hat gebetet, daß es nichts Ernstes ist. Und jetzt steht ihr also laut Aussage der Zwillinge die nächste bevor. Auf die Knie, Roz, sagt sie zu sich selbst. Tu Buße für deine Sünden. Lieber Gott, schick mir ein nettes, verständnisvolles Mädchen, nicht zu reich, nicht zu arm, nicht zu hübsch, aber auch nicht häßlich, nicht zu intelligent, Intelligenz braucht er nicht, ein liebes, warmherziges, vernünftiges, großzügiges
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