Die Räuberbraut
Sache, das erste, was er sich einfach so gönnte; als er endlich anfing, mit seinem Geld herumzuspielen, statt es nur anzuhäufen.
Sie parkt auf dem Firmenparkplatz, Fahrzeuge ohne Berechtigung werden abgeschleppt, auf dem für sie reservierten Platz mit dem Schild, auf dem in goldenen Buchstaben R. Andrews. Generaldirektorin steht – warum sollte sie ihr Licht unter den Scheffel stellen, obwohl sie sich andererseits immer wieder daran erinnern muß, daß sie nicht so fürchterlich wichtig ist, wie sie manchmal vielleicht gerne denken würde. Sicher, gelegentlich wird sie in einem Restaurant erkannt, vor allem, wenn sie gerade in der Liste der fünfzig einflußreichsten Bürger Torontos abgebildet war, die die Toronto Life jedes Jahr herausbringt. Aber wenn diese Art von Erkennen ein Maßstab für Macht ist, dann ist Micky Maus millionenmal mächtiger als sie, und Micky Maus existiert nicht einmal.
Sie überprüft ihre Zähne im Rückspiegel auf Spuren von Lippenstift – diese Dinge spielen nun einmal eine Rolle – und betritt energischen Schritts, sie hofft zumindest, daß es energisch aussieht, den Rezeptionsbereich. Zeit, die Wandkunst zu ändern, sie hat genug von diesen albernen, farbigen Quadraten, das Ding sieht aus wie ein Tischtuch, obwohl es einen gehörigen Batzen gekostet hat. Zum Glück konnte sie es abschreiben. Kanadische Kunst.
»Hi Nicki«, begrüßt sie die Empfangsdame. Es ist wichtig, sich ihre Namen zu merken. Es ist schon vorgekommen, daß Roz die Namen neuer Empfangsdamen und Sekretärinnen mit Kugelschreiber auf ihr Handgelenk kritzelte, wie damals an der High-School, wenn sie spicken wollte. Wenn sie ein Mann wäre, könnte sie sich mit einem kurzen Nicken begnügen; aber sie ist nun einmal kein Mann, und sie ist klug genug, nicht einmal zu versuchen, sich wie einer zu benehmen.
Nicki blinzelt sie an, ohne ihr Telefonat zu unterbrechen, und lächelt nicht einmal, die unfreundliche Gans. Nicki wird sich nicht lange halten.
Es ist kompliziert, ein weiblicher Boss zu sein. Frauen sehen einen nicht an und denken Boss. Sie sehen einen an und denken Frau, wie in: Nur eine Frau, genau wie ich, und was bildet sie sich eigentlich ein ? Ihre kleinen Sextricks funktionieren nicht bei dir, deine eigenen kleinen Tricks funktionieren nicht bei ihnen; große blaue Augen sind kein Vorteil. Wenn du ihre Geburtstage vergißt, bist du der letzte Dreck, wenn du sie kritisierst, heulen sie, und sie tun es nicht einmal auf der Toilette, wie sie es bei einem Mann machen würden, sondern vor deinen Augen, wo du sie sehen kannst, sie erzählen dir ihre unglückseligen Geschichten und erwarten Verständnis, aber versuch nur ein einziges Mal, eine Tasse Kaffee von ihnen zu bekommen. Leck deine Briefmarken gefälligst selbst , Lady. Sie bringen dir den Kaffee, das schon, aber er ist kalt, und dazu hassen sie dich auf immer und ewig. Bin ich dein Dienstmädchen ? hat sie selbst immer zu ihrer Mutter gesagt, sobald sie groß genug war, um widerspenstig zu sein. Genau.
Wohingegen genau dieselben Frauen für einen männlichen Vorgesetzten ganz selbstverständlich springen würden. Sie würden die Geburtstagsgeschenke für seine Frau kaufen, sie würden die Geburtstagsgeschenke für seine Geliebte kaufen, sie würden Kaffee kochen, sie würden ihm die Pantoffeln im Mund nachtragen wie ein gut trainiertes Hündchen, Überstunden kein Problem.
Ist Roz zu negativ? Könnte sein. Aber sie hat ein paar schlechte Erfahrungen gemacht.
Vielleicht hat sie es falsch angepackt. Sie war damals dümmer. Hat keinen Widerspruch geduldet, hat sich normal verhalten, hat ein paar Wutanfälle hingelegt. Ich hab nicht morgen , ich hab jetzt gesagt! Wäre es vielleicht möglich, in diesem Laden ein bißchen Professionalität zu sehen zu kriegen! Inzwischen weiß sie, daß man als Frau, die eine andere Frau einstellt, diese Frau zur Freundin, zur Kameradin machen muß; so tun muß, als wären alle gleich, was nicht so leicht ist, wenn man doppelt so alt ist wie sie. Oder man muß sie wie Babys hätscheln. Man muß sie bemuttern, sie umsorgen. In Roz’ Leben gibt es genügend Leute, die sie bemuttern muß, und wer umhätschelt und bemuttert und umsorgt sie? Niemand. Was der Grund dafür ist, daß sie Boyce eingestellt hat.
Sie nimmt den Aufzug nach oben und steigt im obersten Stock aus. »Hi, Suzy«, sagt sie zu der dortigen Empfangsdame. »Wie läuft’s?«
»Bestens, Mrs. Andrews«, sagt Suzy mit dem dazugehörigen,
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