Die Raffkes
war. Doch bis sie abziehen, wird es wohl noch ein paar Stunden dauern, diese Erkenntnis muss noch von ihren Vorgesetzten abgesegnet werden. Der israelische Botschafter ist jedenfalls schon wieder zurück in der Stadt.« Kolthoff starrte hinaus in die Bäume. »Ich habe lange nachgedacht. Ob es gut ist, wenn du jetzt Urlaub nimmst. Das habe ich wieder verworfen. Für lächerlich wenige Stunden war Ziemann dein Partner. Sein Nachfolger heißt Blum. Auch ein guter Mann, nicht so polternd wie Ziemann, ein sehr freundlicher Spötter. Mich geht die ganze Sache eigentlich nichts an, aber ich glaube, es ist besser, du bleibst noch ein bisschen länger in der Truppe, die rund um die Bombe ermittelt. Das ist besser auch für dich. Ansonsten bliebe in Bezug auf Ziemanns Tod vermutlich das Gefühl zurück, etwas versäumt zu haben. Was meinst du?«
»Ja, vielleicht hast du Recht«, sagte Mann.
»Blum lässt dir schöne Grüße bestellen, du sollst nach Frankfurt an der Oder fahren. Gemeinsam mit einem Kollegen sollst du dich um den Hintergrund des mutmaßlichen Bombenlegers kümmern. Der Mann heißt Huu Vinh, schreib dir das auf. Blum sagte, vor allem ist die Frage wichtig, wie der Mann an den Sprengstoff kam. Das war ein ganz seltener.«
»C4, ich weiß.«
»Du kannst dort bei einem Kollegen wohnen. Dann wird es billiger.«
»Ich suche mir selbst was«, sagte Mann. Er mochte die Vorstellung nicht, mit einer fremden Polizistenfamilie zusammenzusitzen und bei leutseligem Gespräch Schmalzbrote zu essen.
»Wie du willst. Dann pack ein paar Sachen und mach dich auf den Weg. Der Kontaktbeamte in Frankfurt heißt Frank Ossietzky.« Ohne Umschweife fuhr Mann in die Kastanienallee, packte ein paar Sachen in einen Koffer und schrieb ein paar Zeilen an Katharina: Liebe Katharina, es geht mir gut. Ich musste in der Attentatssache kurzfristig nach Frankfurt an der Oder reisen. Ich weiß nicht, wie lange das dauern wird,
aber ich rufe dich zwischendurch an. Er verzichtete auf die Autobahn, bummelte auf der B 1 über Müncheberg bis nach Seelow und gab sich seiner Trauer hin. Er kannte diesen Weg, weil er mit Katharina früher oft in den Oderbruch nach Altlewin gefahren war. Zwischendurch hielt er auf einem Parkplatz, rief seinen neuen Vorgesetzten Blum an und meldete, er sei unterwegs nach Frankfurt. »Lassen Sie sich Zeit, mein Junge«, sagte Blum. Schon wieder einer, der ›mein Junge‹ sagt, dachte Mann zynisch. »Gibt es etwas, was ich wissen sollte?«, fragte er. »Ja. Nun ist definitiv bewiesen, dass dieser Vietnamese der Bombenleger war. Was eigentlich gar nicht zu dem Mann passt, normalerweise hat er sich nämlich sehr ortsfest verhalten, verließ die nähere Umgebung von Frankfurt nicht. Er galt als guter Familienvater und hatte nie mit Dingen zu tun, die Leib und Leben anderer Menschen bedrohten. Er hatte noch nicht mal Kontakte zu Gewalttätern, Huu Vinh hat sich ganz auf das Geschäft mit unverzollten Zigaretten beschränkt. Die Kollegen in Frankfurt legen sich da fest.« »Was folgern Sie daraus?«
»Eine Theorie besagt, dass der Mann einen für ihn ungewöhnlich hohen Geldbetrag geboten bekommen hat. Und dass er sich erst auf den Weg nach Berlin machte, als er das Geld in der Hand hielt. Aber die Kollegen, die seine Wohnung durchsucht haben, haben nichts finden können.«
»Gut, ich rufe Sie an, wenn ich mehr weiß.«
»Der Ossietzky ist ein angenehmer Partner, Sie werden keine Probleme mit ihm haben. Viel Erfolg.«
In Seelow machte Mann die nächste Pause, setzte sich in ein Café am Markt und aß ein großes Eis mit Schlagsahne. Frustfraß, urteilte er selbstkritisch, als er feststellte, dass seine Gedanken ausschließlich um den toten Ziemann kreisten. Ziemann, du hast mein Leben ganz schön durcheinander gebracht. Wahrscheinlich sitzt du auf Wolke sieben und lachst dich über mich kaputt: Mann als investigativer, einsam forschender und trauriger Detektiv …
Er setzte seinen Weg auf der B 167 fort, bog dann aber ab nach Falkenhagen, weil er sich daran erinnerte, dass es dort ein kleines angenehmes Hotel gab. Er würde dort übernachten, bis Frankfurt waren es nur noch ein paar Kilometer.
Es begann zu regnen und das Zimmer kam ihm plötzlich sehr trist vor. Deshalb ging er hinunter in das Restaurant, bestellte sich eine Kleinigkeit zu essen und wählte die Nummer von Frank Ossietzky. Mann stellte sich vor und sagte, er würde morgens gegen acht Uhr im Präsidium sein.
»Sie hätten bei mir übernachten können,
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