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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndorf Jacques
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wisse genau, dass es mitten in der Nacht sei. Doch er fühle sich verpflichtet, seinem Sohn mitzuteilen, dass er immer schon an ihn und seine Karriere in der Justiz geglaubt habe.
Mann wurde scharf. »Du hast wieder gesoffen. Lass mich in Frieden, Vater!«
»Aha, ich verstehe. Der Sohn, der es zu was gebracht hat, kennt jetzt seinen Vater nicht mehr. Ist es so? Ist das der Dank für alles, was ich für dich getan habe?«
»Vater, du hast nichts für mich getan. Das weißt du. Also rede nicht so einen Unsinn.«
»Ich habe zugestimmt, dass du Jurist wirst. Oder etwa nicht? Habe ich nicht zu deiner Tante gesagt, dass du einen kühlen Kopf hast und als Jurist brillieren wirst?« Seine Stimme wurde weinerlich. »Hör zu, ich komme mit einem kleinen Problem. Ich meine, du warst ja jetzt wirklich ausführlich in den Medien zu sehen. Wegen dieser Terroristen da. Und natürlich kam ein Fernsehjournalist zu mir, nachdem sie rausgekriegt haben, dass du ein Mann bist, mein Sohn. Sie bieten uns ein gutes Honorar, wenn wir gemeinsam vor die Kamera gehen und den Leuten ein bisschen erzählen, wie das alles so war, wie du deinen Weg gemacht hast.«
»Wie viel Vorschuss haben sie dir bezahlt?«, fragte Mann kalt.
»Nur ein paar Hunnis, sie warten auf deine Zusage. Sie sagen, sie zahlen zweitausend, wenn du mitmachst.«
»Vater, ich bin Staatsanwalt. Ich stelle mich nicht mit dir zusammen vor eine Kamera, du Schweinekerl! Niemals! Und falls ich höre, dass du irgendetwas machst, was mit mir zu tun hat, dann kriegst du großen Zoff. Und jetzt lass mich in Ruhe!«
SECHSTES KAPITEL 
    »Das Einfachste ist, ich zeige Ihnen erst mal, wo Huu hauste, und erzähle Ihnen alles, was wir wissen.« Frank Ossietzky erwies sich als ein kühler, korpulenter Mann mit langsamen Bewegungen und höchst misstrauischen Augen. Die Zeit war zu kurz, um Misstrauen zu säen und Feindschaften zu gründen. Deshalb entgegnete Mann: »Wissen Sie, ich bin durch einen Zufall in diese Geschichte hineingeraten. Mein Feld ist eigentlich die Jugendkriminalität. Und ich weiß, dass Sie alles, was zu klären ist, allein klären könnten. Und alles, was Sie sagen, hätten Sie mir auch am Telefon berichten können.« »Das sehe ich auch so«, sagte Ossietzky erleichtert. »Wir nehmen den Opel da.« Er schloss die Tür auf, setzte sich umständlich hinter das Steuer und aktivierte eine Funkverbindung, irgendwelche grünen und roten Lämpchen blinkten auf. »Huu«, begann er bedächtig, »war einer der Besten. Sie kennen das Problem, nehme ich an. Die Vietnamesen arbeiten in Kneipen, in Küchen, in der Landwirtschaft, sie machen Frittenbuden auf, sie verkaufen nachts Blumen in schäbigen Betrieben, sie haben Obststände auf den Märkten. Sie sind entwurzelt worden. In Vietnam nicht mehr zu Hause, den Deutschen nach wie vor fremd. Einzig ihre Familien sind ein Ort der Heimat, wie eine kleine Zelle, in der sie sich sicher fühlen. Auch Huu hatte eine Familie. Die Kinder gehen hier zur Schule, die Frau ist freundlich und kümmert sich. Huu und seine Familie lebten davon, dass er Zigaretten verscheuerte. Er war sogar so etwas wie ein Obermotze. Aber wir können keine Verbindung zwischen ihm und irgendwelchen gewaltbereiten Kreisen herstellen.« »Ist er aktenkundig?«, fragte Mann.
»Er war kurz in U-Haft. Es gab hier mal ’ne Phase, während der verzweifelt versucht wurde, Abschiebungsgründe zu finden. Gott sei Dank ohne viel Erfolg. Huu konnte den Zigarettenhandel betreiben, weil wir es letztlich zuließen. Dafür sagte er uns bei Gelegenheit, wo wir nachschauen mussten, wenn wir jemanden suchten. Als die Nachricht kam, dass es Huu sein könnte, der die Bombe in Berlin platzen ließ, habe ich gedacht, ich bin im falschen Film. Das passt nicht zu dem Mann, das passt überhaupt nicht.«
»Ja«, murmelte Mann. »Aber er ist es gewesen. War er vielleicht erpressbar?«
»Möglich, wissen tun wir nichts.«
»Wenn er Zigaretten verkaufte, wo machte er das?«
»Er hatte zwei Touren. Tagsüber im Wesentlichen drüben auf dem Markt in Slubice. Nachts manchmal an den Zollstellen, also da, wo die Fahrer ihm etwas abnehmen. Jeder kannte ihn, er war beliebt. Viele Fahrer warteten sogar extra, bis Huu kam.« Ossietzky stoppte den Wagen vor einer Ampel und setzte hinzu: »Ich gehe jede Wette ein, dass er die Bombe nicht hier gebaut beziehungsweise entgegengenommen hat, um sie dann nach Berlin zu transportieren. Ich denke, er hat sie in Berlin bekommen und dann in das Lokal gebracht. Seine

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