Die Ranch
Händen.
Und Zoe dankte ihrem Glücksstern, der sie nach Wyoming geführt hatte. Jetzt war die Zukunft ihrer Tochter geregelt, sie hatte sich mit Mary Stuart versöhnt, und sie fand sich sogar mit ihrer Aidserkrankung ab. Und wenn sie sich richtig verhielt, konnte sie ihr Leben verlängern. Eindringlich bat sie die Freundinnen, niemanden über ihre Infektion zu informieren. Falls man Fragen stellte, sollten sie antworten, sie habe ein Magengeschwür – oder Magenkrebs, was ihr elendes Aussehen noch glaubhafter erklären würde. Das Mitleid fremder Menschen wäre unerträglich. Bereitwillig versprachen Mary Stuart und Tanya, diesen Wunsch zu erfüllen.
Nachdem sie den Bungalow verlassen hatten, brachen sie erneut in Tränen aus.
»Was für ein schrecklicher Tag!«, seufzte Mary Stuart, während sie die Richtung zum Stall einschlugen. Wohin sie gingen, wussten sie nicht, sie liefen einfach nur umher, Arm in Arm, und weinten. »Unglaublich …«
»Mir fiel schon die ganze Zeit auf, wie blass sie ist. Natürlich hat sie diese zarte, durchscheinende Haut, die für Rothaarige typisch ist. Aber jetzt ist sie bleicher denn je. Und sie ermüdet so leicht.«
»Nun wissen wir, warum. Gott sei Dank, dass sie's uns erzählt hat! Eine so schreckliche Bürde darf niemand allein tragen. Hoffentlich können wir ihr helfen.«
»Vor allem sollte ihr dieser Sam helfen, dem sie's nicht verraten will.«
»Nun verstehe ich, wieso sie keine intime Beziehung mit ihm eingehen möchte – oder mit einem anderen Mann.«
»Warum sollte sie darauf verzichten?«, entgegnete Tanya nachdenklich. »Solange sie vorsichtig ist … Viele Aidskranke leben in festen Partnerschaften. Und Zoe darf sich nicht isolieren, das schadet ihr. O Gott, es ist so grauenhaft …«
Von einer neuen Tränenflut überwältigt, putzten sich beide die Nasen, und in diesem Augenblick kamen ihnen Hartley und Gordon entgegen, ihre Pferde am Zügel.
»Was ist passiert?«, fragte Hartley bestürzt. Er war sehr besorgt gewesen, als Mary Stuart ihm erklärt hatte, dass sie an diesem Morgen nicht ausreiten würde. Und Gordon fürchtete, Tanya würde das Geständnis ihrer Liebe bereuen und sich weigern, ihn zu sehen, aber offensichtlich war etwas viel Schlimmeres geschehen. Zunächst gaben die beiden Frauen keine Antwort.
»Bist du okay, Tanny?«, fragte Gordon leise. Sie sah aus, als wäre ein Mensch gestorben, der ihr sehr nahe gestanden hatte.
»Ja«, flüsterte sie, berührte seine Hand, und ein elektrischer Strom schien durch seine Adern zu fließen.
»Wie geht's Dr. Phillips?«
Schweigend beobachtete Tanya, wie Mary Stuart mit Hartley sprach. Natürlich war die Freundin zu diskret, um das Wort zu brechen, das sie Zoe gegeben hatte. Wahrscheinlich würde sie wie vereinbart erklären, Zoe sei an Krebs erkrankt. Und so beschloss Tanya, Gordon die gleiche barmherzige Lüge zu erzählen. Erschrocken hielt er den Atem an. Er wusste, wie viel die drei Frauen einander bedeuteten. »Seit ich achtzehn war, kenne ich sie. Seit sechsundzwanzig Jahren …«
Am liebsten hätte er einen Arm um ihre Schultern gelegt. Doch das wagte er nicht. Irgendjemand könnte ihn beobachten und der Hoteldirektion Bescheid geben. »So siehst du nicht aus.«
»Danke. Offiziell bin ich sechsunddreißig, in Wirklichkeit vierundvierzig – vermutlich zehn Jahre älter als du.«
»Nun, ich bin zweiundvierzig«, erwiderte er lächelnd,
»wirklich
ein Cowboy und
wirklich
aus Texas. Übrigens, heute Morgen geriet ich in Panik und fürchtete, du würdest zur Besinnung kommen und wolltest mich nie wieder sehen.« Den ganzen Vormittag war er beunruhigt und eine schlechte Gesellschaft für Hartley gewesen. Zum Glück hatte sonst niemand am Morgenritt teilgenommen.
»Um sechs stand ich auf, um dich zu treffen. Vor lauter Aufregung konnte ich kaum schlafen. Ich fühlte mich wie eine Vierzehnjährige, die zum ersten Mal verliebt ist. Und heute Morgen
… O
Gordon, es war schrecklich. Zoe fühlte sich so schwach, dass ich einen Arzt kommen ließ, der eine Stunde lang bei ihr saß. Und danach erzählte sie uns die Wahrheit.«
»Müsste sie nicht in ein Krankenhaus gebracht werden?«
»Das hält Dr. Kroner nicht für nötig. Es sei denn, ihr Zustand verschlechtert sich. Aber sie will unbedingt am Sonntag nach Hause fliegen und sofort wieder in ihrer Klinik arbeiten.«
»Eine erstaunliche Frau. So wie du. Nie hätte ich gedacht, dass die berühmte Tanya Thomas ein so warmherziger, liebenswerter Mensch
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