Die Ranch
ist. Glaubst du, wir können uns am Sonntag treffen – trotz allem?«
»Mal sehen, wie's Zoe bis dahin geht.« Es war die einzige Chance, ein paar Stunden gemeinsam zu verbringen, das wusste Tanya, denn eine Woche später, an seinem nächsten freien Tag, würde sie abreisen.
»Ist es ein Traum, Tanny?«, fragte er unvermittelt, während sie im Schatten hoher Eichen standen. Inständig wünschte er, sie würde die gleichen Gefühle empfinden wie er. Oder gehörte sie zu jenen Hollywoodstars, die sich nur amüsieren wollten? Würde sie ihn vergessen, sobald sie die
Ranch verließ? Nein, das passte nicht zu der Tanya, die er in diesen letzten Tagen kennen gelernt hatte.
»Es ist kein Traum«, flüsterte sie. »Wie's passiert ist, weiß ich nicht. Am Anfang hab ich mich schrecklich geärgert – als du am Montag nicht mit mir reden wolltest. Vielleicht begann ich schon damals, dich zu lieben. Wie auch immer – so etwas habe ich nie zuvor erlebt, Gordon. Das musst du mir glauben.«
»Weißt du, warum ich so hartnäckig schwieg? Weil ich Angst vor deiner vermeintlichen Arroganz hatte. Dann merkte ich, dass du ganz anders bist, und ich wollte bis in alle Ewigkeit mit dir über die Wiesen reiten.«
»Was sollen wir tun?« Tanya wollte nichts unternehmen, was ihn seinen Job kosten könnte.
»Darf ich heute Abend zu dir kommen?«
Lächelnd nickte sie. »Wir reiten morgen wieder aus. Heute Nachmittag bleiben wir lieber bei Zoe. Und morgen Abend? Bringst du mir den Twostepp bei? In der Hotelbroschüre habe ich gelesen, die Cowboys würden den weiblichen Gästen Tanzunterricht geben.« Gordon erwiderte ihr Lächeln. Wie gern hätte er sie geküsst … Doch die erzwungene Heimlichtuerei hatte auch Vorteile, denn sie schürte die Zärtlichkeit und Sehnsucht. »Nun, Mr. Washbaugh?«
»Sehr wohl, Ma'am, ich stehe zur Verfügung.« Auf dieser Tanzparty durfte er sich unter die Gäste mischen, und noch nie hatte er sich so darauf gefreut wie diesmal. »Und am Samstag trete ich wieder beim Rodeo auf.«
»Natürlich werde ich dir zuschauen«, wisperte sie.
»Willst du wieder singen?«
»Vielleicht. Mal sehen, wie sich das Publikum aufführt.«
»Und der Sonntag gehört uns.«
»Klingt gut.«
Nun gingen sie zu Mary Stuart und Hartley. Bevor Gordon sein Pferd wegführte, streifte er Tanyas Hand, und sie wünschte sich brennend, sie könnte ihn küssen.
»Wie war der Ausritt?«, fragte sie Hartley.
»Sicher viel angenehmer als Ihr Vormittag, Tanya. Gerade hat mir Mary Stuart von Zoes Magenkrebs erzählt. Eine grauenhafte Krankheit… Vor zwei Jahren ist mein Vetter in Boston daran gestorben. Tut mir so Leid.«
»Mir auch.« Tanya wechselte einen kurzen Blick mit Mary Stuart. »Wenn sich keine Komplikationen einstellen, wird Zoe wohl noch eine Weile leben.«
»Versuchen Sie, ihr die letzten Jahre möglichst angenehm zu gestalten – und seien Sie da, wann immer Zoe Sie braucht.«
Hartleys Worte erinnerten Tanya an das Baby, das sie nach Zoes Tod zu sich nehmen wollte. Davon würde sie Gordon erzählen, um seine Reaktion zu testen. Unfassbar -obwohl sie ihn erst seit drei Tagen kannte, versuchte sie, das Terrain für eine gemeinsame Zukunft zu sondieren. Aber falls diese Möglichkeit tatsächlich bestand, musste sie wissen, wie er die Realitäten ihres Lebens beurteilte, und dazu gehörte auch Zoes kleine Tochter.
Hartley ging mit den beiden Freundinnen zum Lunch. Während der Mahlzeit sprachen sie über Zoes Klinik, ihre bemerkenswerte Karriere, ihre Zukunft, ihre brillanten Fähigkeiten, ihren hingebungsvollen Dienst an der Menschheit.
Zur gleichen Zeit saß die Frau, die sie bewunderten und der ihr tiefes Mitgefühl galt, in ihrem Schlafzimmer und dachte nach. Sie wusste, dass sie Sam anrufen sollte, aber sie zögerte. Wenn sie ihn bitten würde, noch ein paar Tage für sie einzuspringen, könnte er irgendetwas aus ihrer Stimme heraushören, das sie ihm verheimlichen wollte. Sollte sie einfach nur eine Nachricht für ihn hinterlassen?
Da nahm ihr das Schicksal die Entscheidung ab, denn das Telefon läutete, und Sam meldete sich, um Zoes Rat zu erbitten. Eine Patientin brauchte stärkere Medikamente, und er wollte sich vergewissern, ob Zoe damit einverstanden war. Dass er sie um diese Tageszeit in ihrem Zimmer erreichte, überraschte ihn. Eigentlich hatte er geplant, seine Frage auf den Anrufbeantworter zu sprechen. War sie wieder krank? Aber bevor er sich danach erkundigte, wollte er lieber abwarten, falls sie nur
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