Die Ranch
bewusst wurde, was sie da sagte, unterbrach sie sich.
»Aber das war was anderes. Wäre ich nicht bei ihm geblieben, hätte ich mich betrogen gefühlt«, fuhr sie nachdenklich fort. Obwohl sie Sam schon so lange kannte – er stand ihr nicht so nahe wie damals Adam.
»Und warum willst du
mich
betrügen?«, fragte er unverblümt. Jetzt ließ er sich nicht mehr abweisen, und er würde seine Gefühle nicht länger verbergen. »Ich liebe dich – wahrscheinlich schon jahrelang, seit unserem Studium in Stanford. Leider war ich damals zu dumm, um das zu begreifen. Und als ich's endlich merkte, hast du mir keine Chance gegeben. Aber jetzt darfst du dich nicht von mir abwenden. Ich will bei dir sein, ganz egal, was dir diese verdammte Krankheit antut, ob du Durchfall oder Lungenentzündung kriegst oder zahllose Wunden im Gesicht. Bitte, Zoe, ich möchte dir helfen, möglichst lange zu überleben, und für dich sorgen. Für dich und Jade. Erlaub mir doch, dich zu lieben. Auf dieser Welt gibt es so wenig Liebe, und wenn man sie gefunden hat, sollte man sie nicht wegwerfen. Deine Krankheit ändert nichts an meinen Gefühlen. Dadurch wird die Zeit, die uns bleibt, nur noch kostbarer …« Jetzt brach seine Stimme, und sie konnte vor Rührung nicht antworten. »Zoe – ich liebe dich. Müsste ich dich nicht in der Klinik vertreten, würde ich ins nächste Flugzeug steigen und zu dir kommen. Aber dann würdest du mich wahrscheinlich umbringen.«
»Allerdings!«, bestätigte sie und lachte trotz ihrer Tränen. »O Sam – warum bist so verrückt? Warum willst du dir das antun?«
»In manchen Dingen des Lebens hat man keine Wahl, und man kann sich nicht aussuchen, wen man liebt. Genauso gut hätte ich mich in irgendeine Frau verlieben können, die am nächsten Tag unter einen fahrenden Zug geraten wäre. Wenigstens wissen wir beide, was wir haben – vielleicht noch sehr viel Zeit, vielleicht etwas weniger. Was immer mir geschenkt wird, ich will's mit Freuden annehmen. Und du? Wirst du's vergeuden?«
»Du müsstest sehr vorsichtig sein«, versuchte sie ihn zu entmutigen, aber davon wollte er nichts hören. Für ihn gab es keine Zweifel.
»Ein bisschen Vorsicht ist ein geringer Preis für das Glück, das mich erwartet. O Gott, ich vermisse dich so sehr, Zoe, und ich möchte dich endlich im Arm halten …«
»Würdest du mit mir arbeiten? Als mein Partner?« Diese Frage betraf eines ihrer wichtigsten Probleme, da sie für so viele Patienten verantwortlich war.
»Tag und Nacht, wenn du willst. In Zukunft musst du dich schonen, und wir brauchen auch ein bisschen Zeit für uns. Wirst du auch tun, was ich dir sage? Jetzt bin
ich
dein Arzt.«
»Ja, Sir.« Lächelnd wischte sie die Tränen von ihren Wangen. So viele überwältigende Gefühle innerhalb weniger Stunden … Erst hatte sie ihren beiden besten Freundinnen die Wahrheit erzählt, und jetzt wusste auch Sam Bescheid, und keiner ließ sie im Stich, ganz im Gegenteil. Was für großartige Menschen …
Und dann bereitete er ihr noch eine Überraschung. »Natürlich werden wir heiraten.«
Durfte sie ihren Ohren trauen? War er völlig verrückt geworden? »Kommt nicht in Frage.«
»Ganz egal, ob du Aids hast oder nicht – ich heirate dich.«
»Unsinn! Das würde ich dir niemals zumuten.«
»Und wenn's um einen deiner Patienten ginge? Würdest du ihm nicht empfehlen, alles zu tun, was ihn glücklich machen würde und was er für richtig hält?«
»Wieso weißt du, dass es richtig wäre?«, fragte sie leise.
»Weil ich dich liebe.«
»O Sam – ich liebe dich auch«, erwiderte sie zögernd, »aber wir wollen nichts überstürzen. Gehen wir's langsam an.«
Über diese Antwort freute er sich. Zoe glaubte offenbar, sie hätte noch genug Zeit, um Entscheidungen zu treffen. Also war sie optimistisch, und das erschien ihm sehr wichtig. »Wie gut, dass ich dich heute anrief! Ich bekam einen guten
Rat, einen Full-Time-Job und eine Braut. Wirklich, ein lukratives Telefonat.«
»Wie konnte ich meine Klinik bloß einem Wahnsinnigen anvertrauen?«, seufzte sie belustigt.
»Warum beklagst du dich? Deine Patienten vergöttern mich, und wenn sie von Dr. und Dr. Warner behandelt werden, müssten sie sich noch viel glücklicher fühlen.«
»Muss ich auch noch deinen Namen annehmen?« Sie hatte ihn schon immer gemocht, war aber zu beschäftigt gewesen, um sich tiefere Gefühle zu gestatten.
»Wenn du mich heiratest, darfst du dich nennen, wie du willst«, erwiderte er großzügig.
Weitere Kostenlose Bücher