Die Ranch
Charlotte. »Darf ich mit Ihnen auf den Berg fahren, Miss Collins? Vielleicht kann ich Zoe helfen.« Nach kurzem Zögern nickte Charlotte. Alle freiwilligen Helfer waren willkommen, aber sie wollte keine weiteren Gäste um Beistand bitten – der Anblick des rötlich schimmernden Nachthimmels war beängstigend.
Tanya rannte zum Wohnmobil, um Hartley und einer sichtlich erschrockenen Mary Stuart mitzuteilen, was sie vorhatte. Ein paar Minuten später fuhr Tom an der Spitze einiger Lieferwagen davon, in die Richtung der benachbarten Ranch. Charlotte stieg mit sechs Männern, den drei Ärzten und Tanya in einen Jeep. Gefolgt von mehreren Lastern, fuhren sie eine schmale, gewundene Bergstraße hinauf.
Nach einer halben Stunde erreichten sie eine Sperre, an der alle Fahrzeuge hielten. Den restlichen Weg legten sie zu Fuß zurück und kamen zu einer Menschenkette, die Wassereimer weiterreichte. Über dem lodernden Feuer kreisten Hubschrauber, die Chemikalien abwarfen. Das Knistern der Flammen ähnelte dem Rauschen eines gewaltigen Wasserfalls, und die Leute mussten schreien, um sich verständlich zu machen. In der Hitze, die der Brand verbreitete, zog Tanya ihren Pullover aus und band ihn um ihre Taille. Darunter trug sie eines von Gordons T-Shirts. Noch nie in ihrem Leben hatte sie so stark geschwitzt. Ihre Wangen glühten, und angstvoll beobachtete sie die fliegenden Funken. Was die Feuerwehrmänner in unmittelbarer Nähe der Flammen erdulden mussten, konnte sie sich kaum vorstellen. Als sie sich die Finger verbrannte, bedauerte sie, dass sie keine Handschuhe trug. Unter den Sohlen ihrer Stiefel spürte sie den heißen Boden, Bäume knickten um, der Wind heulte, kleine Tiere huschten an ihr vorbei den Hang hinab. Hin und wieder sah sie Zoe, die mit ein paar Ärzten und Krankenschwestern aus der Stadt eine improvisierte Krankenstation eingerichtet hatte. Immer neue freiwillige Helfer trafen ein.
Eine Ewigkeit schien zu verstreichen, bis sie Gordon entdeckte. Erst eilte er an ihr vorbei, dann drehte er sich verblüfft um und kam zu ihr. Hatte man sie in der allgemeinen Hektik erkannt? Wohl kaum, dachte er. Sie stand einfach nur da und reichte einen Wassereimer nach dem anderen weiter. Für ein paar Minuten verließ sie die Menschenkette. Sie konnte ihre schmerzenden Arme kaum noch heben.
»Was machst du hier, Tan?« Er war müde und schmutzig. Glücklicherweise hatte er zusammen mit den anderen Cowboys alle Pferde in Sicherheit gebracht und war dann auf den Berg gefahren, um der Feuerwehr zu helfen.
»Zoe und ich haben uns freiwillig gemeldet. Offenbar werden wir gebraucht.«
»Auf was für Ideen du kommst …« Besorgt schüttelte er den Kopf. Wenn der Wind drehte, konnte sie sehr schnell Feuer fangen. »Ich gehe nach vorn. Bleib du hier hinten. Bis später.« Sie wollte ihn zurückhalten, doch sie wusste, er musste seine Pflicht tun und die Ranch gemeinsam mit seinen Kameraden vor den Flammen schützen.
Aus den Hubschraubern wurden unentwegt Chemikalien abgeworfen, doch zu Mittag brannte das Feuer immer noch. Die meisten Helfer waren todmüde, und einige legten sich in die Laster, um zu schlafen und die anderen nach einer Weile abzulösen. Tanya sah Zoe erst am Nachmittag wieder, Gordon war sie seit dem frühen Morgen nicht mehr begegnet.
»Bist du okay?«, fragte Tanya beunruhigt. Aber ihre Freundin wirkte erstaunlich ruhig, und es ging ihr offenbar gut.
»O ja. Bisher mussten wir nur leichte Verletzungen behandeln. Die Feuerwehrmänner meinen, wenn sich der Wind nicht mehr drehen würde, müsste das Feuer bis zum Abend gelöscht sein. Vor einer Weile sah ich Gordon. Er lässt dich herzlich grüßen.«
»Ist ihm nichts passiert?«, fragte Tanya atemlos.
»Keine Bange, er hat nur eine kleine Brandwunde am Arm. Nichts Schlimmes. Ich glaube, er schläft in einem Wagen.« Eine Zeit lang standen sie beisammen und tranken Kaffee, dann kehrten sie auf ihre Posten zurück. Sie waren froh, dass sie sich nützlich machen konnten, und sie beschlossen, Mary Stuart aufzuziehen, die im Tal geblieben war, denn sie wussten, dass sie eine panische Angst vor Verkehrsunfällen und Katastrophen aller Art hatte. Aber es hatten sich genug Freiwillige für die Löscharbeiten gemeldet, und im Grunde war Tanya erleichtert, weil die Freundin sich in Hartleys Obhut befand.
Um vier Uhr nachmittags erklärte ein Beamter von der Forstverwaltung, das Feuer sei unter Kontrolle. Alle Helfer jubelten und traten eine halbe Stunde später den
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