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Die Ranch

Die Ranch

Titel: Die Ranch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steel Danielle
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berühmte Rocklady Tanya Thomas zierte das Titelblatt. Schon wieder eine Scheidung, lautete die Schlagzeile. Affäre mit Fitnesstrainer zerstört Tanyas Ehe. Grässliche Fotos zeigten einen Muskelprotz im T-Shirt und den Ehemann, der eine Hand vors Gesicht hielt und in einen Nachtclub floh, um der Presse zu entrinnen. Charlie las die Schlagzeile und zuckte die Achseln. »So ist's nun mal in Hollywood. Da treibt's jeder mit jedem. Ein Wunder, dass sie sich überhaupt die Mühe machen und heiraten.« Seit neununddreißig Jahren war er mit derselben Frau verheiratet, und die Hollywood-Skandale kamen ihm vor wie Geschichten von einem anderen Planeten.
    »Glauben Sie nicht alles, was Sie lesen«, meinte Mary Stuart, und er lächelte sie an. In ihren sanften braunen Augen lag ein sonderbarer Kummer.
    »Sie denken immer nur Gutes über die Leute, Mrs. Walker. Aber diese Typen sind nicht so wie wir.« Darüber wusste er Bescheid. Im Lauf der Jahre waren regelmäßig Filmstars in den Laden gekommen, mit wechselnder Begleitung – eine flotte, ausgeflippte Bande. Ganz anders als Mrs. Walker. Wahrscheinlich wusste sie nicht einmal, was er meinte.
    »Trotzdem sollten Sie nicht alles glauben, was in der Boulevardpresse steht, Charlie«, mahnte sie in ungewöhnlich strengem Ton. Dann ergriff sie lächelnd ihre Einkaufstüte. »Morgen sehen wir uns wieder.«
    Bis zu dem Apartmentgebäude, in dem sie wohnte, musste sie nicht weit gehen. Obwohl es nach sechs Uhr abends war, war es immer noch heiß und stickig. Bill würde wie üblich um sieben nach Hause kommen. Zwischen halb acht und acht würden sie essen, je nachdem, wie er sich fühlte. Sobald sie zu Hause eintraf, wollte sie die Kartoffeln in den Backofen legen. Danach würde sie noch genug Zeit finden, um zu duschen. Obwohl sie immer noch frisch und munter aussah, war sie nach den langen Besprechungen müde und ein bisschen erhitzt. Das Museum plante für den September eine große Spendenaktion, verbunden mit einem Ball, und Mary Stuart sollte alles organisieren. Das hatte sie bisher abgelehnt. Hoffentlich würde man sich damit zufrieden geben, wenn sie nur als Beraterin fungierte. Sie war nicht in der richtigen Stimmung, um einen Ball vorzubereiten. Neuerdings betreute sie lieber die kranken Kinder in Harlem.
    In der Eingangshalle wurde sie vom Pförtner begrüßt, der ihr die Einkaufstüte abnahm und dem Liftboy übergab. Nachdem sie sich bedankt hatte, fuhr sie schweigend nach oben. Sie hielt das alte Haus für eines der schönsten in der Fifth Avenue. Sobald sie die Wohnungstür öffnete, bot sich eine wunderbare Aussicht, vor allem im Winter, wenn der Central Park verschneit war und die Skyline dahinter einen faszinierenden Kontrast zu der weißen Glitzerwelt bot. Im Sommer genoss Mary Stuart den Ausblick auf üppiges Grün. Vom dreizehnten Stock aus betrachtet, wirkte der Park idyllisch und friedlich. Man hörte keinen Lärm, sah keinen Schmutz, spürte keine Gefahr, und nach dem langen, öden Winter blühten endlich die Bäume und Sträucher.
    Mary Stuart dankte dem Liftboy und schloss die Tür. Dann eilte sie in ihre große, blitzblanke Küche. Am liebsten kochte sie in einem funktionellen, schlichten Raum wie diesem. Außer drei gerahmten französischen Drucken war die Küche völlig weiß, mit Arbeitsflächen aus Granit. Vor fünf Jahren war sie im
Architectural Digest
abgebildet worden, mit einem Foto von Mary Stuart, die in weißen Jeans und einem weißen Angorapullover auf einem Küchenstuhl saß. Trotz der exzellenten Mahlzeiten, die sie vorbereitete, konnte man sich kaum vorstellen, dass hier tatsächlich jemand kochte.
    Seit die Kinder nicht mehr da waren, ging die Haushälterin abends nach Hause. In tiefer Stille packte Mary Stuart die Lebensmittel aus, schaltete den Backofen ein und trat ans Fenster. Einen Häuserblock entfernt sah sie den Spielplatz im Park und erinnerte sich an die zahllosen Stunden, die sie dort verbracht hatte, als Alyssa und Todd noch klein gewesen waren. Frierend hatte sie die beiden im Winter auf Schaukeln und Wippen herumturnen oder mit ihren Freunden spielen sehen. Vor tausend Jahren … Wie schnell war die Zeit vergangen! Es kam ihr so vor, als hätten die Kinder erst gestern am Esstisch gesessen und von ihren Aktivitäten, Plänen und Problemen erzählt. Selbst ein heftiger Streit zwischen den Geschwistern wäre jetzt angenehmer und tröstlicher als diese Grabesstille. Zum Glück würde Alyssa im Herbst aus Paris zurückkommen und

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