Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rasse der Flügelmenschen

Die Rasse der Flügelmenschen

Titel: Die Rasse der Flügelmenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
bringen. Dies ließ sich am besten durch irgendeine Art von Organisation erledigen. Am Ende der Reise, in den Tropen, kam das Vergessen, die Brunstzeit, aber bald kam wieder der unvermeidliche Zug nach Hause, denn die Inseln des Äquators konnten so viele Besucher nicht lange am Leben erhalten.
    Aus diesen primitiven jährlichen Gruppen, die sich so bildeten, entwickelten sich lockere Verbindungen. Bande der Verteidigung wurden zu Banden der Zusammenarbeit. Schon hatten die Erfordernisse der Reise den männlichen und weiblichen Körper jeweils für seinen besonderen Zweck ausgebildet, den einen zum Kämpfen, den anderen zum Tragen von Lasten. So erwies es sich langsam als zweckmäßig, daß die Geschlechter ihre Partnerschaft das ganze Jahr hindurch beibehielten.
    Das Tier mit dauernder Familie, mit langer Trächtigkeit, langer Kindheit, dem dauernden Wechsel der Umgebung – dieses Tier hatte jeden Grund dazu, das Denken zu beginnen. Daraus entwickelten sich Sprache, Werkzeuge, Feuer, organisierte Nationen und dieses schwerbestimmbare Etwas, das wir Kultur nennen.
    Wenn nun auch die Diomedaner keine angeborene Verhaltungsweise besaßen, bemühten sie sich doch überall, bestimmten Lebensarten zu folgen. Und so wanderten sie in ihrer Brunstzeit nach dem Süden.
    Aber das mußten sie nicht tun!
    Wenn Brutzyklen existieren, werden sie meist von einem sehr einfachen Mechanismus gesteuert. So ist es bei vielen Vögeln auf der Erde der wachsende Tag im Frühjahr: Der optische Impuls löst Hormonprozesse aus. Auf Diomedes würde das nicht funktionieren, der Lichtzyklus variiert zu sehr mit der geographischen Breite. Aber sobald sich die Diomedaner in den ersten Jahren ihrer Intelligenz einmal die Wanderungen angewöhnt hatten und folglich nur zu einer bestimmten Jahreszeit Kinder bekommen konnten, wenn diese überleben sollten, ging die Entwicklung den ganz natürlichen Weg und machte diese Wanderungen selbst zum Steuerorgan.
    Die Wanderungen verlangten besondere Anstrengungen, es hatte sicherlich Hunderte oder sogar Tausende von Generationen gedauert, bis die Flugmuskeln allein sich entwickelten. Durch diese Anstrengung wurden gewisse Hormone abgesondert, und dadurch erwachte der Geschlechtstrieb.
    Hin und wieder mochte auch in der Heimat ein Gefühl gegenüber dem anderen Geschlecht erwachen, aber das wurde einfach unterdrückt: Ein Junges, das außerhalb der Zeit geboren wurde, bedeutete den sicheren Tod während der Wanderung für Mutter und Kind. Nicht daß der durchschnittliche Diomedaner das so offen erkannte, er akzeptierte nur das Tabu und gründete Religionen, ethische Systeme und Neurosen darauf. Zweifellos war jedoch die das ganze Jahr hindurch bestehende Anziehung zum anderen Geschlecht einer der unbewußten Gründe, die zu den Clans und Sekten geführt hatten.
    Wenn der wandernde Diomedaner einen Stamm fand, der dieses für ihn grundlegende Moralgesetz nicht hielt, empfand er physischen Schrecken.
    Drak’hos Flotte war eine von mehreren, die jetzt von Händlern entdeckt worden sind. Vielleicht entstand ihre Gruppe am Äquator und hatte so nicht die Notwendigkeit, zu reisen, aber das steht noch nicht mit Bestimmtheit fest. Tatsache ist jedenfalls, daß sie mehr von den Früchten des Meeres als von denen des Landes zu leben begannen. Während vieler Jahrhunderte entwickelten sie Schiffe und Fischereiwerkzeug, bis das ihr ganzer Lebensinhalt wurde.
    Es war sicherer als das Jagen. Es gab ihnen eine Heimat, in der man immer wohnen konnte, es gab ihnen die Möglichkeit, komplizierte Maschinen zu bauen, Bibliotheken anzulegen, nachzudenken, sich über ein Problem zu unterhalten, kurz, die Freiheit, sich eine echte Zivilisation aufzubauen, wie sie kein Wanderer je mehr als in beschränktestem Maße gekannt hat. Auf der anderen Seite bedeutete es sklavenhafte Arbeit und aristokratische Herrschaft.
    Durch die ewige Arbeit blieben die Matrosen in einem Zustand dauernder sexueller Erregung, und die Vorräte der Flotte hatten die Zeit der Geburt von den Jahreszeiten unabhängig gemacht. So entwickelte sich bei den seefahrenden Völkern eine sehr menschlich anmutende Art der Ehe und Kindererziehung, ja sogar der Begriff der romantischen Liebe.
    Die Wanderer hielten die Seeleute für moralisch verkommen, diese wiederum die Wanderer für unanständig. So konnte sich keine Kultur vorstellen, daß beide trotzdem der gleichen Spezies angehörten.
    Und wie soll man jemand trauen, der einem völlig fremd ist?
    »Und aus solchen

Weitere Kostenlose Bücher