Die Ratte des Warlords (German Edition)
entsicherte und jagte das ganze Mag azin in einer einzigen Garbe ins Gestrüpp. Breit grinsend drehte er sich um. Kepler schüttelte den Kopf.
"Nur gut, dass wir sie in Al Muglad nicht gebraucht hatten", sagte er. "Wenn du weiter so ballerst, brauchen wir eine Munition sfabrik für dich."
Er streckte die Hand aus und Kobi über ließ ihm widerwillig die Waffe.
"Hier, wenn du di esen Hebel hierhin stellst", er zeigte es dem Milizen, "dann feuerst du nur drei Schuss ab, danach musst du den Abzug neu betätigen."
Kobi nickte, aber er sah unschlüssig aus. Kepler zog drei Magazine aus seinen Taschen und steckte sie in seine Weste ein.
"Ich denke, wir werden jetzt öfters in Städten unterwegs sein. Es ist ganz a nders als eine Schlacht im offenen Feld, Kobi, und das hier ist auch kein Sturmgewehr. Wenn du mich in der Stadt deckst, dann musst du in der Lage sein, schnell und präzise ein Ziel zu erfassen, zu schießen und weitere Ziele zu suchen. Okay? Mitkommen", wies er an und ging los.
Er hielt die MP mit beiden Händen mit dem Lauf nach unten vor der Brust. Alle paar Schritte blieb er stehen, legte blitzschnell an und schoss auf die Äste der Büsche. Nach jeder Salve viel ein Ästchen ab. Dann drehte Kepler sich um, suchte ein neues Ziel und feuerte, danach ging er weiter. Die Entfernung zu den Büschen betrug dabei immer etwa zwanzig Meter. Nach dem ersten Magazin ging Kepler schneller, nach dem zweiten lief er leicht.
Mit Kobi im Schlepptau drehte er eine Runde und kam zurück zum Rucksack.
"Klar? Das musst du können. Löcher in die Luft schießen kann jeder Idiot."
Als er Kobi die MP zurückgab, stierte der Sudanese ihn an, als wenn er nicht von dieser Welt wäre. Kepler lächelte unwillkürlich.
"Du schaffst das auch", sagte er. "Übe jetzt. Versuch nur nicht zu viel auf einmal. Es kommt alles mit der Zeit."
Er setzte sich auf den Rucksack. Kobi lief um ihn herum und schoss. Erst mit sehr mäßigem Erfolg, dann suchte er Ziele in geringerer Entfernung und es klappte besser. Kepler hatte einigen Vorrat an Munition in seinem Rucksack, die MP5 hatte dasselbe Kal iber wie seine Glock.
Es dauerte bis in die Dämmerung hinein, bis Kobi alle Patronen verschossen hatte. Kepler blickte nachdenklich in die rasch einsetzende Dunkelheit.
"Ich zeige dir morgen früh wie du die MP zerlegen musst", en tschied er.
"Haben wir nicht frei?", warf Kobi missmutig ein.
" Nein, Kobi. Du hast geschossen, also musst du die Waffe säubern", erwiderte Kepler ätzend. "Heute darfst du dein südliches Ende zum letzten Mal benutzen bevor du deine Waffe gereinigt hast." Sein Ton wurde schärfer. "Du bewunderst uns Deutsche so. Also wirst du lernen, warum wir so tolle Dinge wie diese MP bauen können. Ich mache jetzt Deutsche aus euch", entschied er. "Einen Haufen schwarzer Deutsche mitten in Afrika." Er lächelte, wurde dann ernst. "Geh, genieß deinen letzten Abend als Sudanese. Morgen früh hole ich euch zwei Stunden nach Sonnenaufgang an der Kaserne ab. Volle Ausrüstung und reichlich Munition. Und jetzt geh zu deinem Mädchen und gib vor ihr an, was für ein toller Schütze du bald wirst." Kepler wedelte mit der Hand. "Husch."
Kobi lief ins Dorf. Kepler schulterte den Rucksack und ging langsam z urück.
Es war dunkel, als er in die Hütte kam. Katrin schlief schon. Ke pler nahm das Schälchen mit seinem kalten Essen und das leere von Katrin und ging zur Kantine. Dort bekam er eine warme Portion. Er saß wie immer allein an einem Tisch und löffelte den Brei. Es waren viele Milizen in der Kantine, es war laut und Kepler verlor sich in diesem Lärm. Die Milizen, die an ihm vorbeigingen, salutierten nunmehr vor ihm, was er auf die gleiche Art erwiderte.
Zu Hause nahm Kepler eine der Flaschen mit Merisa und ging hinaus. Er setzte sich in den Sessel und trank bedächtig das schwachalkoholische Getränk.
Wie Fetzen tauchten vor seinen Augen Erinnerungen auf.
Kosovo, Hindukusch, die Typen in Steinfurt, verhungerte Kinder, die Leichen derer, die er erschossen hatte.
Aber immer wieder verdrängte Katrins Lächeln diese grausamen Bilder. Sie war ein Schmetterling aus einer anderen Welt, ein flüchtiger Moment in seinem Leben. Völlig fremdartig. Trotzdem, er war froh, diesen Moment zu haben.
38. Am nächsten Morgen wurde Katrin wieder sehr früh wach, obwohl sie heute keinen Grund dazu hatte. Sie ging eine Zeitlang auf und ab, dann blieb sie am Fenster stehen. Sie stand gedankenverloren da und dachte nach. Der gestrige Tag war
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