Die Ratte des Warlords (German Edition)
zwar keine Zustimmung, aber auch keine Ablehnung sah, richtete sie die Kamera auf die Frauen und drückte den Auslöser. Wie versteinert zeigten die Afrikanerinnen auch dabei keine Reaktion. So wurden sie auf den Film gebannt, bettelarm, stolz und unnahbar.
Die Reaktion der Kinder war dagegen impulsiv und freudig. Sie p osierten vor der Kamera, sogar etwas übertrieben, aber Katrin erwischte trotzdem einige Momente, in denen sie natürlich und lebensecht wirkten. Zum Schluss holte Katrin ihren Polaroid-Fotoapparat hervor und machte eine Aufnahme von den Kindern. Sobald das Foto sich entwickelt hatte, hielt sie es den Kindern hin. Sie beäugten sie misstrauisch, dann kam ein älteres Mädchen vor und nahm das Foto. Einen Augenblick später blickten alle Kinder begeistert schreiend auf das Bild. Einen weiteren Moment später standen sie um Katrin herum, zupften an ihrer Kleidung und redeten aufgeregt auf sie ein. Sie blickte sich hilflos lächelnd um, verstand kein Wort und wusste nicht, was sie tun sollte.
"Dirk!", rief sie.
Kepler, der sich immer noch mit der Frau unterhielt, sah zu ihr. Katrin deutete auf die Kinder und spreizte fragend die Arme. Er hörte ins Geschrei der Kinder.
"Mach von jedem von ihnen ein Foto", rief er.
"Oh."
Katrin stellte einen Jungen getrennt von den anderen hin. Die Ki nder wurden still und betrachteten Katrin mit großen Augen, solange sie das Foto schoss. Sobald der Junge sein Bild bekommen hatte, brüllte er begeistert, während die anderen Kinder sich vor die Kamera drängten.
Nachdem Katrin von jedem Kind ein Foto gemacht hatte, hatte sie nur noch drei A bzüge für das Polaroid, aber sie fühlte sich plötzlich glücklich, obwohl die Kinder sofort wegliefen, sobald sie die Fotos hatten.
Kepler und die Frau hatten das Schauspiel lächelnd beobachtet. S obald Katrin mit dem Fotografieren fertig war und ihre Kameras verstaut hatte, gab Kepler der Frau Geld für das Bier. Die Afrikanerin hielt ihn am Arm zurück. Sie wollte ihm anscheinend einen Teil des Geldes zurückgeben, aber er befreite sich aus ihrem Griff und stieg ins Auto. Er reichte die beiden Flaschen Katrin, startete den Motor, nickte der Frau zu und fuhr los.
" Wollte sie das Geld nicht nehmen weil du bei Abudi bist?", fragte Katrin.
"Nein", antwortete Kepler. "Ich habe ihr zu viel gegeben, aber sogar diese mi ttellosen Menschen sind zu stolz, Geld einfach so anzunehmen."
"Ach so. Was war das für eine Sprache?"
"Moro."
"Wie viele Sprachen kannst du eigentlich?"
"An die zehn, mehr oder weniger gut. Und Moro kann ich überhaupt nicht wirklich, nur einige einfache Sätze."
"Ah ." Katrin wusste nicht, ob sie das so glauben sollte. "Woher kennst du sie?"
" Noch aus UNO-Zeiten. Ich habe sie mit Nahrung beliefert", antwortete Kepler. "Seitdem kaufe ich öfters Bier bei ihnen." Er blickte Katrin kurz an. "Ist eine Möglichkeit zu helfen ohne schießen zu müssen."
"Wieso waren keine Männer im Dorf?", wollte Katrin wissen.
"Sie haben keine, außer ein paar alten."
"Wie kommt das?", wunderte Katrin sich.
"Die Frauen waren Sklaven", erklärte Kepler. "Die Männer wurden wahrscheinlich alle getötet, als man ihr Dorf überfallen hatte."
"Bitte?", fragte Katrin und sah ihn verwundert an.
"Sie waren Sklaven", wiederholte Kepler ruhig. "Ich weiß nicht, ob sie entlaufen sind, oder was, aber sie sind aus der Sklaverei hierhin gekommen. Als ich herkam, lebten sie schon hier."
"In unserer Zeit?" , fragte Katrin bestürzt. "In unserer Welt?"
"Ja ."
"Wie kann man nur so leben?"
"Man muss", antwortete Kepler, obwohl sie die Frage nicht an ihn gerichtet hatte. "Ich kenne da ein paar Nonnen", sagte er nachdenklich. "Mittlerweile bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass eigentlich nur der Glaube einen überleben lässt." Er sah auf die Glock. "Oder die Knarre. Deswegen bin ich bei Abudi."
"Du hältst große Stücke auf ihn, richtig?"
" Der Typ ist ein Strolch, aber er ist ehrlich. Alles, was er mir bei... meinem Einstellungsgespräch", Kepler schniefte, "gesagt hatte, das hält er. Er ermöglicht den Menschen ein friedliches Leben. Ich helfe ihm dabei."
Katrin berührte die Pistole in seinem Halfter. Sie war warm von der Sonne.
"Wie ist es, den Tod in den Händen zu halten?"
Kepler schielte kurz zu ihr.
" Das ist nur eine Waffe, Katrin, nicht der Tod", antwortete er.
Das verstand Katrin nicht.
"Du meinst also, die Waffe kann auch gut sein?", fragte sie nach e iner Weile.
Es war ihr plötzlich wichtig, das zu
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