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Die Rattenhexe

Die Rattenhexe

Titel: Die Rattenhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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vom Grill oder ein Stück Fleisch.
    »Na, schon was gefunden, John?«
    Die Stimme war da. Nicht nur sie. Auch die Person, die gesprochen hatte.
    Ich ließ die Karte sinken, schaute hoch und stand auf. Senta de Fries war gekommen. Lächelnd stand sie vor meinem Tisch, und als erstes fielen mir tatsächlich ihre hellblauen Augen auf. Die Pupillen wirkten so, als wären zwei Wassertropfen schockgefroren.
    »Bin ich zu spät?«
    »Nein! Auf keinen Fall. Ich bin nur ein wenig überrascht.«
    »Warum? Wegen mir?«
    »In der Tat.«
    »Aber…«
    »Ihr Outfit, Senta.«
    »Ach so, ja. Sie kannten mich ja nur von der Fahrt her. Gefällt es Ihnen?«
    »Sie fallen auf. In jeder Hinsicht.«
    Senta hob die Schultern und nahm Platz. Sie trug an diesem Morgen ein schwarzes Kleid, dessen halbrunder Ausschnitt schon sehr gewagt war.
    Was sich da hervorwölbte, war wirklich nicht zu verachten. Zudem endete das Kleid über den Knien, und die weiße Lackjacke, die über dem Arm gehangen hatte, legte Senta jetzt auf den dritten, freien Stuhl.
    Ebenso wie ihre Handtasche.
    Das Haar sah aus wie immer. Sehr hell, sehr blond. Kurz geschnitten, aber trotzdem nicht zu kurz wie bei einer Bürste. Eben modern. An ihren Ohrläppchen schaukelten zwei schwarze Ringe aus Plastik. Schwarz war auch das dünne Samttuch, das ihren Hals umschlang, und jetzt fielen mir auch die Augenbrauen auf, die ebenfalls dunkel nachgezogen worden waren.
    Senta schüttelte den Kopf. »Himmel, John, Sie schauen mich an, als würden Sie mich zum erstenmal sehen!«
    »Zumindest im Hellen oder bei Tageslicht.«
    »Ja, das ist wahr.« Sie fügte noch ein Lachen hinzu und bestellte bei der mandeläugigen Bedienung ebenfalls ein Bier. »Es löscht am besten den Durst.«
    »Da sagen Sie was.«
    Senta rückte mit dem Stuhl zurück, schlug die Beine übereinander und zeigte einiges von dem, was sie zu bieten hatte. Das war sensationell!
    »Bevor wir uns streiten, John, ich möchte die Rechnung hier übernehmen.«
    »Aber warum?«
    »Das bin ich Ihnen wegen der letzten Nacht schuldig. Sie haben sich so super verhalten, daß ich mich noch jetzt darüber nur wundern kann.«
    »Hören Sie doch auf.« Ich winkte ab. »Das war doch selbstverständlich.«
    »Nicht bei allen Männern.«
    »Wieso?«
    Sie blickte mich aus ihren blauen Augen direkt an und kam mir jetzt vor wie ein naives Mädchen. »Himmel, John, die meisten hätten doch versucht, die Lage auszunutzen. Schließlich waren wir allein, das dürfen Sie nicht vergessen.«
    Ich schmunzelte. »Wer sagt Ihnen denn, daß ich nicht daran gedacht habe?«
    »Aha«, erwiderte sie und gab mir eine ehrliche Antwort. »Und können Sie sich vorstellen, daß es mir in diesem Fall nichts ausgemacht hätte?«
    Das hatte gesessen. Ich geriet in eine leichte Verlegenheit. In diesem Moment hatte ich den Besuch der Ratte wirklich vergessen. Wenn ich ehrlich sein sollte, war ich einem Abenteuer auch nicht abgeneigt, denn diese Senta de Fries war anders als die vielen Frauen, die ich zuvor kennengelernt hatte.
    Es war schwer zu erklären. Sie war einerseits ziemlich extrovertiert, beinahe schon vulgär, aber auf den Strich ging sie nicht. Nein, so kam sie mir bei näherem Betrachten doch nicht vor, aber es steckte einiges dahinter.
    Auch Ratten?
    Ich schüttelte leicht den Kopf. Senta half mir zudem über die Verlegenheit hinweg, indem sie zum Glas griff, es anhob und mir ein kräftiges »Cheers, auf uns!« zuschickte.
    »Auf die Nacht und auf den Tag.«
    Sie trank, lachte mich mit Schaumlippen an und fragte: »Auf welche Nacht?«
    »Das können Sie sich aussuchen.«
    Senta verzog den Mund. »Die letzte war nicht so gut. Ich würde die folgende vorziehen.«
    »Wogegen ich nichts hätte.«
    Sie stieß mit mir an. »Damit sind wir uns ja einig.«
    »Das meine ich auch.«
    »Wenn wir uns schon so einig sind, kannst du mich Senta nennen, John.«
    »Du weißt ja, wie ich heiße.«
    Senta rückte näher. Dann beugte sie ihren Oberkörper vor. Die beiden Hände hatte sie frei, und die lagen plötzlich um meinen Hals, als sie mich küßte.
    Das war kein normaler Bruderschaftskuß, sondern einer, der schon unter die Haut ging, denn die Zunge spielte und wirbelte mit. Aber auch ich ließ mich nicht lumpen, und als wir uns voneinander lösten, da atmeten wir beide schwerer.
    »Fühlst du dich gut, John?«
    »Besser als in der vergangenen Nacht.«
    »Ich auch.«
    Allmählich kehrte die Realität wieder bei mir zurück. Ich sagte: »Kann es sein, daß du in der

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