Die Rebellen von Irland
Geborgenheit einer Familie und das komfortable Haus in Dublin wieder einiges für sich. Zusammen mit Annes Schuldgefühlen und ihrer Dankbarkeit für seine Vergebung hatte dieser Umstand dazu beigetragen, seine Frau wieder mit ihm zu versöhnen, und er nahm an, dass sie jetzt so glücklich waren wie die meisten Paare in ihrem Alter.
Auch Maurice bereitete ihm mit seinem Fleiß mehr und mehr Freude. Zudem sah er blendend aus, seine grünen Augen leuchteten förmlich.
Die politische Lage beurteilte Walter mit vorsichtigem Optimismus. In Dublin war es ruhig. Im August war das Parlament vertagt worden, und Phelim O’Neill und seine Freunde waren auf ihre Ländereien zurückgekehrt, um von der Ernte zu retten, was noch zu retten war. Karl I. kam mit den Schotten nicht weiter. Einem so schwachen Monarchen, so fand Walter nach wie vor, mussten sich aus Sicht der Katholiken in Irland doch ein paar Zugeständnisse abringen lassen. Und selbst wenn das nicht gelingen sollte, ging er davon aus, dass der übliche Zustand unsicherer Tolerierung anhalten würde.
Ein Umstand freilich stimmte ihn bedenklich. Einige Soldaten, die im Sommer nach Hause geschickt worden waren, hatten ihren Sold nicht bekommen, und von Zeit zu Zeit streiften Banden dieser Leute durchs Land. »Die Regierung will nicht zulassen, dass sie von Söldnerkommandeuren in Europa rekrutiert werden«, sagte er zu seinem Sohn. »Das ist bedauerlich, denn dann wären wir sie wenigstens los.« Doch Anfang Oktober galt seine Hauptsorge der Nahrungsversorgung im Winter. Auf den Feldern, die er oberhalb des Liffey noch besaß, hatte er einen Teil der Ernte retten können, was laut Orlando den meisten Farmern in Fingal gelungen war. Weiter im Norden, in Ulster, war die Lage jedoch schlimmer. In Dublin zogen die Brotpreise, die seit dem letzten Jahr ohnehin unablässig stiegen, weiter an. Reiche Leute wie er würden zurechtkommen, aber die Ärmeren brauchten bald Hilfe. »Als mein Großvater jung war«, erzählte er gern, »damals, als die Protestanten die Klöster noch nicht aufgelöst hatten, wurden die Armen in Notzeiten von den religiösen Orden gespeist.« Mit Doyle und mehreren anderen Kaufleuten hatte er bereits darüber gesprochen, welche Maßnahmen man dem Stadtrat vorschlagen könnte, falls die Not zu groß wurde.
***
Der Samstag war Markttag in Dublin. Karren mit allen erdenklichen Produkten rollten aus dem Umland in die Stadt, und Menschen strömten herbei, um einzukaufen oder sich zu vergnügen. Samstage waren fröhliche, geschäftige Tage. Und der 23. Oktober 1641 begann wie jeder andere. Jedenfalls fast.
Das Gerücht kam bereits am frühen Morgen auf. Maurice, der auf den Markt gegangen war, brachte es mit nach Hause.
»An allen Stadttoren stehen Soldaten, und die Burg ist geschlossen und wird bewacht. Oben in Ulster ist ein Aufstand ausgebrochen. Und wie es heißt, soll auch hier in Dublin eine Verschwörung aufgedeckt worden sein. Niemand weiß genau, was los ist.« Wenig später schaute Doyle vorbei und brachte weitere Neuigkeiten.
»Gestern Abend betrank sich ein Bursche in einer Schenke und prahlte damit, dass er und seine Kameraden am Morgen Dublin Castle besetzen würden. Jemand ging zu den Lord Justices, und spät in der Nacht holte man den Aufschneider ab zum Verhör. Zuerst nahm ihn keiner ernst, aber dann sah man oben in Ulster Brände. Wir warten immer noch auf Nachrichten. Die Männer in der Burg sind in Aufruhr. Sie trommeln Leute zusammen. Anscheinend«, so fügte er mit einem Seitenblick auf Walter hinzu, »handelt es sich um eine katholische Verschwörung. Aber wie es aussieht, war sie wohl schlecht vorbereitet.«
»Ich weiß von nichts«, beteuerte Walter Smith wahrheitsgemäß.
»Ich habe nichts anderes angenommen«, erwiderte Doyle vergnügt und ging seines Weges. Maurice kehrte unverzüglich zum Markt zurück, um Genaueres in Erfahrung zu bringen.
So war Walter in hohem Maße überrascht, als er eine halbe Stunde später, nachdem Anne ihm gemeldet hatte, dass ein Herr gekommen sei und ihn unter vier Augen zu sprechen wünsche, ins Wohnzimmer trat und dort einen alten Mann sitzend vorfand, den er nie zuvor gesehen hatte und der sich bei seinem Eintreten steif erhob, eine höfliche Verbeugung machte und sagte:
»Ich bin Cornelius van Leyden.«
***
Maurice war noch keine Stunde auf dem Markt, als er die Neuigkeit erfuhr. Ein Kaufmann, den er kannte, gesellte sich zu ihm. Er machte ein besorgtes Gesicht.
»Sie haben dreißig
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