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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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fügte er bedeutungsvoll hinzu, »wird er Stillschweigen über die Sache bewahren.«
    »Das wäre wohl das Beste.« Der alte Niederländer seufzte. »Würden wir denselben Glauben teilen, hätte unser Gespräch möglicherweise einen anderen Verlauf genommen.«
    Wie wahr, dachte Walter. Dann wäre das Mädchen eine glänzende Partie für seinen Sohn gewesen.
    ***
    Allein mit seinem Sohn, gab Walter Smith seine Zurückhaltung auf. Er beschuldigte Maurice rundheraus, das Mädchen verführt zu haben. Es sei schon schlimm genug, dass sie aus guter Familie komme. Dass es eine protestantische Familie sei, mache alles nur noch schlimmer. »Was sollen sie von uns denken?«, brüllte er. Nicht auszudenken, wenn das Mädchen schwanger geworden wäre. Er hätte eine unmögliche Ehe schließen müssen, um Elena vor der Entehrung zu bewahren. Er könne froh sein, dass er nicht für immer aus der Familie verstoßen werde. »Wenn ich mir vorstelle, dass deine Mutter und ich …«, rief er, verstummte aber sogleich, als ihm Annes Eskapade mit O’Byrne einfiel, und warf verzweifelt die Hände in die Luft.
    »Du wirst sie nie wiedersehen. Schwör mir das.«
    »Ich schwöre«, sagte Maurice widerstrebend.
    Walter Smith hätte wohl noch mehr gesagt, aber in diesem Augenblick begann draußen die große Glocke von Christ Church zu läuten, und nicht mit vollem, rundem Klang wie gewöhnlich, sondern mit lärmender, aufgeregter Dringlichkeit. Tidy zog offenbar mit aller Gewalt am Glockenstrang. Vater und Sohn wandten sich zur Tür und liefen auf die Straße hinaus.
    Menschen rannten lärmend vorbei. Es war, als sei eine allgemeine Panik ausgebrochen. Walter hielt einen Lehrling an und fragte ihn, was denn in Gottes Namen geschehen sei.
    »Es ist Krieg, Sir«, schrie der junge Mann. »Ganz Ulster hat sich erhoben. Sie sind auf dem Weg hierher.«
    ***
    Die Nachricht vom Aufstand in Ulster war Besorgnis erregend und verbreitete sich innerhalb von Wochen in ganz Irland, doch weder Walter Smith noch einem seiner Verwandten oder Bekannten wäre in den folgenden Monaten jemals die Idee in den Sinn gekommen, dass das Land an einem der größten Wendepunkte seiner Geschichte stand. In späteren Jahrhunderten sollte die Ereignisse entweder als nationale Massenerhebung der Katholiken gegen ihre protestantischen Unterdrücker oder als gewaltiges Massaker an unschuldigen Protestanten dargestellt werden.
    Es war weder das eine noch das andere.
    Am 22. Oktober 1641 hatte der irische Landadel in Ulster mit einer Reihe aufeinander abgestimmter Operationen begonnen. Da ein geschulter Kommandeur fehlte, hatte Sir Phelim O’Neill die Führung übernommen. Immerhin floss in seinen Adern das Blut der alten Hochkönige. In der Überzeugung, dass nach Lage der Dinge weder das irische noch das englische Parlament jemals die Sicherheit ihrer Ländereien garantieren oder Zugeständnisse an ihren katholischen Glauben machen würde, hatten Sir Phelim und seine Freunde beschlossen, die Provinz zu besetzen, um Druck auf die Regierung auszuüben, und erst wieder abzurücken, wenn Konzessionen gemacht wurden. O’Neill hatte strikten Befehl gegeben, die Ulster-Schotten nicht zu behelligen, denn er wusste, dass die mächtige Armee der Covenanters von Schottland übersetzen würde, um Vergeltung zu üben, wenn schottische Siedler in Ulster zu Schaden kämen.
    Doch die Rechnung ging nicht auf. Sir Phelim O’Neill war kein Soldat. Wohl öffneten ihm ein paar kleinere Städte im Landesinnern die Tore, doch die stark befestigten Hafenstädte in Ulster waren ausnahmslos in der Hand schottischer Presbyterianer, und die ließen sich nicht einschüchtern. Er konnte keine einzige dieser Hafenstädte einnehmen. Schlimmer noch war, dass er die Bevölkerung, ja nicht einmal seine eigenen Soldaten in den ländlichen Gebieten unter Kontrolle halten konnte. Sie schlossen sich den Banden von Plünderern an, die durchs Land zogen, und fielen über die Gehöfte von Protestanten her, wobei sie sich nicht darum scherten, ob es sich um Engländer oder Schotten handelte. Sie raubten die Gutsbesitzer aus, und häufig, wenn die Opfer Widerstand leisteten, mordeten sie auch. Bald übten die protestantischen Bewohner der befestigten Städte Vergeltung. Es gab zwar kein einziges Massaker. Aber Tag um Tag, Woche um Woche kam es zu vereinzelten Zusammenstößen und Morden. Die Zahl der getöteten Protestanten stieg in die Hunderte, dann in die Tausende. Die Gewalt griff auch auf andere Teile der Insel

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